




Er war der Überraschungssieger der italienischen Parlamentswahl und gilt als großer Euro-Skeptiker: Beppe Grillo, Chef der Bewegung "Fünf Sterne". In einem Interview mit dem "Handelsblatt" wurde er diesem Ruf nun wieder mehr als gerecht. Grillo glaubt demnach nicht an einen Verbleib Italiens in der Euro-Zone. "De facto ist Italien doch schon aus dem Euro raus", sagte er. Und stellte ein Referendum zum Euro in Aussicht. Weil er einen Austritt aus dem Euro "nicht allein" beschließen wolle, würde er ein Online-Referendum starten. Die Begründung: Bei der Verfassung sei das Thema Euro außer Acht gelassen worden - ein Volksentscheid sei daher nötig.
Der "Fünf Sterne"-Chef zeigt sich auch gegenüber den Euro-Partnerländern pessimistisch eingestellt. Unterstützung erwartet er hier nicht - im Gegenteil. Die nordeuropäischen Staaten würden Italien nur noch so lange halten, "bis sie die Investitionen ihrer Banken in italienische Staatsanleihen wieder reingeholt haben. Dann werden sie uns fallen lassen wie eine heiße Kartoffel", so der frühere Komiker Grillo. Trotz aller Kritik sieht sich Beppe Grillo aber nicht als Anti-Europäer: "Europa muss keine Angst haben", sagte er. Er fordere aber deutlich mehr Demokratie. Europa brauche einen "Plan B". Man müsse sich fragen, was aus Europa geworden sei. "Warum haben wir keine gemeinsame Informationspolitik, keine gemeinsame Steuerpolitik, keine gemeinsame Politik der Immigration?" Zugleich warf der italienische Politiker Deutschland vor, sich als einziger an der europäischen Idee "bereichert" zu haben.
Auch der bisherige Ministerpräsident Mario Monti bekommt im "Handelsblatt"-Interview sein Fett weg. Grillo bezeichnete ihn als "Konkursverwalter im Namen der Banken". Monti habe den normal- und geringverdienenden Bürgern höhere Steuern aufgebrummt, anstatt "bei den Topverdienern und im Staatsapparat zu kürzen".
Italien bleibt Sorgenkind der Euro-Zone
Grillos Bewegung "Fünf Sterne", die er im Jahr 2009 gründete, wurde bei der Parlamentswahl in Italien die stärkste Einzelpartei und könnte bei der Regierungsbildung entscheidenden Einfluss haben. Im gleichberechtigten Senat kam kein Bündnis auf die nötige Mehrheit. Grillo machte bereits deutlich, dass er die traditionellen Parteien nicht unterstützen will. Eine neue Regierung aus Fachleuten lehnte er ebenfalls ab. Er nannte seine Partei "die Französische Revolution - ohne Guillotine". Beppe Grillo schimpft seit Jahren auf Politik und etablierte Parteien in Italien. Damit trifft der ehemalige Kabarettist einen Nerv bei den politikmüden Italienern. Gleichzeitig hat ihm das aber auch den Ruf eines Populisten eingebracht.
Dem Euro-Schwergewicht Italien droht der politische Stillstand, denn auch zwei Wochen nach der Wahl ist noch keine neue Regierung gefunden. Am Freitag versammelt sich das Parlament erstmals und Präsident Giorgio Napolitano dürfte wenig später seine Gespräche mit den Parteichefs aufnehmen. Investoren fürchten, dass die Euro-Krise durch die ungewisse politische Lage neu aufflammen könnte. Am Mittwoch richtete sich der Blick der Märkte auf Italien. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone versuchte, mehrere Staatsanleihen zu platzieren und bot am Vormittag unter anderem drei- und 15-jährige Papiere an. Insgesamt sammelte die drittgrößte Euro-Volkswirtschaft dabei nur 6,99 Milliarden Euro ein - das Ziel hatte bei 7,25 Milliarden Euro gelegen. Auch musste Rom höhere Zinsen bieten, um die Investoren überhaupt locken zu können: Um bis 2015 frische Mittel zu besorgen, wurde ein Zins von 2,48 Prozent fällig. Mitte Februar war dies noch zu einem Zins von 2,30 Prozent gelungen. In der Laufzeit bis 2028 stiegen die Zinsen von 4,81 Prozent am 15. Januar auf 4,90 Prozent. Zudem bot Italien zwei Anleihen mit variabler Verzinsung an, die 2017 und 2018 fällig werden. Auch diese Papiere konnten nur zu gestiegenen Konditionen platziert werden.
Es war die erste Auktion lang laufender Schuldtitel, nachdem die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit Italiens am Freitag auf BBB+ herabgesetzt hatte. Die Finanzmärkte nahmen die Ergebnisse der Auktion mit Ernüchterung auf. Auch die Gemeinschaftswährung wurde belastet: Der Euro fiel unter die Marke von 1,30 US-Dollar. Am Sekundärmarkt, wo bereits ausgegebene Staatsanleihen gehandelt werden, zogen die Risikoaufschläge für Papiere aus Italien an. Im richtungsweisenden Laufzeitbereich von zehn Jahren stieg der Aufschlag gegenüber als sicher geltenden Bundesanleihen um 12,6 Basispunkte auf 324 Basispunkte. Börsianer fürchten, dass dies auch die Rally an den Aktienmärkten stoppen könnte. Schon am Dienstag hatte Rom kurz laufende Anleihen lediglich zu höheren Zinsen versteigern können.
Mit Material von Reuters und dpa