Sind Zyperns Probleme mit einem Hilfskredit aus dem ESM gelöst?
Die zyprischen Banken haben sich mit der Kreditvergabe an den griechischen Staat und griechische Bürger verzockt. Nun sind sie in Schieflage und könnten die ganze Insel mit in den Abgrund reißen. Mit Hilfen durch den ESM wäre diese Gefahr gebannt. Allerdings hat auch der Staat in den vergangenen Jahren große Defizite angehäuft. Zyperns Schuldenstand wird sich innerhalb von nur vier Jahren (2010 bis Ende 2013) von 61,3 Prozent bis auf 93,1 des BIP vergrößern – exklusive der Bankschulden. Dass diese Schuldenquote im Zuge der Rettung deutlich sinkt, ist zu bezweifeln. Denn Zyperns Wirtschaftsleistung speist sich vor allem aus dem Bankensektor. Und dieser soll nun sein Geschäftsvolumen drastisch herunterfahren. Allerdings hofft Zypern auf einen Rohstoffboom ab 2018. Im Meer vor der geteilten Insel wurden vor einiger Zeit gewaltige Erdgasvorkommen entdeckt. Sie sollen in wenigen Jahren gefördert werden – und könnten der Regierung in Nikosia einen wahren Geldregen bescheren.
Warum Hilfe für Zypern kein Selbstläufer ist
Im deutschen Bundestag, der einem ESM-Hilfsprogramm für Zypern zustimmen muss, scheint es derzeit keine Mehrheit für ein Rettungspaket zu geben. SPD und Grüne haben deutlich gemacht, dass sie einem Hilfsprogramm für Zypern nur zustimmen werden, wenn damit keine Schwarzgelder gerettet und Maßnahmen gegen die vermutete Geldwäsche im Land ergriffen werden. Ohne Stimmen aus dem Oppositionslager dürfte ein Hilfsprogramm für Zypern aber keine Mehrheit im Parlament erhalten. Denn in der Regierungskoalition gibt es zahlreiche Abgeordnete, die die Rettungspolitik grundsätzlich ablehnen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) bezweifelt, dass mit den diskutierten Hilfsmaßnahmen die Schuldentragfähigkeit Zyperns hergestellt werden kann. Das ist aber eine Bedingung für IWF-Hilfen. Deshalb fordert der Fonds, dass die zyprischen Banken vom europäischen Rettungsfonds (ESM) rekapitalisiert werden. Doch Voraussetzung hierfür ist eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht, die es aber nicht vor Mitte 2014 geben wird. Alternativ könnte die Schuldentragfähigkeit durch einen Schuldenschnitt wiederhergestellt werden. Doch dies ist laut EU-Kommissar Rehn keine Option.
In Zypern drohen die Staatsschulden in den kommenden Jahren auf 160 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigen. Bereits Ende 2012 lag die Schuldenquote wegen der hohen Haushaltsdefizite in den zurückliegenden Jahren wohl bei knapp 90 Prozent. Und ohne Einnahmen aus dem Verkauf von Staatsvermögen wird der zyprische Staat bis 2015 zur Finanzierung seiner laufenden Ausgaben neue Schulden in Höhe von 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes machen müssen. Wird dem Staat auch noch die Rettung seiner Banken aufgebürdet, wie von den Euro-Finanzministern gefordert, kommen nochmals mehr als 10 Milliarden Euro bzw. 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hinzu. Diese Summe benötigen die zyprischen Geschäftsbanken, um die Verluste aus ihrem Griechenland-Geschäft und den steigenden Kreditausfällen im Inland auszugleichen sowie die höheren Eigenkapitalanforderungen der Europäischen Bankenaufsicht zu erfüllen.
Die Troika fordert von Zypern, die Steuern zu erhöhen, die aufgeblähte öffentliche Verwaltung zu verkleinern, die Banken schärfer zu regulieren und Staatsunternehmen zu verkaufen. Doch dagegen wehrt sich die zyprische Regierung. Denn das Wirtschaftsmodell des Landes zielt darauf ab, durch niedrige Steuersätze und eine laxe Regulierung Dienstleistungsunternehmen und Kapital anzulocken. Allein der Finanzsektor wuchs von 1995 bis 2011 um 240 Prozent. Sein Anteil an der Gesamtwirtschaft erhöhte sich von 4,9 auf 8,8 Prozent.
Finanziert wurde das Wirtschaftswachstum bisher vor allem mit ausländischem Kapital, vornehmlich aus Griechenland und Russland. Dies spiegelt sich in der tief roten Leistungsbilanz des Landes wider. Ein alternatives Wirtschaftsmodell ist aber nicht in Sicht. Die Industrie ist mit einem Anteil von 6 Prozent an der Gesamtwirtschaft zu klein, um die negativen Effekte der Umstrukturierung im Finanzsektor und im öffentlichen Dienst zu kompensieren. Und auch das zweite wirtschaftliche Standbein der Insel, der Tourismus, kann das nicht leisten. Er steht in direkter Konkurrenz zu Griechenland, Türkei und Nordafrika, die alle versuchen, ihren Tourismus auszuweiten.
Was kostet das Ganze den deutschen Steuerzahler?
Wenn die Rettung so verläuft, wie die Finanzminister dies in der Nacht zum Samstag beschlossen haben, kostet den Deutschen die Rettung der Mittelmeer-Insel gar nichts. Denn es werden lediglich Bürgschaften über die zehn Milliarden aus dem ESM abgegeben. Kann Zypern seine Schulden zurückzahlen, wäre sogar ein kleiner Zinsgewinn drin. Allerdings: Wann und ob Zypern seine Schulden zurückzahlen kann, steht in den Sternen. Das Risiko eines Zahlungsausfalls trägt der deutsche Steuerzahler. Da Deutschland mit den üblichen 27 Prozent an den Hilfskrediten beteiligt ist, stehen 2,7 Milliarden Euro auf dem Spiel.