500 Milliarden Euro schwere Corona-Hilfen Wer am meisten für das neue Milliardenpaket zahlen muss

Die Coronapandemie lässt die Wirtschaftsleistung der Länder einbrechen Quelle: imago images

Deutschland und Frankreich wollen mit 500 Milliarden Euro die Corona-Folgen bekämpfen. Das ZEW hat nun durchgerechnet, welche Länder wie viel zahlen müssten – und ist zu überraschenden Ergebnissen gekommen.

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Deutschland und Frankreich haben sich zusammengerauft und wollen einen 500 Milliarden Euro schweren Rettungsfonds für die Zeit nach der Coronapandemie aufsetzen. Für diesen Vorstoß mussten sie schon viel Kritik einstecken: Das Konzept türme nur Schulden auf Schulden, sei gar der erste Schritt in Richtung einer europäischen Schuldenunion. Zudem müssten dieselben Länder tief in die Tasche greifen wie üblich, allen voran Deutschland.

Aber stimmt das wirklich? Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim hat in einer Simulation durchgerechnet, welche Länder wie viel Geld aus dem geplanten Rettungspaket erwarten dürfen – und wie viel die einzelnen Länder zahlen müssten. Einige der Ergebnisse sind durchaus überraschend – auch wenn andere die Befürchtungen vor allem der nordeuropäischen Länder bestätigen.

Wenig überraschend ist, dass den ZEW-Berechnungen zufolge sämtliche südeuropäischen Länder sowie Frankreich zu den Nettoempfängern der geplanten Transfers zählen. Am meisten Geld in Relation zur Wirtschaftsleistung des Landes würde Griechenland bekommen: etwa 2,2 Prozent seines BIP, gefolgt von Italien mit 1,4 Prozent. Der Vorteil wäre also mit selbst für die größten Profiteure vergleichsweise gering.

„Der Recovery Fund wird letztlich die dramatischen Finanzprobleme Italiens und Griechenlands nicht lösen können“, sagt Friedrich Heinemann, Studienautor und Forschungsbereichsleiter am ZEW. „Ökonomisch ist es richtig, dass jetzt auch Gelder von Osteuropa nach Südeuropa fließen, weil die Rezession im Süden besonders tief ist. Politisch wird das allerdings für erheblichen Widerstand sorgen.“

Widerstand auch deshalb, weil den Nettoempfängern naturgemäß Nettozahler gegenüberstehen, und die kommen vor allem aus dem Norden Europas. So würde Deutschland in dieser Rechnung 23,5 Milliarden Euro in den sogenannten Recovery Fund einzahlen.

Größter Nettozahler wäre dennoch ein eher überraschendes Land: Im Vergleich zur Wirtschaftsleistung müsste Polen mit zu 10,4 Milliarden Euro beziehungsweise 1,96 Prozent seines BIP am tiefsten in die Tasche greifen. Danach folgen auf der Nettozahlerliste Malta, Rumänien und Schweden. Deutschland belegt mit 0,7 Prozent des BIP Platz zehn der Zahler-Liste.

Das gilt jedoch nur in einem der beiden vom ZEW durchgerechneten Szenarien. Grundlage ist hier, wie stark die Wirtschaftsleistung eines Landes 2020 durch die Coronapandemie voraussichtlich schrumpfen wird.

In Szenario zwei wird dann zusätzlich der voraussichtliche Anstieg der Arbeitslosigkeit mit einberechnet. Da vor allem Zentral- und Osteuropa auf massive Arbeitslosigkeit zusteuern, sähe die Liste der größten Nettozahler hier anders aus als in Szenario eins. Sämtliche zentral- und osteuropäischen Staaten wären nun Nettoempfänger der Transfers, also auch Polen und Rumänien.

Gleichzeitig stiege die Belastung für Deutschland massiv an, nämlich auf 38 Milliarden Euro – und damit knapp 1,1 Prozent seiner Wirtschaftsleistung des Boomjahres 2019. Noch größer wäre die relative Belastung indes für Österreich (1,1 Prozent), Dänemark (1,25 Prozent) und wiederum Malta (1,42 Prozent des BIP).

Das Milliardenpaket könnte damit für massiven Unfrieden in Europa sorgen – und dem nur vergleichsweise geringe Schlagkraft entgegenstellen, wie die ZEW-Experten vorrechnen. So beträgt der höchstmögliche Nettotransfer nach Italien selbst im zweiten Szenario nur 2,6 Prozent des BIP. Dem steht jedoch eine zu erwartende Staatsverschuldung Italiens von schwindelerregenden 160 Prozent gegenüber.

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