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Quelle: REUTERS

Amazon und Co. sind nicht resozialisierbar

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Europa ließ den digitalen Imperialismus des Silicon Valley zu lange gewähren. Jetzt will die EU die Totengräber des Wettbewerbs hart regulieren. Endlich.

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Plattformkönig Jeff Bezos nimmt Behörden offenbar nicht sehr ernst. So gab das Bundeskartellamt am 26. November 2013 bekannt, dass das Verfahren gegen Amazon eingestellt worden sei. Das Unternehmen habe die Vorgaben des Amtes erfüllt. „Amazon ist der größte Onlinehändler und steht mit den Marketplace-Händlern in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis. Preisvorgaben an die eigenen Wettbewerber sind unter keinen Umständen zu rechtfertigen“, sagte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, und glaubte wohl an einen Erfolg.

Die Einsicht des Giganten währte allerdings nicht lange – so wie bei jedem gefühlten Wiederholungstäter. Immer wieder bekommen die Marketplace-Händler Bezos’ Macht zu spüren. Nun will EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zum ganz großen Schlag ausholen. Ein Bußgeld von bis zu 28 Milliarden Dollar steht im Raum, weil Amazon erneut die Händler drangsaliert, so der Verdacht. Die Daten aus deren Transaktionen sollen für die eigenen Zwecke des Konzerns missbraucht worden sein – das wäre ein klarer Verstoß gegen EU-Kartellrecht. Amazon widerspricht dieser Darstellung. Doch selbst eine Strafe in Milliardenhöhe dürfte Bezos nur mäßig schocken, zu verlockend sind die Gewinnaussichten im digitalen Imperialismus.

Und mit dieser Einstellung steht er nicht alleine da. Egal, ob Google, Facebook oder Apple, ihr Streben nach der Weltherrschaft ist derart lukrativ, dass sie die Verfahren mit einem Lächeln hinnehmen und danach ähnlich weitermachen wie zuvor. Resozialisierung scheint hier aussichtslos. Der Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung scheint im Silicon Valley zur Geschäftsstrategie zu gehören. Tragischerweise sterben während der langen Verfahren auch noch die Plattformopfer, die die Behörden eigentlich schützen wollten.

Es ist der Offenbarungseid für das klassische Vorgehen der Wettbewerbshüter. Die Monster, die auch von europäischen Konsumenten bereitwillig gefüttert werden, lassen sich mit den herkömmlichen Mitteln nicht mehr zähmen. Wo die Marktwirtschaft unter die Räder kommt, braucht es harte Eingriffe – so absurd das klingen mag. Die Pläne der EU, die Internetriesen in naher Zukunft zu regulieren, sind überfällig. Europa hat schon zu lange zugeschaut. Es ist höchste Zeit für einen Aufstand gegen die digitalen Kolonialherren. Das dürfte selbst Jeff Bezos beeindrucken.

Mehr zum Thema: Die Klage gegen Amazon ist nur der erste Schritt der EU im Ringen um fairen Wettbewerb im Internet.

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