Zollbilanz Zoll meldet mehr Verstöße – und mehr Einnahmen

Zoll: Einer der größten Profiteure des Brexit Quelle: dpa

Der deutsche Zoll hat im vergangenen Jahr deutlich mehr Verbrauchsteuern eingenommen. Die Behörde des Bundesfinanzministeriums wird nicht nur wegen des Brexit mehr Personal erhalten – und mehr Befugnisse.

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Zu den großen Profiteuren des Brexits gehört einer der ältesten Berufe der Welt. Der deutsche Zoll sei mit 900 zusätzlichen Stellen gut vorbereitet auf die Zollförmlichkeiten, die nach einem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union gelten würden, verkündete dessen oberster Dienstherr, Bundesfinanzminister Olaf Scholz bei der Vorstellung der Zollbilanz 2018 in Berlin. Nicht nur die Bundeswehr, auch der Zoll sucht junge Staatsdiener, wie die aktuelle Internet- und Plakat-Kampagne „talent-im-einsatz.de“ zeigt.

Scholz hob außerdem besonders den Kampf des Zolls für die Einhaltung des Mindestlohngesetzes sowie gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung von Ausländern hervor. Beim Mindestlohn hat sich die Zahl der Verstöße von 1316 Fällen im Jahr 2015 auf 6220 im Jahr 2018 verfünffacht. In 2744 Fällen sei der Mindestlohn unterschritten worden. „In den allermeisten Fällen wirkt er“, sagte Scholz zum Mindestlohn. Scholz zeigte sich offen für die Forderung der Gewerkschaften, Unternehmen bei Mindestlohn-Verstößen von öffentlichen Aufträgen auszuschließen. „Da sehen Sie mich durchaus aufgeschlossen“, sagte der SPD-Politiker.

Milliardenschaden und Hunderttausende Ermittlungsverfahren

Die Sondereinheit Finanzkontrolle Schwarzarbeit überprüfte der Bilanz zufolge im vergangenen Jahr mehr als 53.000 Arbeitgeber. Allein in den vergangenen beiden Jahren hat der Zoll im Bereich illegale Beschäftigung, Schwarzarbeit und Sozialleistungsbetrug Schäden von rund 1,8 Milliarden Euro aufgedeckt. „Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen“, erklärte das Finanzministerium. Im Rahmen der Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung wurden demnach rund 111.000 Ermittlungsverfahren wegen Straftaten eingeleitet. 2017 waren es noch rund 108.000 gewesen. Das von ihm auf den Weg gebrachte und vom Kabinett bereits verabschiedete Gesetz gegen illegale Beschäftigung werde viele neue Fälle aufdecken, sagte Scholz. Es sieht zusätzliche Kontrollrechte und eine personelle Aufstockung der zuständigen Sondereinheit beim Zoll vor.

Für Scholz gehört die Zoll-Bilanz derzeit vermutlich zu den erfreulicheren Terminen, denn sie zeigt steigende Einnahmen. Die namensgebenden Zölle selbst machen dabei mit 5,1 Milliarden Euro nur einen kleinen Teil der Einnahmen aus und landen komplett in der Kasse der EU, die schließlich auch eine Zollunion ist. Die nationalen Einnahmen des Zolls für die deutsche Bundeskasse betrugen dagegen 2018 rund 135,9 Milliarden Euro, das ist fast die Hälfte der Steuereinnahmen des Bundes insgesamt und ein deutlicher Zuwachs gegenüber den Vorjahren. Den größten Teil tragen die Verbrauchsteuern mit 66,3 Milliarden Euro bei, 59,4 Milliarden Euro brachte die Einfuhrumsatzsteuer, 9 Milliarden Euro die Kraftfahrzeugsteuer und 1,2 Milliarden Euro die Luftverkehrsteuer.  

Der Zuwachs gegenüber den Vorjahren geht so gut wie ausschließlich auf die kontinuierlich gestiegenen Einnahmen aus der Einfuhrumsatzsteuer zurück. Diese lagen 2017 noch bei 51,2 und 2018 bei 55,9 Mrd. Euro. Die Einfuhrumsatzsteuer wird neben den Zöllen und den besonderen Verbrauchsteuern bei der Einfuhr von Waren aus Nicht-EU-Ländern durch die deutsche Zollverwaltung erhoben. Sie entspricht weitgehend der Umsatzsteuer (auch als Mehrwertsteuer bezeichnet), die beim Verbrauch oder Verkauf von Waren und bei der Erbringung von Dienstleistungen im Inland bzw. bei Lieferungen innerhalb der Europäischen Union anfällt. Der Zoll fertigte im vergangenen Jahr mehr als 240 Millionen Warensendungen mit Nicht-EU-Staaten ab, mit einem Gesamtwert von rund einer Billion Euro.

Bei den erhobenen Verbrauchsteuern steht mit Abstand die Energiesteuer an erster Stelle, sie betrug 40,9 Milliarden Euro. Danach folgt die Tabaksteuer mit 14,3 und die Stromsteuer mit 6,9 Milliarden Euro. Andere Steuern auf Genussmittel fallen dagegen weniger ins Gewicht. Am Branntweinkonsum der Deutschen profitiert der Fiskus mit immerhin 2,1 Milliarden Euro (keine Veränderung zu den beiden Vorjahren), am Kaffeekonsum mit rund einer Milliarde Euro. Die Biersteuer (0,4 Mrd. Euro) und Schaumweinsteuer (0,4 Mrd. Euro) blieben ebenso unverändert. Ganze 2 Millionen (nicht Milliarden!) Euro bringt dem Fiskus die 2004 eingeführte Alkopopsteuer ein.

Im Kampf gegen Marken- und Produktpiraterie ist laut Zoll-Statistik vor allem der weiter wachsende Anteil gefälschter Importe aus China auffällig. 2016 kamen 51,7 Prozent der illegalen Produkte aus China (plus 15,2 Prozent aus Hongkong), im vergangenen Jahr waren es 66,7 Prozent (plus 9,4 aus Hongkong).  Der Gesamtwert der von Zolldienststellen wegen Marken- und Produktpiraterie beschlagnahmten Waren betrug 196,7 Millionen Euro. Besonders häufig werden laut Zollstatistik Bekleidung, Schuhe und persönliches Zubehör wie Handtaschen, Sonnenbrillen oder Schmuck gefälscht.

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