




Angesichts der militärischen Bedrohung durch Russland hat die ukrainische Führung einen dramatischen Appell an Moskau gerichtet, seine Truppen zurückzubeordern. „Wir stehen am Rande einer Katastrophe“, sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Sonntag in Kiew. Zuvor waren von der ukrainischen Halbinsel Krim neue russische Truppenbewegungen gemeldet worden. Hunderte bewaffnete Männer umstellten dort einen ukrainischen Stützpunkt. Die Ukraine versetzte ihre Streitkräfte in Gefechtsbereitschaft.
Interimspräsident Alexander Turtschinow unterzeichnete am Sonntag eine entsprechende Anordnung. Russland habe für einen „Akt der Aggression“ keine Grundlage. „Alle Erklärungen über Gefahren für russische Staatsbürger oder russischsprachige Ukrainer sind erdacht“, sagte Turtschinow.
Bislang gibt es keine Hinweise auf Truppenbewegungen der ukrainischen Streitkräfte. Es handelt sich bei der Anordnung Turtschinows nicht um eine Generalmobilmachung. Das ukrainische Parlament, die Werchowna Rada, tagte am Sonntag hinter verschlossenen Türen. In Brüssel berät der Nato-Rat in einer außerordentlichen Sitzung über die Lage in der Ukraine.
Russland hatte gedroht, das Militär zum Schutz seiner Bürger auf der Halbinsel Krim einzusetzen. Nach dem Machtwechsel in der ukrainischen Hauptstadt Kiew hatten prorussische Kräfte Ende Februar die Kontrolle über die Krim übernommen. Dort ist die russische Schwarzmeerflotte stationiert, knapp 60 Prozent der Bevölkerung bezeichnen sich selbst als russisch. Die neue prorussische Übergangsregierung der Krim hatte Russland selbst um Beistand gebeten.
Merkel und Barroso in Berlin
Den Weg für einen Militäreinsatz hat das russische Parlament bereits am Samstag freigemacht. Putin habe nun alle Vollmachten, um einzuschreiten, teilte sein Sprecher Dmitri Peskow mit. Der Kremlchef wolle seinen Befehl von der weiteren Lage auf der Krim abhängig machen. Zuvor hatten die russischen Streitkräfte nach ukrainischen Angaben mehrere tausend Soldaten auf die Krim gebracht. Auf der Halbinsel wurden alle Machtzentren von moskautreuen Kräften eingenommen. Die Ukraine sieht darin eine Besetzung ihres Territoriums.
Friedliche Lösung?
In der Region selbst hofft man auf eine friedliche Lösung des Konflikts: Nach Vorstellung der neuen prorussischen Führung soll die Halbinsel künftig als eigener Staat existieren. Das teilte Krim-Parlamentschef Wladimir Konstantinow mit. Bei einem Referendum sollen die mehrheitlich russischsprachigen Krim-Bewohner demnach selbst über eine Abspaltung von der Ukraine entscheiden. Die Volksbefragung solle eine Antwort darauf geben, ob der bisherige Status der Autonomen Republik in den eines Staates umgewandelt werde. Das Referendum ist für den 30. März geplant.
Die Krim-Regierung hatte Russland um Schutz vor gewaltbereiten ukrainischen Nationalisten und Extremisten angerufen. In mehreren russisch geprägten Städten der Schwarzmeer-Halbinsel demonstrierten Menschen gegen die Regierung in Kiew. Auch außerhalb der Krim gab es Proteste: So wurden in Charkow - er zweitgrößten Stadt der Ukraine - bei Zusammenstößen nach russischen Medienberichten mehr als 100 Menschen verletzt.