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Schloss von Versailles Quelle: imago images

Prinzip Sonnenkönig fürs Kanzleramt

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Der Brexit wird den Standortwettbewerb anheizen. Deutschland muss nicht nur bessere Bedingungen schaffen – sondern sich auch besser verkaufen.

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Die Gäste sind tief beeindruckt. Hohe Decken, schwere Teppiche, große Leuchter, Blattgold satt. Der französische Präsident lädt nach Versailles, und alle kommen. Rund 200 Unternehmenschefs aus aller Welt machen ihm vergangenen Montag die Aufwartung. Direktinvestitionen sind ein People’s Business, sagt sich Emmanuel Macron jedes Jahr bei der Choose France – und brüstet sich im Anschluss an die Konferenz mit neuen Milliarden und neuen Jobs.

Die sonnenkönigliche Tupperware-Party wird gerne als PR-Coup belächelt, aber eins ist klar: Frankreich nimmt den Standortwettbewerb ernst. Und da zählen nicht nur gute Bedingungen, sondern auch gutes Marketing. Beides gibt es in Deutschland nicht im Überfluss, im Gegenteil.

Das haben wir doch nicht nötig, mag sich mancher denken. Die erfolgreichen Weltmarktführer belegen es ja. Und gerade baut der weltweit berühmteste Kiffer Elon Musk in der Nähe von Berlin eine Tesla-Fabrik. Anwohner freuen sich nicht nur über die neuen Jobs, sondern protestieren lieber für den Erhalt des Birkenwäldchens. Doch selbst das kann Musk nicht schrecken. Also wo, bitte schön, gibt es hier ein Standortproblem?

Fakt ist, die Konkurrenz um Direktinvestitionen verschärft sich. Die härtesten Gegner haben die Unternehmenssteuern schon gesenkt oder planen es. Vor allem die Briten stehen unter Druck. Sie werden alles daransetzen, um nach dem Brexit den Systemwettbewerb mit der EU zu gewinnen. Brüssel versucht zwar, die Dumpingpläne von Downing Street zu durchkreuzen. Aber Unternehmer beobachten genau, ob es sich auf der Insel nicht bald regel- und bürokratiefreier wirtschaften lässt.

Mit ein bisschen Entlastung und ohne Regierungsmarketing ist es darum in Deutschland nicht getan. „Nicht einmal ein Reförmchen“ nennt FDP-Fraktionsvize Michael Theurer die steuerliche Forschungsförderung von Wirtschaftsminister Peter Altmaier und konstatiert: „Die Rahmenbedingungen haben sich verschlechtert.“

Ungeachtet der föderalen Strukturen, sollte sich auch die Bundeskanzlerin in Glamour üben und Choose Germany auf die Fahnen schreiben. Trotz aller Kapitalismusscham muss die Regierungschefin für Investitionen im eigenen Land werben – nachdem die GroKo endlich tiefere Unternehmenssteuern beschlossen hat. Das passende Schloss existiert bereits: Sanssouci – mit einem Park nach dem Vorbild von Versailles.

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