Die 63-Jährige gilt als Grande Dame der Finanzwelt. Seit 2011 ist sie – nach dem unrühmlichen Abgang ihres Landsmannes Dominique Strauss-Kahn – die erste Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit Sitz in Washington. Ihr Amt trat sie inmitten der Euro-Schuldenkrise an.
In Griechenland weckt ihr Name einige Antipathien. Das pleitebedrohte Land wurde zwischen 2010 und 2018 mit milliardenschweren internationalen Krediten gestützt, an denen auch der IWF beteiligt war. Viele Menschen in dem Land warfen Lagarde allerdings vor, dafür zu strenge Auflagen und Bedingungen diktiert zu haben.
Bevor sie 2005 in die Politik ging, leitete die frühere Synchronschwimmerin eine der größten Kanzleien der Welt mit rund 4000 Anwälten. Für den Job pendelte Lagarde zwischen Büros in Hongkong, Chicago und Paris. Ihre zwei Kinder sah sie oft nur am Wochenende. Die Ehe wurde geschieden.
In die Politik kam sie 2005 zunächst als beigeordnete Ministerin für Außenhandel. 2007 machte der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy die gelernte Juristin und Amerikanistin zur Wirtschafts- und Finanzministerin. Lagarde galt dabei als gut vernetzte, geschickte Verhandlerin. Sie selbst bezeichnete sich einmal als „Arbeitstier“.
In der Vergangenheit musste sie sich allerdings auch mit unschönen Schlagzeilen herumschlagen. Ein Pariser Gericht urteilte 2016, dass sie in ihrer Zeit als französische Finanzministerin fahrlässig im Amt gehandelt habe. Der Gerichtshof der Republik sprach sie schuldig, verhängte aber keine Strafe. Lagarde habe eine Veruntreuung öffentlicher Gelder ermöglicht. Sie selbst hatte beteuert, nach bestem Gewissen gehandelt zu haben.
In der jüngeren Vergangenheit äußerte sich Lagarde immer wieder zur Wirtschafts- und Finanzpolitik von US-Präsident Donald Trump. So zeigte sie sich im April besorgt über die Unabhängigkeit von Notenbanken. Trump hat sich in die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve eingemischt.
Das neue Führungspersonal der EU
Für Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen wird es auch eine Heimkehr, wenn sie den Chefposten in der EU übernimmt: Die heute 60-Jährige kam in Brüssel zur Welt und spricht fließend Englisch wie Französisch. Als Tochter des niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht war von der Leyens Leben schon früh von der Politik bestimmt. Ihr Medizinstudium schloss sie 1987 ab, sie bekam sieben Kinder und lebte einige Jahre in Kalifornien, wo ihr Mann Heiko an der Stanford-Universität unterrichtete. In die Politik kam von der Leyen, die als extrem diszipliniert und harte Arbeiterin gilt, erst spät, mit 42 Jahren. Sie wurde 2005 zunächst Familien-, 2009 dann Arbeitsministerin. Ihr jetziges Amt in Berlin übernahm sie 2013. Ihre Amtszeit in der Kommission wären fünf Jahre.
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, soll die erste Frau an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) werden. Die gebürtige Pariserin, die aus bürgerlichen Verhältnissen stammt und in Le Havre aufwuchs, ist es als frühere französische Finanzministerin und Leiterin einer der einflussreichsten internationalen Institutionen gewöhnt, sich Gehör zu verschaffen. Die 63-jährige gilt als durchsetzungsfähig und mit einem kühlen Kopf ausgestattet. Ihre Amtszeit sind acht Jahre.
Neuer Präsident des Europäischen Parlaments wird der Italiener David-Maria Sassoli. Der Sozialdemokrat wurde am Mittwoch in Straßburg mit der nötigen Mehrheit der Abgeordneten für die nächsten zweieinhalb Jahre gewählt. Danach soll ein Christdemokrat das Amt bekommen, möglicherweise der Deutsche Manfred Weber (CSU). Das wird aber erst zum Ende von Sassolis Amtszeit entschieden. Der 63-jährige Journalist aus Florenz sitzt seit zehn Jahren in der europäischen Volksvertretung in Straßburg. Sassoli erinnerte in seiner Antrittsrede an die Grundwerte der EU. Die Europäische Union befinde sich in einem epochalen Wandel, sagte er. Die Grundwerte müssten verteidigt werden - „innerhalb und außerhalb der EU“.
Der amtierende belgische Ministerpräsident Charles Michel der liberalen Partei Mouvement Reformateur (MR) trat im Dezember mit seiner Minderheitsregierung wegen eines drohenden Misstrauensvotums zurück. Seit der Wahl im Mai gelang es dem 43-jährigen nicht, eine neue Regierungskoalition zu bilden. Seitdem ist der studierte Jurist aus dem französischsprachigen Teil Belgiens auf Jobsuche. In seiner Karriere war Michel meist der Jüngste: Er stieg im Alter von 18 Jahren in die Lokalpolitik ein, errang mit 23 einen Sitz im nationalen Parlament und wurde mit 38 Ministerpräsident. Politik liegt in der Familie: Sein Vater Louis war EU-Kommissar für Entwicklung. Die Amtszeit von Charles Michel liegt bei fünf Jahren.
Josep Borrell ist ein spanischer Politiker und Parteifreund des sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez. Der 72-jährige war von 2004 bis 2007 Präsident des Europäischen Parlaments und bis 2009 einfacher Abgeordneter. Bei der Auseinandersetzung um die Unabhängigkeit Kataloniens war er einer der entschiedensten Verteidiger der Einheit Spaniens. Er studierte an der Universität Madrid Luftfahrttechnik und promovierte später in Wirtschaftswissenschaften. In seiner neuen Rolle wird er auch Vizepräsident der Kommission werden. Seine Amtszeit sind fünf Jahre.
EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, er sei absolut sicher, dass sie eine „sehr unabhängige“ EZB-Präsidentin werde. Der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sagte, Lagarde sei „sicherlich in der Lage, die unterschiedlichen nationalen Interessen und Perspektiven in der Währungsunion auszubalancieren“. Lagarde habe außerdem „genug politisches Gewicht, um die Unabhängigkeit der EZB gegen politische Übergriffe zu verteidigen“, sagte Fuest dem „Handelsblatt“.
Die endgültige Entscheidung für die Amtsübernahme ab 1. November ist aber noch nicht gefallen. Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen unter anderem noch mit dem Europaparlament beraten, bevor sie abschließend abstimmen.