Baerbock in Kiew Ukraine-Konflikt: „Einigkeit ist unsere größte Stärke“

Außenministerin zum Ukraine-Konflikt Quelle: dpa

Während Kanzler Olaf Scholz zum Antrittsbesuch in den USA ist, reist Außenministerin Annalena Baerbock zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen in die Ukraine. Dabei geht es auch um heikle Themen.

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Nach der Absage Deutschlands an Waffenlieferungen für die Ukraine im Konflikt mit Russland hat Außenministerin Annalena Baerbock versucht, Zweifel an der Solidarität Berlins zu zerstreuen. „Wir werden alles dafür tun, dass es zu keiner weiteren Eskalation kommen wird“, sagte die Grünen-Politikerin am Montag in der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Gesprächen mit ihrem Kollegen Dmytro Kuleba. „Es steht derzeit nichts weniger auf dem Spiel, als der Frieden in Europa“, sagte sie. „In dieser brandgefährlichen Situation ist unsere größte Stärke unsere Einigkeit.“

Kuleba zeigte sich diplomatisch. Bei der Frage von Waffenlieferungen gebe es bekanntlich unterschiedliche Ansichten. „Heute haben wir Anknüpfungspunkte gefunden und warten auf die Entscheidung der deutschen Regierung“, sagte er. Baerbock hatte Kiew bereits vor drei Wochen besucht. Sie betonte nun: „Und wenn Dritte versuchen, einen Keil zwischen die Ukraine und ihre Partner, einen Keil zwischen die Freundschaft der Ukraine und Deutschland zu treiben, dann werden wir (...) umso intensiver und enger beieinander stehen.“

Kurz vor Baerbocks Reise hatte die Ukraine der Bundesregierung offiziell eine Liste mit Waffenwünschen übermittelt. Kiew bittet darin um Flugabwehr-Raketensysteme mittlerer Reichweite, tragbare Flugabwehr-Raketensysteme, Anti-Drohnen-Gewehre, Mikrowellen-Zerstörungssysteme, elektronische Ortungssysteme, Nachtsichtgeräte, Überwachungskameras und Munition.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte kurz vor dem Abflug zu seinem Antrittsbesuch bei US-Präsident Joe Biden am Sonntag das Nein der Bundesregierung zu Waffenlieferung an die Ukraine bekräftigt.

Der Westen befürchtet einen russischen Einmarsch in die Ukraine. Hintergrund sind Berichte über einen Aufmarsch Zehntausender russischer Soldaten in der Nähe der Ukraine. Moskau bestreitet solche Pläne. Für möglich wird auch gehalten, dass die russische Seite Ängste schüren will, um die Nato zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen.

Kuleba sprach von einer beachtlichen Hilfe der internationalen Partner seit Dezember. „Das Gesamtvolumen hat in diesen Wochen und Monaten die Marke von 1,5 Milliarden US-Dollar überschritten“, sagte der Diplomat vor dem Treffen mit Baerbock. Zudem seien bereits über 1000 Tonnen Waffen und Munition in der Ukraine eingetroffen.

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Verwirrung gab es zunächst um ein von deutscher Seite geplantes Treffen Baerbocks mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, was nicht zustande kam. Dessen Sprecher sagte: „Im Zeitplan des Präsidenten der Ukraine gab es kein Treffen mit der Außenministerin Deutschlands.“

Zum Auftakt ihres zweitägigen Besuches hatte Baerbock in Kiew die „Holodomor“-Gedenkstätte besucht, die an die Opfer der gezielt von der politischen Führung der damaligen Sowjetunion verursachten großen Hungersnot 1932/33 erinnert. Das ukrainische Wort Holodomor steht für „Mord durch Hunger“. Damals sollen auf dem Gebiet der heutigen Ukraine mindestens drei Millionen Menschen verhungert sein.

Am Abend wollte Baerbock ein Militärkrankenhaus in Kiew besuchen, das von Deutschland mitfinanziert wird. Die Mittel sind unter anderem für medizinisches Gerät und Ausbildungshilfe für junge Ärztinnen und Ärzte bestimmt. Seit 2019 sind insgesamt 10,3 Millionen Euro in die Ausrüstung der Sanitätsstreitkräfte geflossen. In dem Krankenhaus wird abschließend entschieden, welche Schwerverletzten im mitunter blutigen Ukraine-Konflikt mit einem fliegenden Hospital der deutschen Luftwaffe zur Behandlung in Bundeswehr-Krankenhäuser in Deutschland transportiert werden. Seit 2014 waren es gut 150 Soldaten.

Anschließend wollte Baerbock in den Osten des Landes reisen, wo sie am Dienstag die Frontlinie zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten im Konfliktgebiet Donbass besichtigen will.

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