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Warum die wirtschaftlichen Perspektiven fehlen

Doch was man oft vergisst: Süden bedeutet nicht unbedingt ein liebliches Klima. Nicht nur in den Pyrenäen, auch in südlicheren, bergigen Regionen Spaniens wie Teruel im Osten wird es im Winter „kälter als der Hintern eines Eisbären“ sagt Mercedes, die in Madrid lebt und sich nur am Wochenende in das einsame Gebirge von Guadalajara nördlich der spanischen Hauptstadt zurückzieht.

Doch gerade die wilden Teile der Provinz Aragon haben ihren Reiz. Toni Calvo und seine Frau Maria-Jesus haben dort „Mas Blanco“, ein altes Anwesen, ausgebaut. Jahre lang gab es keinen Strom und kein fließendes Wasser, geheizt wurde mit nur einem Kamin. Wie der Teufel hinter der armen Seele war Toni hinter jedem Besucher her, der seiner Ansicht nach zu verschwenderisch mit dem Wasser umging, das per Lastwagen geliefert wurde. Doch wenn man die Möglichkeit hat, auch nur ein paar Tage in dieser Einsamkeit zu verbringen, spürt man den Reiz: Alle Hektik fällt von einem ab, man kommt mit wenig aus. Das entspannt mehr als ein ganzer Urlaub.

Echte Neusiedler lassen sich ohnehin nicht abschrecken von harten Bedingungen. Dank Solarstrom, moderner Brunnenbohrtechnik und Internet per Satellit ist es auch wesentlich einfacher geworden, sich in verwunschenen Gegenden niederzulassen, ohne wie im Mittelalter leben zu müssen. Das entscheidende Hindernis sind meist die fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven.

Wer nicht gerade das Glück hat, seinen Job per Internet erledigen zu können, hat nur eine Alternative: Er muss sich in der Landwirtschaft versuchen und mit extrem wenig Geld, aber äußerst viel Arbeit zurechtkommen.

Die junge Belgierin Nele hat sich mit ihrem Mann darauf eingelassen. In den Pyrenäen am äußersten Südrand Frankreichs, knapp vor der spanischen Grenze bei Saint-Laurent-de-Cerdans, bewirtschaften sie einen kleinen Hof. Wichtigstes Erzeugnis ist der Ziegenkäse, den sie in drei verschiedenen Reifegraden herstellen und auf den Märkten der Umgebung verkaufen.

„Zusammen mit den Zimmern, die wir an Touristen vermieten, reicht das zum Leben“, sagt Nele, während ihr Sohn mit dem Dreirad über die Terrasse aus Natursteinen brettert. Seine Kindheit muss traumhaft sein, auch wenn es ein wenig an Freunden mangelt: Der Hof liegt abseits der Landstraße und ist nur über eine eigene Serpentinen-Piste zu erreichen. Wenn der Kleine schulpflichtig wird, beginnt für die Eltern der Zubringerdienst.

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