
Der spanische Premier Mariano Rajoy lächelt von Natur aus wenig, aber heute strahlt der derzeit nicht allzu beliebte Politiker regelrecht. Und das, obwohl ihn heute die in seinem Land gefürchtete Amtskollegin Angela Merkel besucht. Aber auch wenn Deutschland sich bisher wenig kooperativ zeigte, spanische Staatsanleihen zu kaufen oder Euro-Anleihen einzuführen, vertrauen die Spanier wieder in die traditionell guten Beziehungen. Deutsche Unternehmen in Spanien mussten in den vergangenen Monaten vermitteln zwischen den Fronten, die immer härter wurden und sich jetzt in Wohlwollen aufzulösen scheinen.
Vertreter der Muttergesellschaften deutscher Niederlassungen sind nach Spanien gekommen, um gemeinsam mit den spanischen Wettbewerbern Wege aus der Krise zu finden. “Der wichtigste dabei ist die Einführung eines dualen Ausbildungssystem”, ist sich Arturo Fernandez, Präsident der Madrider Handelskammer, sicher.
Rajoy freuen auch die Schlagzeilen heimischer Medien: “Merkel wird uns gute Nachrichten bringen”, heißt es in einer Debatte des staatlichen Radiosenders RNE. Eine renommierte Internetzeitung schreibt “Merkel kommt mit der Elite deutscher Unternehmen, um Rajoy zu unterstützen.” Spanien ist nach Monaten der Unsicherheit wieder überzeugt, dass Deutschland, wie schon so oft geschehen, dem Land auch diesmal aus der Krise helfen wird, nicht nur über die EU-Hilfen, die europäische Zentralbank und einen möglichen Rettungsschirm, sondern auch über konkrete Unternehmensinvestitionen und vor allem über “sein enormes Wissen in der beruflichen Bildung”; sagt José Carlos García de Quevedo, Geschäftsführer der staatlichen Agentur “Invest in Spain.”





Wichtige Hausaufgaben
Spaniens Regierung braucht die deutsche Unterstützung, dem wichtigsten europäischen Handelspartner, mehr denn je. Auch deswegen überschlägt sich der Staatssekretär für Handel, Jaime García-Legaz, bei der Präsentation des Kooperationsvertrags mit Lob für Deutschland: “Die deutschen Unternehmen sind heute dank ihres guten Ausbildungssystems die wettbewerbsfähigsten der Welt.” Der Gegenwind, den Rajoy in der Heimat spürt, ist groß: Die spanische Unternehmerelite hat sich in den vergangenen Wochen stark vom Sparkurs der Regierung Mariano Rajoys distanziert. Die spanische Bevölkerung hat in zahlreichen Protesten im ganzen Land ihren Unmut über Steuererhöhungen und Kürzungen bei Sozialausgaben ausgedrückt. Rajoy hatte durch sein unsicheres Auftreten auch in Deutschland Zweifel aufgebracht, ob Spaniens neue konservative Regierung den Weg aus der Krise schafft. All dass scheint heute vergessen.
Denn Spanien hat in den vergangenen Tagen aus deutscher Sicht wichtige Hausaufgaben gemacht: “Das Land hat sich verpflichtet, dass duale berufliche Ausbildungssystem einzuführen und damit die hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen”, sagt Hans-Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Rund 24 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung haben derzeit keinen Job, fast die Hälfte davon sind Jugendliche. Driftmann, der auf ausdrücklichen Wunsch der Kanzlerin bei dem deutsch-spanischen Unternehmertreffen dabei ist, freut sich sichtlich über einen bilateralen Kooperationsvertrag der Handelskammern, der dazu führen soll, die “deutsche Lehre” nach Spanien zu bringen, durch einen Austausch von Lehrkräften und unternehmerischen Erfahrungen.