Brexit Ist ein bilateraler Vertrag mit Irland Mays Lösung?

Brexit: Ist ein bilateraler Vertrag mit Irland Mays Lösung? Quelle: REUTERS

Ihr „Plan A“ für den Brexit ist gescheitert. Jetzt will Großbritanniens Regierungschefin Theresa May dem Parlament am Montag einen „Plan B“ vorlegen. Die oppositionelle Labour-Partei fordert derweil stoisch Neuwahlen.

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In London wird hartnäckig nach einem Weg gesucht, um ein ungeregeltes Ausscheiden Großbritanniens aus der EU Ende März abzuwenden. Viel Zeit dafür ist nicht mehr. Die britische Premierministerin Theresa May war im Unterhaus mit ihren Vorstellungen zum EU-Austritt gescheitert, hatte anschließend aber einen von der Oppositionspartei Labour eingebrachten Misstrauensantrag überstanden. Nun will May am Montag ihren „Plan B“ darlegen. Doch wie könnte der aussehen?

Einem britischen Medienbericht zufolge peilt May peilt einen bilateralen Vertrag mit Irland an, um das Brexit-Abkommen doch noch durch das Parlament zu bringen. Mit dem Schritt wolle May die umstrittene Backstop-Vereinbarung im Scheidungsabkommen mit der EU aushebeln, berichtete die „Sunday Times“. Mays Berater seien der Auffassung, dass die Regierungschefin damit die Unterstützung für ihren Brexit-Plan von der nordirischen Partei DUP und von rebellischen Abgeordneten ihrer eigenen konservativen Partei gewinnen könnte. Die DUP unterstützt Mays Minderheitsregierung.

Schon jetzt hat die oppositionelle Labour-Partei allerdings ihre Forderung nach Neuwahlen erneuert. „Die Misstrauensabstimmung am Mittwoch war erst der Anfang der Labour-Bemühungen um eine Neuwahl – nicht das Ende“, sagte der Brexit-Schattenminister Labours, Keir Starmer, am Samstag in London. Eine Neuwahl sei der einzige Weg, „den radikalen Wandel einzuleiten, den diese Land braucht“. May lehnt die Option einer Neuwahl bisher ab und betont, sie suche den Konsens aller Parteien.

Bundeskanzlerin Angela Merkel versicherte, bis zum letzten Tag an einer vertraglichen Lösung arbeiten zu wollen. „Aber natürlich haben wir zu respektieren, wenn Großbritannien nicht weiter Mitglied der Europäischen Union sein will“, sagte sie am Samstag beim Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommerns in Rostock. Dennoch müsse das Land ein enger Partner Europas bleiben.

In Großbritannien erscheint die Möglichkeit eines Gangs an die Wahlurnen nicht ganz abwegig. Drei Mitglieder von Mays Kabinett hatten der „Financial Times“ (Freitag) gesagt, dass eine Neuwahl denkbar sei. Regierungsmitarbeitern zufolge wurden in der vergangenen Woche Notfallpläne dafür diskutiert.

Ob eine Neuwahl der Labour-Partei nützen würde, ist allerdings unklar. Laut einer unveröffentlichten Umfrage einer EU-freundlichen Lobby-Gruppe, die dem „Guardian“ zugespielt wurde, würde Labour etwa mit einer klaren Parteinahme für einen Verbleib Großbritanniens in der EU keine Wähler hinzugewinnen. Bislang ist die Position Labours zum Brexit schwammig, insbesondere die des Vorsitzenden Jeremy Corbyn. Rund ein Drittel aller Befragten gab demnach sogar an, weniger geneigt zu sein, Labour zu wählen, sollte die Partei den Brexit stoppen wollen.

Für die Erhebung der Meinungsforscher von Populus wurden 2000 Wahlberechtigte gefragt, ob eine Ablehnung des Brexits es mehr oder weniger wahrscheinlich mache, dass sie Labour wählten. Die Umfrage war laut der Zeitung noch vor der Brexit-Abstimmung im britischen Unterhaus in Auftrag gegeben worden.

Bei der Abstimmung am Dienstag hatten die Abgeordneten den von der EU und Großbritannien ausgehandelte Austrittsvertrag klar abgelehnt. Einer Misstrauensabstimmung im Unterhaus hielt die Premierministerin tags darauf aber stand.

Die SPD-Spitzenkandidatin zur Europawahl, Katarina Barley, plädierte für ein Zugehen der EU auf Großbritannien. An dem Abkommen selbst würde sie zwar nichts mehr verändern, sagte die Justizministerin im Interview der Woche des Deutschlandfunks (Sendung Sonntag). Aber in Verfahrensfragen könne die EU „sehr wohl noch einige Schritte auf die Briten zugehen“.

Auch der frühere Außenminister Sigmar Gabriel fordert von der EU Bewegung. „Aus meiner Sicht birgt das bloße Zuschauen das größte Risiko“, sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag). Beide sprachen sich für ein zweites Referendum aus, mit dem die Briten über die konkrete Ausgestaltung des EU-Austritts oder einen vollen Verbleib in der Union entscheiden können.

Der konservative ehemalige britische Premierminister John Major forderte von May eine freie Abstimmung über alle Alternativen im Parlament. Das Patt im Unterhaus könne nur überwunden werden, wenn May einen mehrheitsfähigen Vorschlag mache, sagte Major dem Sender BBC am Samstag. Dazu müsse sie die Positionen der Abgeordneten kennen. Im „nationalen Interesse“ müsse May auch bereit sein, ihre „roten Linien“ aufzugeben und substanzielle Änderungen an der mit Brüssel vereinbarten Regelung zu machen, sagte Major. Schönheitsreparaturen seien nach der klaren Ablehnung ihres Vorschlags im Parlament nicht genug. Einen ungeordneten Austritt Großbritanniens aus der EU sei „das schlechteste aller Ergebnisse“.

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