Auto-Abgase EU wird schärfere CO2-Grenzen ab 2030 beschließen

ARCHIV - 17.11.2008, Hessen, Hanau: Der mit Gas gespeiste Schriftzug «CO2» brennt nahe dem Kohlekraftwerk Staudinger während einer Aktion der Umweltschutzorganisation Greenpeace. (zu dpa «Deutschland kommt bei Senkung von CO2-Emissionen nur langsam voran» vom 27.03.2018) Foto: Uwe Anspach/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Quelle: dpa

Sowohl das Europäische Parlament als auch die EU-Mitgliedsstaaten werden sich auf ein CO2-Einsparungsziel von mehr als 30 Prozent einigen. Deutschland wird sich dagegen nicht wehren können.

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Nachdem die EU-Kommission im vergangenen November ihren Vorschlag für CO2-Einparungen bei Pkw vorgelegt hatte, machte Bundeskanzlerin Angela Merkel den drei betroffenen Ministerien eine klare Ansage. Sie wolle keine Wiederholung der CO2-Schlacht von 2013. Damals hatten sich die Ressorts Verkehr, Umwelt und Wirtschaft extrem lange als unfähig erwiesen, sich auf ein gemeinsames Ziel zu verständigen. Merkel musste am Schluss einen in Brüssel bereits ausverhandelten Deal nochmal aufschnüren.

Diesmal, so die Kanzlerin, wolle sie eine rasche Einigung. So richtig schnell kam die zwar nicht, aber vergangene Woche haben Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) einen Kompromiss erzielt. Um 30 Prozent, so die gemeinsame Position, sollen die CO2-Emissionen von Pkw bis 2030 zurückgehen – verglichen mit dem Durchschnittswert von 95 Gramm, den Hersteller Ende 2020 erreichen müssen. Vor allem Schulze war die Entscheidung schwer gefallen, weil sie sich zuvor für ein Minus von 50 Prozent ausgesprochen hatte.

Die deutsche Einigung wird diesmal freilich irrelevant sein, denn in Brüssel zeichnen sich Mehrheiten für schärfere Grenzwerte ab. Das Europäische Parlament stimmt am Mittwoch über das Thema ab. Auch wenn es knapp werden könnte, so rechnen Beobachter mit einem Einsparziel um die 40 Prozent. Und die Umweltminister der EU-Mitgliedsstaaten werden bei ihrem Treffen am kommenden Dienstag in Luxemburg wohl die Grundlage für eine Einigung irgendwo zwischen 35 und 40 Prozent schaffen.

Am Schluss der Verhandlungen der beiden Institutionen wird wohl ein Ergebnis von knapp 40 Prozent stehen - fast doppelt so viel, wie die 20 Prozent Einsparungen, die der europäische Verband der Automobilhersteller (Acea) für angemessen hält. Bis auf den letzten Meter versuchen die Autohersteller, die Limits doch noch aufzuweichen. „Je aggressiver die CO2-Einsparungsziele sind, desto stärkere soziale und wirtschaftliche Verwerfungen werden sie auslösen“, warnte etwa Acea-Generalsekretär Erik Jonnaert am Montag.

In der EU-Kommission stießen die Automobilhersteller mit ihren Bedenken durchaus auf Gehör. Beobachter stellten verwundert fest, dass Klimakommissar Miguel Cañete erst vergangene Woche ein Papier veröffentlichte, laut dem ein Einsparungsziel von 40 Prozent 12.000 Arbeitsplätzen in der EU vernichte. „Die Europäische Kommission betreibt das Geschäft der Ewiggestrigen“, kritisierte die grüne Europa-Abgeordnete Rebecca Harms die Veröffentlichung und wies darauf hin, dass europäische Autohersteller sieben Mal mehr in Elektrofahrzeuge in China investierten als in der EU. Ohne schärfere Vorgaben, so die Argumentation, werde Europa die Transformation des Automobilsektors versäumen.

In den vergangenen Monaten fiel auf, dass die Automobilbranche die EU-Kommission als ihren Verbündeten gewonnen hat. Merkel, die sich vor fünf Jahren noch für den Sektor eingesetzt hatte, hielt sich nach dem Dieselskandal sichtlich zurück mit unterstützenden Gesten. „Dagegen hat die Spitze der EU-Kommission schwere Lobby-Arbeit für die Autobranche betrieben“, sagt Greg Archer von der Nicht-Regierungsorganisation Transport & Environment. Kleinere EU-Mitgliedsstaaten beklagen, dass die österreichische Ratspräsidentschaft dem klimaschädlichen Kurs der EU-Kommission folge. „Die österreichische Ratspräsidentschaft versucht, uns von einer ehrgeizigen Position abzubringen“, kritisiert ein Diplomat.

Der Ausgang der Abstimmung am Mittwoch wird kurioserweise von Anwesenheit der Abgeordneten abhängen. Weil ein Teil der britischen Konservativen auf dem Parteitag der Tories ist, und manch deutscher Abgeordneter einen Empfang zum Tag der deutschen Einheit dem Straßburger Plenum vorziehen wird, könnte das Ergebnis leicht verzerrt sein. Und darauf hätte kein Lobbyist einen Einfluss genommen.

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