Arno Kompatscher Italien muss Flüchtlingsfrage klar beantworten

Seite 3/3

"Man hat Herz der italienischen Wirtschaft beschädigt"

Haben Sie überhaupt die digitale Infrastruktur dafür?
Wir sind eine Bergregion. Wir sind in dieser Hinsicht gehandicapt. Immerhin haben wir mittlerweile flächendeckend Breitband in Südtirol, wenn auch noch nicht die letzte Meile. Das wird auch nicht mehr durch private Unternehmen erfolgen, der Markt gibt es nicht her. Stattdessen möchten wir eine öffentlich-rechtliche Breitbahn-Offensive und nicht nur die Infrastruktur zur Verfügung stellen sondern auch die Netz-Dienstleistungen dazu.

Das werden die Marktwächter in Europa nicht gerne hören.
Ich halte Breitband für die Möglichkeit, die Probleme der Peripherie in ländlichen Regionen zu beheben. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Menschen von dort arbeiten können – und nur dann bleiben die Menschen dort wohnen. Die Vorzeichen sind nicht schlecht, dass die EU-Kommission das auch so sieht, nachdem wir vorhaben, unsere Initiative absolut wettbewerbskonform zu gestalten.

Was sind Ihre wichtigsten wirtschaftspolitischen Stellschrauben?
Man muss in einer ländlichen Region wie der unseren eine gezielte Politik für die Peripherie machen, sodass das Gesamtpaket stimmt. Es braucht auch außerhalb der Zentren Arbeitsplätze und leistbaren Wohnraum genauso wie kulturelle Entfaltungsmöglichkeiten  Dafür benötigen wir Straßen und öffentlichen Personennahverkehr ebenso wie Kleinkinderbetreuungseinrichtungen oder ein funktionierendes Vereinsleben. Wenn man diese Rahmenbedingungen schafft, dann sind wir in Kombination mit unseren Möglichkeiten gut aufgestellt. Das Schlimmste, was uns passieren könnte wäre, wenn wir dem Urbanisierungstrend nichts entgegensetzen könnten. Wenn die Leute einmal weg sind, ist es zu spät.

Italien-Referendum im Fokus: Anleger auf der Hut

Sie sind ja eine von drei wirtschaftlichen Ausnahmeregionen in Italien neben Veneto und Friaul-Julisch Venetien...
...und ganz besonders der Lombardei. Diese Regionen haben in den Neunzigerjahren Wirtschaftsdaten gehabt, die mit Bayern und Baden-Württemberg auf einem vergleichbaren Niveau waren. Aber seit Jahrzehnten fließt nur rund die Hälfte der Steuerleistung wieder dorthin zurück. Das hat Folgen für die Infrastruktur gehabt. Man hat damit das pulsierende Herz der italienischen Wirtschaft schwer beschädigt, um die Haushaltszwänge des Gesamtstaates ohne Einschnitte zu lösen.

Wäre rückblickend mit einem Ministerpräsidenten Renzi mehr möglich gewesen?
Aus Sicht Südtirols war die Zusammenarbeit mit der Regierung in den vergangenen beiden Jahren sehr gut. Renzi hat sich an alle Vereinbarungen gehalten. Von daher können wir wirklich nur ein positives Resümee ziehen. Bezogen auf den Gesamtstaat hat die Regierung Renzi viele wichtige Dinge auf den Weg gebracht und einiges, wie beispielsweise die Arbeitsmarktreform, erfolgreich umgesetzt. Einige wichtige Vorhaben wie zum Beispiel die Reform des Justizwesens sind hingegen noch nicht umgesetzt worden. Aber Rom ist ja auch nicht an einem Tag erbaut worden. Jetzt hängt es an der Verfassungsfrage, ob die Regierung in der bisherigen Form weiterarbeiten kann.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%