Bankenkrise in Italien Die 20-Milliarden-Euro-Frage

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Ein Hintertürchen ermöglicht neue Wege

Wenn das Konsens ist, bleibt nur noch eines: Seine Regierung sei bereit einzugreifen, um "die Stabilität der Banken und die Sparguthaben der Bürger zu garantieren", sagt Neu- und Übergangsregierungschef Gentiloni. Möglich werden soll das offenbar über ein Hintertürchen, das in den Regeln zur europäischen Bankenunion offen gelassen wurde. Demnach darf ein Staat über eine "präventive Kapitalspritze" in den Bankensektor eingreifen, wenn sonst aufgrund ungewöhnlicher Ereignisse Verwerfungen drohten.

Ist eine Regierungsumbildung nach einem verlorenen Referendum, wie man sie in Rom erlebt, nicht ein solches Ereignis? Und habe nicht sogar Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der für gewöhnlich nicht gerade als größter Italienversteher gilt, einen solchen Eingriff gar akzeptiert?

Im Tesoro jedenfalls, dem Finanzministerium, haben sie in den vergangenen Tagen fieberhaft an einem Weg gebastelt, der der Mitte-links-Regierung das politische Überleben sichern und mit Ach und Krach auch in Brüssel durchgehen könnte: Man zwingt die Sieneser Anleihegläubiger, ihre Obligationen in Aktien umzuwandeln. Die kaufen dann Investoren oder der Staat. Der Verlust, der durch den Unterschied des bisherigen Anleihewerts und des Aktienwerts entsteht, gleicht der Staat den Privatanlegern aus.

Dieser Weg hat aber einen Haken: Italien müsste argumentieren, dass die Anleger seinerzeit - in Siena handelt es sich hauptsächlich um das Jahr 2008 - unzulässig in riskante Produkte gedrängt worden sein. Verhindern müssen hätte das die Notenbank. Ihr damaliger Präsident: Mario Draghi, der heutige EZB-Chef.

Der Plan hat noch einen zweiten Teil: Der Staat würde dann versuchen, einen Teil der faulen Kredite der Banken in eine Zweckgesellschaft zu packen und an dieser Anleihen zu verkaufen, die er selber garantieren würde. Etwa 360 Milliarden Euro "fauler Kredite" belasten Italiens Banken, fast 90 Milliarden davon liegen bei Klein- und Kleinstinstituten.

Sollte dieser Weg klappen, würde Padoan ihn, so hört man, auch bei einem halben Dutzend weiterer Krisenbanken anwenden, so könnte am Ende die Gesamtsumme von 20 Milliarden Euro zusammenkommen. "Eine Pilotoperation", nennt ein Banker die Siena-Variante.

"Wenn wir jetzt entschieden vorangehen, haben wir den Bankensektor in drei Jahren so geordnet, dass er funktioniert", sagt ein anderer Banker. Und auch wenn nicht: Einen Gewinner gibt es schon heute. Die beratenden Investmentbanken haben laut Reuters 250 Millionen Euro in Siena verdient.

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