Zulässige Neuverschuldung Hände weg von der Schuldenbremse!

Quelle: imago images

Der Internationale Währungsfonds fordert von der Bundesregierung ein Aufweichen der Schuldenbremse. Das ist eine bizarre Idee in Zeiten staatlicher Rekordeinnahmen. Ein Kommentar.

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In Washington ist Murmeltiertag: Einmal mehr hat sich der Internationale Währungsfonds (IWF) zur Freude der politischen Linken gegen die grundgesetzliche Schuldenbreme in Deutschland positioniert. Der IWF fordert deren Aufweichung, um mehr finanziellen Spielraum für Zukunftsinvestitionen zu generieren. Die im Rahmen des Schuldendeckels zulässige Neuverschuldung könnte doch auf ein Prozent der Wirtschaftsleistung erhöht werden, schreiben die IWF-Ökonomen in ihrem neuen Deutschland-Bericht.

Das ist nicht nur wegen der steigenden Zinsen keine gute Idee. Das Narrativ des fehlenden Geldes für Investitionen hält sich hartnäckig, es ist aber eine Mär. Der deutsche Staat nagt nicht am Hungertuch.

Die Gesamteinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden sind 2022 auf 1,82 Billionen Euro gestiegen, das waren 600 Milliarden Euro mehr als zehn Jahre zuvor. Die reinen Steuereinahmen dürften spätestens 2025 die Billionenschwelle überschreiten. Auch wenn dies zum Teil inflationsbedingt ist, kann der Staat auf volle Kassen blicken:



Auch strukturell wären Finanzmittel für mehr Investitionen ohne neue Schulden vorhanden – wenn die Politik ihre Ausgabenpräferenzen änderte. Solange rund 50 Prozent des Bundeshaushalts in den Sozialetat fließen, während die Investitionsquote irgendwo zwischen 10 und 15 Prozent herumkrebst, sollten sich Attacken auf die Schuldenbremse verbieten. Zumal schon jetzt viele vorhandene Milliarden für Investitionen gar nicht ausgegeben werden können, weil es an Planungskapazitäten, Material und ausführenden Unternehmen fehlt.

Was in der Debatte um die Schuldenbremse zudem sträflich unterschätzt wird, ist die politökonomische Dimension. Freifahrtscheine für Verschuldung sind der Tod jeder Strukturreform und fördern die Kreativität der Politik, lästige Sparvorgaben zu umgehen. Ein Schuldendeckel hingegen sorgt dafür, dass sich die Qualität von Politik nicht an der Höhe der Staatsausgaben bemisst – sondern an deren Priorisierung. In Krisenzeiten verhindert die Schuldenbremse nicht die adäquate Reaktion der Politik. Sondern sie macht, das hat die Pandemie eindrucksvoll gezeigt, diese Reaktion erst möglich.

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Wer vorschlägt, in Zeiten latenter Schuldenkrisen die Kreditaufnahme zu erleichtern, handelt daher wie ein Arzt, der Schnaps gegen Alkoholsucht verordnet, damit es dem Kranken kurzzeitig besser geht. Dem IWF sei die Lektüre der Schriften von David Ricardo angeraten. Der große britische Ökonom schrieb Anfang des 19. Jahrhunderts diese schönen Sätze: „Die Staatsverschuldung ist eine der schrecklichsten Geißeln, die jemals zur Plage einer Nation erfunden wurden.“ Und: „Die Defizite von heute sind die Steuern von morgen.“

Lesen Sie auch das Interview mit Bundesfinanzminister Christian Lindner, weshalb die „schwarze Null“ kein Ergebnis von Sparsamkeit war.

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