„Uns geht es um Respekt für diejenigen, die im wahrsten Sinne malocht haben. Ich habe diesen Respekt.“ So hat Olaf Scholz (SPD) sich Ende 2013 über die auf SPD-Drängen hin eingeführte, abschlagsfreie Rente mit 63 geäußert, damals noch als Hamburgs Erster Bürgermeister.
Es war der Startschuss für einen Boom. 2013 ging nur jeder fünfte Rentner vor dem regulären Alter in Rente. 2021 war es schon mehr als die Hälfte der Rentnerinnen und Rentner. Die meisten davon nutzen die besonders attraktive abschlagsfreie Frührente. Und nun? Schlägt Scholz andere Töne an. Das Ziel müsse jetzt sein, „den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können“, sagte Scholz in einem Interview mit der französischen Zeitung „Ouest-France“ und der Funke-Mediengruppe.
Darin steckt – schön verpackt, um auch Parteigenossen und Gewerkschaftsfunktionäre nicht zu verschrecken – die klare Botschaft: So geht es mit der Frührente nicht weiter! Die Lebensarbeitszeit muss rauf, nicht runter. Schließlich wird das reguläre Rentenalter laufend angehoben, auf 67 Jahre.
Ausgerechnet die Nachkriegsgeneration, in Anlehnung an den damaligen Babyboom auch Boomer genannt, bekommt einen Rüffel für ihre Arbeitsmoral. Dabei sind es doch gerade viele Boomer, die auf die Generation Z (je nach Definition ab Jahrgang 1995, 1996 oder 1997) schauen und kritisieren, dass diese verweichlicht sei und keine Arbeitsmoral habe. Tja, offenbar wollen die Boomer selbst nicht arbeiten...
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Doch solche Pauschalkritik ist im einen wie im anderen Fall wenig zielführend. Die abschlagsfreie Frührente setzt schließlich 45 Renten-Versicherungsjahre voraus. Anders als bei der weniger streng reglementierten abschlagspflichtigen Frührente werden dabei vor allem „echte“ Beitragsjahre mitgerechnet, in denen die Versicherten also im Job Rentenbeiträge gezahlt haben. Der von Scholz zum Mantra erhobene Respekt ist da mehr als eine Worthülse.
Die Generationen auf dem Arbeitsmarkt
Die Baby-Boomer (1946 – 1964) sind die älteste Generation auf dem Arbeitsmarkt. Diese Jahrgänge verzeichneten die höchste Geburtenrate, daher rührt auch der Name.
Die Jahrgänge der Generation X (1965 – 1979) haben einiges miterlebt: Wirtschaftskrisen, Techniksprünge, Arbeitslosigkeit, Umweltkatastrophen. Sie gilt als eine, die vor allem Wert auf ein gutes Einkommen und einen sicheren Arbeitsplatz legt.
Die Generation Y, auch Millennials genannt, wurde zwischen 1980 und 1995 geboren. Sie sind die erste Jahrgangskohorte, die als Digital Natives gelten.
Sie treten seit einigen Jahren in den Arbeitsmarkt ein: Die Generation Z, geboren von 1996 bis 2010. Sie sind von klein auf mit dem Internet aufgewachsen, digitale Medien haben ihr Leben von Beginn an geprägt.
Die Generation Z wiederum startet in ihr Berufsleben in einer Welt, in der Krisen zum Dauerzustand werden. Das Aufstiegsversprechen der Nachkriegsgeneration („Ihr werdet es besser haben!“) hat sich bei ihr fast schon ins Gegenteil verkehrt („Ihr könnt echt froh sein, wenn ihr es genauso gut habt...“) In beiden Fällen ist es verständlich, wenn Menschen die Arbeit nicht (mehr) über alles andere stellen.
Das zeigt vor allem: Wir brauchen eine Neuordnung des Arbeitslebens und des Arbeitsmarktes. Nötig sind flexible Arbeitsmodelle. Nicht nur am Anfang und am Ende des Berufslebens, sondern auch dazwischen. Berufliche Auszeiten, ein Aus- und Wiedereinstieg, Erziehungszeiten, Pflegezeiten, Altersteilzeitmodelle – einiges davon gibt es schon, doch die Akzeptanz fehlt in der Praxis oft noch. Wichtig sind aber auch die passenden Rahmenbedingungen, damit etwa Vollzeitjobs von Müttern und Vätern in Familien mit Kindern nicht zur fast unmöglichen Mission werden.
Es braucht nicht nur Menschen, die arbeiten können. Es braucht auch Menschen, die arbeiten wollen. Und dafür muss sich an den Umständen ganz offensichtlich etwas ändern.
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