Bettina Röhl direkt

Her mit der Weltregierung?

Bettina Röhl Publizistin

Das globalisierte Wirtschafts-und Finanzgeschehen ist in gefährlicher Weise außer Kontrolle geraten. Mit grünem Steuerwahn oder dem schönfärberischem Populismus der Konservativen zieht man die Kuh garantiert nicht vom Eis.

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Wir brauchen keinen Welt-König, sondern eine vernünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik, findet unsere Kolumnistin. Quelle: dpa

Diese Frage stellt sich zur Zeit: Wie soll ein herrenloser, außer Rand und Band geratener globaler Wirtschafts-und Finanzmarkt eigentlich noch domestiziert, sprich: regiert werden? Eine Weltregierung kann man nicht wollen und es gibt sie glücklicherweise auch nicht. Aber es fehlt die Instanz, die den gordischen Knoten, zu dem sich das ökonomische Weltgeschehen chaotisch verklettet hat, sauber zerschlagen kann.

Die Uno mit ihren Unterorganisationen ist eher das Problem als die Lösung für internationale Interessenkonflikte. Klar, da gibt es die G7-, G8- und G20-Gipfel, es gibt den Tagungstourismus der Finanz- und Wirtschaftsminister und ihrer Regierungschefs und es gibt furchtbar viel guten Willen. Da müsste es doch eigentlich mit dem Teufel zugehen, wenn der Weltwirtschaftskreislauf nicht wieder auf sportlichem Niveau einzupegeln wäre.

Allein, "Oberchefarzt" Obama und die anderen "Chefärzte" aus Peking, Neu-Delhi, Liechtenstein, Paris, London, Berlin oder Tokio verordnen dem "Patienten" namens globalisierte Welt höchst unterschiedliche Medikamente, deren Wirkung und Kontraindikation sie kaum kennen und deren Verträglichkeit untereinander nicht solide erforscht ist. Liechtenstein ist in diese Aufzählung natürlich nur versehentlich geraten, aber es imponiert einfach, wie der "Zar" von so wenig Einwohnern und so wenig Schornsteinen (in Liechtenstein leben 36.700 Menschen) ein unermesslich großes Vermögen sein Eigen nennen kann. Da muss doch irgendwie der Stein des Wirtschaftsweisen gefunden worden sein.
Den Markt mit Geld zu überfluten und jetzt plötzlich vom Ende des niedrigen Leitzinses zu sprechen, wie es in den USA derzeit praktiziert wird, ist Mist und nicht gerade das, was man unter solider Finanz-, Haushalts - oder Weltwirtschaftspolitik subsumieren könnte. Ein Dollar, der derart gemanagt und gelenkt wird, ist als Leitwährung dieser Welt ein Alptraum. Der Euro dito. Widersprüchliches oder auch nur zögerliches Verhalten ist Gift für die Märkte.
Was die Euro-Retter bisher in ihren vielen Gleichungen mit noch mehr Unbekannten wieder und wieder schön gerechnet haben, gleicht dem hasadeurhaften Verhalten eines Glücksritters, der das Prinzip Hoffnung weit überdehnt. Die turbokapitalistischen Kommunisten in China setzen derweil weiter auf die Eroberung der Weltmärkte vermittels Dumpinglöhne. Gleichzeitig öffnen sie aggressiv die Schleusen ihrer Liquiditätsseen.

Chinas Liquiditätsseen und das Prinzip Hoffnung

"Die Krise ist über uns hineingebrochen"
„Die Finanzkrise ist wie eine Sturmflut über uns hereingebrochen. Es ist absolut sinnvoll, den Deich in seiner vollen Länge wieder zu befestigen und zu stärken.“ Der damalige Bundesbank-Präsident Axel Weber am 17.6.2010 bei einem Bankenkongress in Frankfurt. Quelle: dapd
„Wir sind bereits in einer sehr extremen Dehnung des europäischen Rechtes, um das mal gelinde zu sagen.“ Der ehemalige Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, ist von den Plänen, den Rettungsschirm ESM mit einer Banklizenz auszustatten, nicht begeistert. Für Stark wäre die Umsetzung ein klarer Verstoß gegen europäisches Recht – und nicht einmal der erste. Quelle: dpa
"Die wirtschaftliche Situation im Euro-Raum ist weiterhin schwierig, aber es gibt ein paar Anzeichen für eine mögliche Stabilisierung." Gegen Ende des Jahres werde eine "sehr langsame Erholung" einsetzen. EZB-Chef Mario Draghi am 03.06.2013 auf einer Konferenz in Shanghai. Quelle: Reuters
Im Interview mit dem Handelsblatt hat Altkanzler Helmut Schmidt Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel geübt: Sie wisse über Finanzen nicht Bescheid, verfüge aber über diese. Gleichzeitig müsse der Euro nicht gerettet werden - er sei prima. Meinung nach müsse Deutschland den enormen Zahlungsbilanzüberschuss abbauen, den Deutschland in jedem Jahr aufgrund seiner hohen Exporttätigkeit ausweist. Dies solle durch die Anhebung der Löhne und Gehälter geschehen. Quelle: dpa
„Wenn die EZB so weitermacht, kauft sie bald auch alte Fahrräder auf und gibt dafür neues Papiergeld heraus.“Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler am 9.8.2011 auf „Handelsblatt Online“ zu den umstrittenen Staatsanleihekäufen der Europäischen Zentralbank. Quelle: dapd
Der US-Haushaltsstreit könnte sich nach Ansicht des Ökonomen Thomas Straubhaar verheerend auf die globale Konjunktur auswirken und die Euro-Krise wieder anheizen. Der Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) sagte der Zeitung "Die Welt" (Montagausgabe) zufolge, er erwarte, dass US-Präsident Barack Obama die Schuldenobergrenze brechen müsse, weil es keine Einigung zwischen Demokraten und Republikanern geben werde. "Dies wird dramatische Konsequenzen für die Finanzmärkte haben. In den USA wird es zu Nachfrageausfällen kommen, die sich dann auf die gesamte Weltwirtschaft übertragen", führte Straubhaar aus. Im Sog steigender Zinsen für US-Schuldpapiere müssten auch Euro-Krisenländer Investoren mehr für die Aufnahme neuer Schulden bieten, wird er zitiert. "Alle Sparanstrengungen in Südeuropa würden konterkariert. Es bestünde die große Gefahr, dass die Euro-Krise zurückkehrt." Quelle: dpa
EZB-Chef Mario Draghi denkt angesichts der tiefen Rezession in der Euro-Zone über eine weitere Zinssenkung nach und fasst dabei auch unkonventionelle Maßnahmen ins Auge. Die EZB habe im vorigen Jahr mit der Ankündigung eines Staatsanleihen-Ankaufprogramms stabilisierend gewirkt und könne noch mehr tun, betonte Draghi laut Redemanuskript in Jerusalem. "Es gibt eine Reihe anderer Maßnahmen - seien es solche der orthodoxen Leitzinspolitik oder auch unkonventionelle - die wir anwenden können und sie auch anwenden werden, falls die Umstände es erfordern." Quelle: dpa

Und jetzt wird dem Bundesfinanzminister Schäuble langsam schwarz vor Augen. Er will das Geldfluten beenden und weiß nur, dass weder er noch seine Finanzministerkollegen wissen, wie sie des Geldes wieder Herr werden. Geister, die man einmal gerufen hat, wieder in die Flasche zurückzudrängen, kann ein Problem sein und dies gilt auch für den Geist oder den Ungeist des Geldes. Schlimm ist, dass im Zweifel niemand weiß, wie eine realistische Weltbilanz überhaupt aussähe. Wie hoch sind die Staatsschulden wirklich? Wie viele dicke Hunde schlummern noch unerkannt in den Büchern von Banken? Wie viele systemrelevante Risiken sind unerkannt oder werden vertuscht? Für wie viel Milliarden bürgt die Bundesrepublik eigentlich inzwischen, im technischen aber auch im untechnischen Sinn?

Die Maßnahmen der Notenbanken gegen die Krise

Die (noch) grün-rote Opposition in Deutschland und ihre ökonomisch ebenso ahnungslosen Freunde in den anderen Euro-Ländern wollen unter dem Motto "nicht kaputtsparen" die Euro-Südländer mit weiterer Liquidität fluten, weil sie in diesem Fluten der südlichen Finanzmärkte das oberintelligente Allheilmittel für einen weltmarktkompatiblen wirtschaftlichen Aufschwung in diesen Ländern erblicken. Indes gilt: Unverdiente Liquidität war das Verhängnis der Euro-Südstaaten bis zum Offenkundigwerden der Euro-Krise. Und jetzt soll der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden und noch mehr Geld in den Süden hinein gepumpt werden?


Blindflug heißt das Prinzip
Ein Sammelsurium von Weltmarktplayern mischt unkontrolliert und vor allem unkontrollierbar mit. Es kommen immer mehr Faktoren zusammen, die den globalen Markt zum Casino machen und zwar zum Casino der Politik, die bitte aufhören möge, ständig mit dem Finger auf die Spielbankabteilungen der großen Geldhäuser zu zeigen und ihnen vorzuwerfen zu zocken und sich zu verzocken. Die Politiker selber sind wahrscheinlich längst die größten Zocker im Marktgeschehen und sie haben die Sache genauso wenig im Griff wie die von ihnen gescholtenen Banker, Investoren und Heuschrecken.
Blindflug heißt wahrscheinlich das Prinzip des modernen Währungs- und Finanzmanagements. Da werden ironisch und sarkastisch die Selbstheilungskräfte des Kapitalismus regelmäßig der Lächerlichkeit preis gegeben. Aus einer souverän überlegenen, meist sozialistisch basierten Position heraus. Tatsächlich ist das, was auf der Welt aktuell geschieht, nichts anderes als die große Hoffnung, dass sich die Dinge irgendwie am Ende selbst mit ein paar Beulen und Schrammen zurecht schütteln werden.
Es gibt in Wahrheit kein Weltmanagement dessen, was man Weltmarkt nennt: Der Weltmarkt ist sich selbst, ein paar Kredithaien, ein paar Sorossen, ein paar Buffets und den Zufällen des Lebens überlassen.

Liquidität sucht Anlage

Wie in Zentralbanken hineinregiert wird
Europäische Zentralbank (EZB)"Das vorrangige Ziel ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten", heißt es in Artikel 105 des Maastricht-Vertrags. Zwar soll die EZB auch für Stabilität an den Märkten sorgen und die Wirtschaftspolitik der EU unterstützen. Das allerdings nur, wenn dadurch das Ziel der Preisstabilität nicht beeinträchtigt wird. Diese klare Abgrenzung hat anfangs funktioniert. Seit der Euro-Krise jedoch ist die Geldpolitik Teil der EU-Wirtschaftspolitik. Die EZB begründet ihre Eingriffe mit ihrem Mandat der Marktstabilität und behauptet, dass hierdurch die Geldwertstabilität nicht gefährdet sei. Quelle: dapd
Europäische Zentralbank (EZB)Auch wenn EZB-Chef Mario Draghi früher bei Goldman Sachs arbeitete, besitzen private Banken bei der Zentralbank keine direkte Mitsprache. Das EZB-Kapital von 5,76 Milliarden Euro liegt bei den 27 Notenbanken der EU, die sich – bis auf ein paar Anteile der österreichischen Nationalbank – in öffentlichem Besitz befinden. Die Euro-Finanzminister wählen die Mitglieder des sechsköpfigen Direktoriums per Mehrheitsentscheid, die Regierungschefs bestätigen die Wahl. Auch das EU-Parlament darf mitreden. Vergangene Woche lehnten die Abgeordneten die Nominierung des angesehenen Luxemburger Nationalbankpräsidenten Yves Mersch für einen Sitz im EZB-Direktorium ab. Einziger Grund: sein Geschlecht. Sharon Bowles, Vorsitzende des Währungsausschusses: "Wir sind dagegen, dass die mächtigste Institution der EU ausschließlich von Männern geleitet wird." Quelle: dapd
Bank of England (BoE)Die "Old Lady" von der Londoner Threadneedle Street ist die älteste Notenbank der Welt. Doch erst 1997 wurde sie nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank in eine – relative – politische Unabhängigkeit entlassen. Der Einfluss der Politik ist geblieben: Der britische Schatzkanzler gibt der Notenbank ein konkretes Inflationsziel von 2,0 Prozent vor. Wird dieses Ziel verfehlt, muss der Notenbankchef dies gegenüber der Regierung rechtfertigen. Quelle: REUTERS
Bank of England (BoE)Am meisten leidet die Unabhängigkeit der BoE aber dadurch, dass sie mit Aufgaben zugeschüttet wird. Die BoE muss sich nicht nur um eine stabile Währung, sondern auch um die Konjunktur und Stabilität des Finanzsektors kümmern, im nächsten Jahr kommt die Bankenaufsicht hinzu. Zudem ist die persönliche Unabhängigkeit mancher Mitglieder im Zentralbankrat fraglich: Ben Broadbent etwa arbeitete vor seiner Zeit bei der BoE jahrelang für Goldman Sachs. Zuvor war schon sein Kollege David Robert Walton, Chefökonom von Goldman Sachs in Europa, Mitglied im Zentralbankrat geworden. Bis Ende August 2012 saß dort zudem mit Adam Posen ein Geldpolitiker, der enge Verbindungen zu Starinvestor George Soros pflegt. Quelle: dpa
Federal Reserve System (Fed)Die amerikanische Fed – ein Hort politischer Unabhängigkeit? Mitnichten. Die unter einem Dach zusammengeschlossenen zwölf regionalen US-Zentralbanken gehören 3000 privaten Instituten, darunter Großbanken wie Goldman Sachs oder Morgan Stanley. Die Geldhäuser können direkt bei der Geldpolitik mitmischen, denn sie bestimmen die Direktoren der regionalen Fed-Ableger. Die Direktoren sind an der Wahl der regionalen Fed-Präsidenten beteiligt – und von diesen wiederum sitzen einige im Offenmarktausschuss, dem wichtigsten Gremium der Notenbank, das über die Geldpolitik der USA entscheidet. Der amerikanische Kongress hat der Zentralbank drei Ziele gesetzt, die nicht unbedingt miteinander harmonieren: Die Fed soll die Preise stabil halten, so viele Arbeitsplätze wie möglich garantieren und die Zinsen möglichst niedrig halten. Quelle: REUTERS
Federal Reserve System (Fed)Die Regierung darf den Währungshütern zwar nicht ins Tagesgeschäft hineinreden, aber Zentralbankpräsident Ben Bernanke muss dem Parlament regelmäßig Rede und Antwort stehen. Sollte es anhaltende Konflikte zwischen Fed und Politik geben, kann der Kongress die Unabhängigkeit der Fed beschneiden. Jüngste Debatten ließen darauf schließen, "dass es breite Unterstützung für Restriktionen geben könnte, wenn der Kongress mit der Fed-Politik nicht zufrieden ist", warnt der renommierte US-Ökonom Martin Feldstein. Die Notenbank stehe vor einem Dilemma: "Strafft sie die Geldpolitik, um die Inflation einzudämmen, riskiert sie Gegenmaßnahmen des Kongresses, die ihr die künftige Inflationsbekämpfung erschweren." Quelle: dapd
Bank of Japan (BoJ)Auf dem Papier ist die BoJ unabhängig, aber der politische Druck steigt. Mittlerweile ist es zur Regel geworden, dass ranghohe japanische Politiker offen drohen, das Notenbankgesetz zu ändern, falls die BoJ ihre Geldpolitik nicht noch stärker lockert. Was die Ankäufe von Fremdwährungen betrifft, um den Auftrieb des Yen abzumildern, handelt die Notenbank bereits im Auftrag der Regierung. Quelle: REUTERS

Im politischen Europa gilt das Prinzip der Einstimmigkeit, aber die europäische Zentralbank macht, von den Egoismen einzelner Euro-Länder gesteuert, unkontrollierbar und ohne zur Rechenschaft gezogen werden zu können, was sie will. IWF und Weltbank verdienen ihre groß klingenden Namen nur sehr eingeschränkt. Die Öl exportierenden Länder ducken sich unter dem aktuellen politischen Geschehen hindurch. Sie generieren ungeheure Dollarberge, die sie nicht adäquat zum Aufbau eigener Volkswirtschaften nutzen und die sie auch nicht immer zum Wohl und Weh des Weltmarktgeschehens einsetzen.
Liquidität sucht Anlage. Und wenn zu viel Liquidität da ist, kommt es zu einer sinnlosen, spekulativen Überbewertung der Sachwerte und einzelne Personen oder Unternehmen, die dringend Geld für die Umsetzung ihrer Geschäftsideen oder den Ausbau ihrer Betriebe benötigen, haben Probleme von den Banken Kredite zu bekommen. Die Banken sind zu systemrelevanten privaten Global Playern geworden, die die billige Liquidität oft genug missbrauchen, in dem sie riskante Anlagen kaufen, darunter auch Schuldscheine von Staaten, die für Rückzahlungen ihrer Kredite kaum gut sind und solche Rückzahlungen, wenn überhaupt, nur durch bloße Umschuldungen vornehmen könnten, wenn es ihnen denn in jedem Falle zuverlässig gelingen sollte, immer neue Kreditgeber zu finden.


Höhere Zinsen, Inflation und die Gefahr einer Deflation
Solange das Zinsniveau weltweit niedrig ist, können auch schwache Staaten mühselig immer auch noch große Kredite bedienen. Sobald die Zinsen steigen, ist es mit dieser Herrlichkeit wieder vorbei und die Banken wären erneut Patienten auf der Intensivstation.
Als einziger Ausweg bietet sich dann schnell eine große weltweite Inflation an, die ausreichend dosiert und knallhart weltweit gemanagt werden müsste, wozu allerdings niemand in der Lage ist. Für diesen Job gibt es niemanden, der das administrieren könnte. Inflation größeren Ausmaßes bringt Ungerechtigkeiten, tangiert die Verteilungsgerechtigkeit massiv und birgt das große Risiko eines wirtschaftlichen Einbruchs bis hin zu gefährlichen Deflationserscheinungen.
Und das derzeit häufig diskutierte Zaubermittel, dass die privaten Sparer Bankenpleiten oder gar Staatspleiten ausgleichen könnten, mag zwar zu den Denkmodellen von Merkel, Schäuble und ihren Euro-Amtskollegen gehören, könnte sich allerdings schnell als vergleichsweise magere Beute entpuppen, mit der nur einmal ein Strohfeuer entzündet werden könnte. Wenn man einmal den Sparern und Privatleuten die Taschen und Konten leert, wäre nicht nur dieser Geldvorrat ein für alle Mal verbraucht. Die geschröpften Bürger würden als aktive Leistungsträger und zahlungskräftige Konsumenten demotiviert und anhaltend verschreckt. Ein irreversibler Marktschaden wäre die Folge.
Bankkunden an der Pleite ihrer Bank in einem definierten und wirtschaftlich und sozial verträglichem Umfang zu beteiligen, ist das eine. Ein enteignungsgleicher Eingriff, der rechtlich im Übrigen problematisch ist, ist das andere, insbesondere dann wenn die Enteignung nicht dem Wohl der Gemeinschaft, sondern nur der Verschleppung eines noch größeren Kollapses dient. Da sollten die Finanzminister und die offiziösen Strategen aus den kommunistischen Enteignungskatastrophen des letzten Jahrhunderts, an deren Ende regelmäßig Massenarmut, Hungersnöte, Mord und Totschlag und Gulags standen, ihre Lehren ziehen.

Grüne Großmannssucht


"Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch"
Begleitet von rund 200 Sympathisanten zogen die Grünen vor 30 Jahren in den Bundestag ein. Unter ihnen waren die Abgeordneten Gert Bastian, Petra Kelly, Otto Schily und Marieluise Beck-Oberdorf (von links nach rechts). Der Bundestag war völlig unvorbereitet auf diese neue Art der Politik. Quelle: dpa
Zwei Tage nach dem 5,6-Prozent-Erfolg der Grünen bei der Wahl am 6. März 1983 kamen die 27 Abgeordneten erstmals zu einer Sitzung zusammen. Der Konferenzsaal des Abgeordnetenhauses am Bonner Tulpenfeld war viel zu eng. Auch Basisvertreter und Nachrücker waren dabei, nach zwei Jahren sollten die frisch gewählten Abgeordneten wieder aus dem Parlament hinausrotieren. Quelle: dpa
Trotz Ermahnungen der politisch Etablierten zu ordnungsgemäßer Kleidung dominierten Strickpullis und Zauselhaare. Nur eine weibliche Abgeordnete erschien mit Anzug und Krawatte. Einige brachten Strickzeug mit in den Bundestag, andere erschienen mit Blumentöpfen zur ersten Sitzung. Quelle: dpa
Auch Blumen gießen gehörte in den Anfangsjahren dazu – hier streng beobachtet von Otto Schily (rechts) und der amüsierten SPD-Politikerin Ingrid Matthäus-Maier. Über den fehlenden Platz für die Neuparlamentarier verhandelten die Grünen-Fraktionsvorständler Petra Kelly und Otto Schily sowie Fraktionsgeschäftsführer Joschka Fischer mit Bundestagspräsident Richard Stücklen. Die alteingesessenen Parteien zeigten sich skeptisch gegenüber den Neulingen. Helmut Kohl hielt die Grünen nur für eine zwischenzeitliche Episode. „Zwei Jahre gebe ich denen, dann gehen sie Mann für Mann zur SPD über“, sagte er. Quelle: dpa
Doch die Grünen blieben. Schon früh setzten die Grünen themenpolitische Akzente, mit der sie die ganze Republik umkrempelten. Sie sprachen sich nicht nur früh gegen Atomkraft und für den Umweltschutz aus, sondern forderten damals schon gleiche Rechte für Homosexuelle, eine multikulturelle Gesellschaft und die Abschaffung der Wehrpflicht ein – alles Themen, die bis heute auf der Agenda stehen. Waltraud Schoppe (Mitte) sorgte mit ihrer ersten Rede gar für Entsetzen. „Wir fordern Sie alle auf, den alltäglichen Sexismus in diesem Parlament einzustellen.“ Ein Satz, der ob der Sexismus-Debatte auch 30 Jahre später noch aktuell ist. Quelle: dpa
Zu den ersten Abgeordneten zählten auch Petra Kelly (links, mit Blumen) und Marieluise Beck-Oberdorf (rechts). „Auch wenn wir uns antiautoritär gaben, so hatte doch dieser altehrwürdige Plenarsaal etwas Respekt einflößendes“, sagte Beck-Oberdorf in einem Interview mit tageschau.de. Trotzdem habe es das Gefühl gegeben, man sei keine „normale“ Partei. Quelle: dpa
Grünen-Gründungsmitglied Kelly, hier mit dem damaligen SPD-Vorsitzenden Willy Brandt, gehörte zu den Ikonen der grünen Anfangsjahre. Sie prägte zum Beispiel den Ausdruck der „Anti-Parteien-Partei“ und der „Instandbesetzung des Bundestages“. Sie setzte sich besonders für Frieden und Menschenrechte ein. Noch mehr Beachtung als ihr Tun fand ihr Tod. Ihr Lebensgefährte und Mitstreiter Gert Bastian erschoss sie 1992 im Schlaf – und tötete sich selbst ebenfalls. Quelle: dpa

Die grünen Wahlkampfparolen die Krisen vermittels Steuererhöhungen lösen zu wollen, Parolen, mit denen die Ökos die Bundestagswahl für sich entscheiden wollen, beweisen, dass die Grünen von populistischen Neidparolen mehr Ahnung als von Wirtschaft haben. Egal, wie viel Steuern ein Staat erhebt, das Vermögen der Volkswirtschaft wird dadurch weder vermehrt noch vermindert. Wenn dem Wirtschaftskreislauf der Bundesrepublik Steuergelder entzogen werden, um sie in irgendein phantastisches Europa-Projekt zu stecken, bedeutet dies im Zweifel nicht einmal Solidarität, sondern nichts anderes als die Wirtschaftslokomotive, die im Moment Bundesrepublik heißt, zu bremsen.
Die von Rot-Grün favorisierte Vergemeinschaftung aller Staatsschulden im Euro-Land, was zum Teil faktisch auch Vergemeinschaftung von umgewandelten Bankschulden bedeutet, ist kein Projekt, das sich mit Steuererhöhungen in Deutschland sinnvoll finanzieren lässt.


Die deutsche Wirtschaftskraft zu überschätzen, ist Großmannssucht und diese Großmannssucht lässt das Argument der Grünen und Roten für Steuergerechtigkeit zu kämpfen verblassen. Steuergerechtigkeit hat schließlich nichts mit Nivellierung auf Rezessionsniveau zu tun. Die Wirtschaft muss brummen und die Steuergerechtigkeit sollte zugleich auch dem wirtschaftlichem Aufschwung dienen.
Die grüne Steuerexpertin Christine Scheel hat völlig recht, wenn sie die Fiskaldilettanten ihrer eigenen Partei öffentlich wegen deren radikalen Steuererhöhungsphantasien kritisiert, was bei den Grünen erfahrungsgemäß der Karriere abträglich sein kann.

Das bittere Fazit aus einem Jahr Energiewende
Kühltürme des Braunkohlekraftwerkes der Vattenfall AG im brandenburgischen Jänschwalde (Spree-Neiße) Quelle: dpa
Freileitungen verlaufen in der Nähe eines Umspannwerkes bei Schwerin über Felder Quelle: dpa
Die Flagge Österreichs weht auf einem Hausdach Quelle: dpa
Ein Strommast steht neben Windkraftanlagen Quelle: AP
Windräder des Windpark BARD Offshore 1 in der Nordsee Quelle: dpa
Eine Photovoltaikanlage der Solartechnikfirma SMA Quelle: dpa
Euroscheine stecken in einem Stromverteile Quelle: dpa

Helfen, wenn auch nicht im globalen Maßstab, würde dem Bundeshaushalt allemal die Eindämmung der letzten Endes grün motivierten Steuerverschwendungen, für deren ideologische Steckenpferde. Und grüne Politik ist in Wahrheit ein einziges ideologisches Steckenpferd. Stichwort: eine ideologisch überdehnte Energiewende, eine ideologische überdehnte Bildungsrevolution, eine ideologisch überdehnte Zuwanderungspolitik, eine ideologisch überdehnte Justiz, eine ideologisch überdehnte Genderpolitik. Und so weiter.

Die Katze namens Sozialismus aus dem Sack lassen


Die wichtigsten Entscheidungen zum Euro 2012
Frankreich verliert BonitätFrankreich verliert am 14. Januar seine Bestnote als Schuldner bei Standard & Poor's. Nun wird immer klarer, dass allein Deutschland unter den großen Eurozonen-Ländern als Stabilitätsanker zu sehen ist. Quelle: REUTERS
FiskalpaktBeim EU-Gipfel in Brüssel unterzeichnen 25 der 27 EU-Länder am 2. März 2012 den von Deutschland und Frankreich durchgesetzten Fiskalpakt. Der sieht unter anderem eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild vor, die vom Europäischen Gerichtshof überprüft wird. In der Regel darf die Neuverschuldung demnach konjunkturbereinigt 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten. Aber: Die Schuldengrenze ist weniger streng als die des Bundes. Für Berlin darf das jährliche Staatsdefizit in Normalzeiten ab 2016 nur noch bei 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen. Quelle: dpa
SchuldenschnittAm 12. März 2012 wird der sogenannte Schuldenschnitt für Griechenland fällig. Über 96 Prozent der Unternehmen, meist Banken, die Griechenland-Anleihen halten, verzichten auf einen Großteil ihrer Forderungen – mehr oder weniger freiwillig. Griechenland ist damit noch längst nicht gerettet. Die Schuldenquote steigt schnell wieder und viele der Gläubiger klagen vor Gericht. Quelle: dapd
Hollande gewähltAm 6. Mai 2012 wählen die Franzosen Francois Hollande zu ihrem Staatspräsidenten. Das Duo "Merkozy" ist damit Geschichte. Hollande hatte sich offen gegen das Merkelsche "Spardiktat" ausgesprochen. Seine sozialistischen Versprechen erweisen sich bald als unhaltbar. Quelle: dpa
Merkel erpresstEklat beim EU-Gipfel am 30. Juni 2012 : Italien und Spanien ziehen alle Register, um Europa ihre Politik aufzuzwingen. Mit Erfolg. Künftig sollen Krisenländer den Euro-Rettungsschirm ohne verschärftes Anpassungsprogramm anzapfen dürfen. Quelle: dpa
Unbegrenzter Anleihenkauf der EZBAm 6. September gibt die EZB bekannt, dass sie im Notfall unbegrenzt Anleihen von finanziell angeschlagenen Euro-Staaten kaufen will, um die Zinsen für die Regierungen in Rom und Madrid drücken. Sie finanziert damit indirekt Staaten – was ihr eigentlich strikt verboten ist. Eine neue Ära der europäischen Geldpolitik beginnt. Der Bundesbankpräsident ist gescheitert. Quelle: dapd
Bundesverfassungsgericht entscheidet Am 12. September entscheidet das Bundesverfassungsgericht - im Bild Präsident Andreas Vosskuhle - über die deutsche Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Sie ist rechtens, solange es bei der Haftungsobergrenze von 190 Milliarden Euro bleibt und das auch völkerrechtlich fixiert wird. Die Kläger, darunter der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, sehen das zumindest als Teilerfolg. Quelle: REUTERS

Der Kapitalismus lebte immer davon, dass die Menschen unterschiedlich reich oder arm sind und aus diesem Grunde bedarf der Kapitalismus deswegen einer permanenten sozialen Korrektur. Der Kommunismus ist dagegen immer neu zum Tode verurteilt, weil er alle arm macht und den Wirtschaftskreislauf abwürgt. Das Gleiche gilt für den grün lackierten Sozialismus.
Die schwächelnden Volkswirtschaften im Euro-Süden und deren schwächelnden Banken, die, vorübergehend "gerettet" jetzt schon wieder dort weiter machen, wo sie vor der Weltwirtschafts- und der Eurokrise aufhören mussten, jetzt weiter mit (unverdientem) Geld zuschütten zu wollen, ist weder solide Wirtschaft-oder Finanzpolitik noch solide Solidaritätspolitik. Hier zeigt sich, dass die ökologische Besserwisser- und teils auch Besserverdienerpartei immer noch von ihren alten kryptokommunistischen Ideen besessen ist. In Deutschland umverteilen und in Europa umverteilen, und das alles ohne die Katze (den sozialistischen Ursprung dahinter) aus dem Sack zu lassen, von der die Grünen selber nicht wissen, dass sie drin steckt, ist ökonomisch gesehen ein sinnloses Unterfangen. Die grünen "Umverteilungspläne" sind nicht das Produkt rationaler Überlegung, sondern wie das Meiste, was grün ist, nur Emotion, Lebensgefühl oder Duftmarke. Die Grünen kennen nur Wohlstand, in dem sie sich fett gefressen haben, und wissen nicht recht, dass Wohlstand verdient werden muss.


Ratlose Gesellen
Es herrscht also eine ausgesprochen unangenehme ökonomische Großwetterlage, wenn weder die konservative Regierung noch die grün-rote Alternative über die jetzt gefragte Kompetenz zu verfügen scheinen die Eurokrise zu lösen und den weltwirtschaftlichen Gefahren zu begegnen.
Es ist erschütternd, aber es scheint die Realität zu sein, der man ins Auge sehen muss: Die Währungs- und die Staatenlenker sind ratlose Gesellen, die in Aktionismus und Zweckoptimismus machen. Sie schauen dem globalen Geschehen, das sich verselbstständigt hat, hilflos zu, blockieren sich gegenseitig, bemühen sich nicht mit echter Redlichkeit, sondern vernebeln das ganze Geschehen mit irgendwelchen politischen Ablenkungsmanövern. In Europa ist dies besonders gut zu beobachten, in dem plötzlich von "Nie wieder Krieg" und dem "europäischen Einheitsstaat" und historischer Zwangsbeglückung in gefährlicher Weise herum gezündelt wird. Und dies alles so, als seien die fünfzig erfolgreichsten Jahre Europas vor der Einführung des Euro nicht existent und als wäre der europäische Gedanke nicht längst irreversibel.
Falsches Anspruchsdenken dämpfen, Leistungswillen steigern
Wer eine Wirtschafts-und Finanzkrise meistern will, muss nicht mit politischen Fackeln und Nebelkerzen großtuerisch herumfuchteln, sondern bei der Sache bleiben. Es gibt keine einfachen Lösungen für den Euro, für die Staatsschuldenkrisen, für die Bankenkrisen und auch nicht für die Volkswirtschaften, die nicht erfolgreich genug wirtschaften, um eigene Defizite ganz locker auszugleichen.

Es bräuchte eigentlich eine vernünftige und faire Weltregierung, die es allerdings nicht geben kann und die noch grausiger wäre, als das, was jetzt an Krisen bevorstehen könnte. Deswegen bleibt nur Raum dafür, wo immer es geht, Werbung dafür zu machen, dass die Wirtschafts-und Finanzkrisen, besonders auch im Euro-Raum entpolitisiert, entideologisiert und entdogmatisiert werden und die Politik sich darauf konzentriert, falsches Anspruchsdenken zu dämpfen und den Leistungswillen zu steigern. Das ist der einzige Weg, wie sich Euro-Krisenländer am eigenen Schopf hochziehen können.
Wenn die Südstaaten durch die Einführung einer eigenen Währung Unterstützung auf dem Weg zur wirtschaftlichen Erholung erfahren, sollte man ihnen einen solchen Weg nicht verbauen. Sinnloser Zentralismus, sinnlose Gleichsetzerei ist das Letzte, was auf dem Weltmarkt Sinn macht. Falsche Gleichsetzerei ist auch kein moralischer Wert, sondern ein moralischer Unwert. Individuelle, regionale, differenzierende Lösungsansätze sind gefragt und kein globalistisches oder paneuropäisches Großmannsgetue.

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