Privat traut sich Volker Wissing offensichtlich noch nicht so recht. Der Verkehrsminister und FDP-Politiker fährt nicht vollelektrisch, sondern ein Hybrid-Fahrzeug. Rund zwei Liter Sprit verbrauche er auf 100 Kilometern, erzählte er am Montag bei der Konferenz Europe 2022 im Gespräch mit WiWo-Chefredakteur Beat Balzli. Nur selten schalte er noch den Verbrenner ein, versicherte Wissing – der nicht nur bei seinem eigenen Auto auf die umstrittene Brückentechnologie setzt.
Zwar will die Ampel-Koalition „mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030“ auf die Straße bringen. Dass Hybrid dabei aber mitgemeint sein dürfte, machte Wissing am Montag deutlich. Trotz aller Kritik sei der Hybrid-Antrieb ein relevantes Instrument, um die grüne Verkehrswende voranzubringen.
Wichtig sei laut Minister die richtige Planung. In seinem Ministerium werde derzeit diskutiert, wie die Hybrid-Versteuerung stärker danach ausgerichtet werden könne, wie oft ein Hybrid-Fahrzeug mit Elektro- und wie oft mit Verbrennungsmotor gefahren sei, erklärte Wissing. Helfen könne dabei die Digitalisierung – für die er als Minister ebenfalls zuständig ist und mit Blick auf die Mobilitätswende gezielter vorantreiben will.
So sprach Wissing von digitalen Schienen, um die Deutsche Bahn pünktlicher zu machen. Von digitalen Zügen wie dem ICE 3Neo, mit dem es keine Strecken-Funklöcher mehr geben soll. Und von digitalen Kupplungen für effektiveren Güterverkehr und digitales Baustellenmanagement zur Optimierung der Bahnstrecken.
Kann Deutschland, was sein Digitalminister will?
Deutschland müsse den Anspruch haben, digital in der „Champions League“ zu spielen, so Wissing – und beim autonomen Fahren sieht er die Republik bald sogar als „Number One in the World“. „Ich glaube, dass wir da schneller sein werden als China“, sagte Wissing.
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Aber passen solche kernigen Zielvorgaben zur Tatsache, dass Deutschland in einem aktuellen Ranking der Staaten mit dem schnellsten Internet nur auf einem abgeschlagenen Platz 25 landet?
Wissing will das mit einer neuen Gigabit-Strategie ändern. Den ersten Entwurf will er im ersten Quartal 2022 in die Abstimmung der Ressorts geben und dann in Zusammenarbeit mit den Bundesländern umsetzen. Noch in der ersten Jahreshälfte will der Verkehrsminister die Strategie beschließen.
„Wir brauchen Glasfaser überall dort, wo Menschen leben, arbeiten, sich bewegen und sich aufhalten“, sagte Wissing. Es gelte deshalb, Haftungsfragen für Verlegetechniken zu klären und Kommunen Rechtssicherheit beim Ausbau zu geben. Auch wolle er bei den Ausschreibungen mehr Anreiz für die Anbieterinnen und Anbieter schaffen, denn für die sei die flächendeckende Funkversorgung im ländlichen Raum finanziell noch immer nicht attraktiv.
Keine alleinige Bringschuld bei der Ladeinfrastruktur
Auch im Bereich der Ladesäulen will der Minister den Ausbau vorantreiben. Mit lediglich 250 Säulen pro Woche hängt Deutschland hinterher, rund 2000 müssten es pro Woche sein, um mindestens 15 Millionen E-Autos ausreichend versorgen zu können.
Sein Ministerium habe gerade eine neue Ausschreibung zum Ausbau von Schnelllade-Strukturen auf den Weg gebracht, erklärte Wissing. Helfen sollen außerdem neue finanzielle Anreize, aber auch die Automobilindustrie sei in der Verantwortung. „Das ist keine alleinige Bringschuld des Staates“, betonte Wissing. „Das muss mit der Wirtschaft gemeinsam entwickelt werden. Ich sehe bei den Unternehmen aber auch klar, dass sie das Thema verstanden haben.“
Details könnten womöglich mit auf einem nationalen Ladegipfel geklärt werden, den Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, vergangene Woche beim Gipfeltreffen der Weltmarktführer, einer WiWo-Konferenz, gefordert hatte.
Zur Veranstaltung: Wie kann Europa seine Stellung in der Welt behaupten? Seien Sie hier per Videostream live dabei, wenn auf der Konferenz „Europe 2022“ führende Köpfe aus Politik und Wirtschaft Antworten geben.