In Vorbereitung auf einen möglichen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus kündigt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zentrale Stellen zur Verabreichung des Vakzins und eine Impfkampagne an. Das geht aus der Antwort seines Ministeriums auf eine kleine Anfrage hervor, die der WirtschaftsWoche vorab vorliegt. Nach optimistischen Prognosen könnten im Frühjahr oder Sommer 2021 erste Seren die Zulassung erhalten, schätzen Experten. Die Immunisierung der Bevölkerung in Deutschland solle dann in speziellen Zentren beginnen, heißt es vom Ministerium: „Die Covid-19-Impfungen sollen initial in ausgewählten Impfstellen stattfinden, die von den Ländern organisiert werden.“ Darauf hatten Ärztevertreter gedrängt, die darauf verweisen, dass Hausärzte sonst auch überlastet wären zu entscheiden, wer das knappe Serum zuerst erhalte.
Begleiten will Spahn den möglichen Start der Impfungen mit umfassender Öffentlichkeitsarbeit. „Die Bundesregierung plant eine Kampagne mit den fachlich zuständigen Bundesoberbehörden. Sie soll ausgerollt werden, wenn ein Impfstoff zur Verfügung steht“, heißt es.
Unterdessen wurde bekannt, dass Spahn positiv auf das Coronavirus getestet worden ist. Laut Informationen des Gesundheitsministeriums vom Mittwoch habe Spahn sich umgehend in häusliche Isolierung begeben, bislang hätten sich bei ihm nur Erkältungssymptome entwickelt.
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Zu den Gruppen, die zuerst geimpft werden sollen, und zur Beschaffung des Impfzubehörs in Millionenmenge wollte sich das Gesundheitsministerium auf die Anfrage der Grünen-Fraktion nicht äußern: „Die Zuständigkeit für die Bedarfsplanung und die Beschaffung von Spritzen, Kanülen und sonstigen zum Zwecke der Impfung benötigten Medizinprodukten liegt bei den Ländern.“ Nach der Erfahrung bei der Beschaffung von Atemmasken und medizinischer Schutzkleidung zu Beginn der Pandemie könnte das bedeuten, dass die Beschaffung erneut chaotisch und unkoordiniert abläuft.
Den Verweis auf die Länder kritisiert die Gesundheitspolitikerin und Impfexpertin der Grünen im Bundestag, Kordula Schulz-Asche. Spahn entziehe sich der Verantwortung. Gehe es um die Organisation von Impfungen gegen das Coronavirus, seien für ihn die Länder zuständig. Zugleich wolle sich Spahn aber „zeitgleich in einem dritten Bevölkerungsschutzgesetz noch mehr Kompetenzen einräumen“ lassen. „Ich erwarte, dass nun Schluss ist mit der Rosinenpickerei. Der Bund muss in der Organisation der Impfstoffverteilung frühzeitig koordinierend tätig werden, um Engpässe und Chaos zu vermeiden“, sagt Schulz-Asche.
Mehr zum Thema: Spahn setzt bei der Verteilungsfrage für einen Coronaimpfstoff auf die Länder – und riskiert neues Chaos.