Zuwanderer in Deutschland Migration: Gut für den Arbeitsmarkt, schlecht für den Staat

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Kein Nachhall in den öffentlichen Statistiken

Haben die öffentlichen Einrichtungen die optimale Betriebsgröße, so sind diese ökonomischen Grenzkosten den periodisierten pekuniären Durchschnittskosten der öffentlichen Einrichtungen gleich. Denn statt die vorhandenen Einrichtungen bei einer Veränderung der Bevölkerung mehr oder weniger zu nutzen, ist es langfristig billiger, die Zahl der öffentlichen Einrichtungen anzupassen.

Das ist eines der Fundamentaltheoreme der finanzwissenschaftlichen Allokationstheorie und die tiefere Begründung dafür, dass man mit pekuniären Durchschnittskosten rechnen kann, wenn man die ökonomischen Grenzkosten meint.

Leider sind diese pekuniären Kosten aber heute großenteils nicht mehr bekannt und finden vielfach keinen Nachhall mehr in den öffentlichen Statistiken. Insofern unterschätzen alle Rechnungen, die in letzter Zeit vorgelegt wurden, auch die ifo-Rechnung, die wahren staatlichen Grenzkosten, die von Ausländern bei der Nutzung staatlicher Einrichtungen und Sozialsysteme verursacht werden.

Vor diesen Problemen stehen die Zuwanderer
Teilnehmer eines Kurses "Deutsch als Fremdsprache" Quelle: dpa
Eine Asylbewerberin wartet in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Berlin Quelle: dpa
Eine Frau sitzt in einem Flüchtlingsheim in einem Zimmer Quelle: dpa
Ein Flüchtling sitzt vor einer Gemeinschaftsunterkunft der Asylbewerber Quelle: dpa
Verschiedene Lebensmittel liegen in der Asylunterkunft in Böbrach (Bayern) in Körben Quelle: dpa

Mein zweiter Punkt betrifft die Behauptung, alle Bürger, auch die Deutschen, hätten dem Staat im Jahr 2012 bei der Rechnung Bonins - die nur die Kosten der Sozialtransfers und für die Bildung berücksichtigte -, per Saldo netto ein Einnahmeplus beziehungsweise bei der angeblichen Vollkostenrechnung à la ifo ein Einnahmeminus beschert.

Es wurde dazu getitelt: "Auch Deutsche kosten mehr, als sie dem Staat bringen". Diese Behauptung kann nicht stimmen, wenn man sie auf die pekuniären Kosten allein bezieht, weil das Staatsbudget im Jahr 2012 nahezu exakt ausgeglichen war.

Dem Minus der Ausländer, das nach der ifo-Schätzung 1800 Euro pro Person und Jahr betrug, muss also ein entsprechendes Plus der Deutschen gegenüber gestanden haben. Und wenn es wirklich stimmen würde, wie manche aus der Bonin-Studie schließen, dass die Ausländer den Staat im Jahr 2012 per Saldo entlastet haben, dann müssten die Deutschen ihn logischerweise belastet haben, was ein reichlich absurdes Ergebnis wäre.

Wo Fachkräfte fehlen

Der Sachverhalt stellt sich in Wahrheit so dar: Nach der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung lagen sowohl die Einnahmen des Staates pro Einwohner als auch die Ausgaben im Jahr 2012 bei 14.800 Euro. Bei den 6,6 Millionen Ausländern, die es Ende dieses Jahres in Deutschland gab, einer Gesamtbevölkerung von 80,5 Millionen und auf der Basis der Kosten von 1800 Euro pro Ausländer, entspricht das pro deutschem Staatsbürger (einschließlich der eingebürgerten Immigranten) einem Jahres-Überschuss von 200 Euro.

Ausländer in Deutschland

Statt eines solchen Überschusses käme ein Defizit in Höhe von 1100 Euro heraus, würde man den von Bonin ausgewiesenen Überschuss der Deutschen in Höhe von 4000 Euro um die noch nicht berücksichtigten Staatskosten in Höhe von 5100 Euro bereinigen.

Aber das liegt daran, dass in seinem Ansatz für das Jahr 2012 nicht nur staatliche Kosten fehlen, sondern auch staatliche Einnahmen, die Deutschen zuzurechnen sind. Hierzu gehören sonstige Einnahmen des Staates aus Beteiligungen an Unternehmen, Erbschaftsteuern und pauschale Produktionsabgaben von Unternehmen.

Zusammengenommen beliefen sich diese Einnahmen im Jahr 2012 immerhin auf 1300 Euro pro Deutschem. Subtrahiert man von diesem Betrag das genannte Defizit von 1100 Euro, ergibt sich der erwähnte Überschuss von 200 Euro pro Deutschem im Jahr 2012.

Man könnte nun argumentieren, die sonstigen Einnahmen des Staates müsse man den Ausländern anteilig genauso zurechnen wie den Deutschen. Insofern würden sie die fiskalischen Grenzkosten reduzieren. Aber wenn es darum geht, die fiskalischen Nettokosten des Zuzugs von Ausländern für die Deutschen zu berechnen, wäre das sicherlich nicht korrekt.

Es wäre so, als würde man im obigen Beispiel der Wohngemeinschaft unterstellen, dass das Arbeitseinkommen, das die bereits anwesenden Mitglieder der Wohngemeinschaft für die Miete aufwenden, dem neuen Mitglied der Gemeinschaft teilweise zugerechnet und übertragen wird.

Die sonstigen Einnahmen des deutschen Staates aus Unternehmensbeteiligungen aus Erbschaftsteuern und Produktionsabgaben der Unternehmen gehören den Deutschen und werden den Ausländern mit der Einbürgerung anteilig übereignet, aber nicht vorher.

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