Brexit Theresa Mays Zeit ist vorbei

Mays Zeit ist vorbei. Quelle: dpa

Das zentrale politische Projekt der britischen Premierministerin ist nun offenbar endgültig gescheitert. Die Krise, in der Großbritannien steckt, ist vor allem ihre Schuld. Jetzt muss es Neuwahlen geben.

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Eine bekannte Definition von Wahnsinn lautet, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. So gesehen war Theresa Mays Entscheidung, das Unterhaus des Parlaments in London am Freitag ein weiteres Mal über ihren (diesmal etwas abgespeckten) Brexit-Deal abstimmen zu lassen, bemerkenswert genug. Schließlich haben die Abgeordneten schon zwei Mal mit überwältigender Mehrheit dagegen gestimmt.

Dass May auch beim dritten Anlauf unterliegen würde, war daher zu erwarten. Mays Entscheidung, es trotzdem noch einmal zu versuchen, zeugt allerdings nicht unbedingt von Verwirrung. Vielmehr verdeutlichte der Versuch, wie unbelehrbar - und im Herzen wohl auch: autoritär - die britische Premierministerin ist.

Spätestens jetzt ist klar, dass May nicht in der Lage ist, das Land aus der Krise zu führen, für die sie in großen Teilen selbst verantwortlich ist. Theresa May sollte Neuwahlen ausrufen und so bald wie möglich von ihrem Posten zurücktreten. Großbritannien sollte die EU so bald wie möglich um einen langen Aufschub des Brexit-Termins bitten.

So weit hätte es nicht kommen müssen. Theresa May hätte nach ihrer Ernennung zur Premierministerin im Juli 2016 das Parlament darüber abstimmen lassen können, welche Art von Brexit sie anstreben soll. Doch das hat sie nicht getan. Stattdessen hat sie alles daran gesetzt, die Abgeordneten so weit wie möglich aus dem Brexit-Prozess herauszuhalten. Dabei berief sie sich immer wieder darauf, sie handele gemäß dem „Willen des Volkes“.

Auch den Brexit-Kurs legte sie eigenmächtig fest. Während ihrer Zeit als Innenministerin von 2010 bis 2016 schien Theresa May vom Thema Einwanderung besessen zu sein. Daher kam es nicht überraschend, als sie das Thema auch beim Brexit ins Zentrum ihrer politischen Erwägungen erhob. May entschied schon früh, dass EU-Bürger in Zukunft nicht länger ein Recht darauf haben dürften, nach Großbritannien zu ziehen. Anfang 2017 erklärte May, dass Großbritannien auch die Zollunion und den Binnenmarkt verlassen werde. Auch die EU-Gerichte (mit denen May als Innenministerin häufig Streit hatte) sollten nach dem Brexit ihre Gerichtsbarkeit über Großbritannien verlieren.


All das beschloss May ohne Rücksprache mit dem Parlament, der Opposition oder den Regionalregierungen von Nordirland, Schottland und Wales. Auch auf die 48 Prozent der Briten, die beim EU-Referendum für einen Verbleib in der EU gestimmt haben und die man heute zu schnell vergisst, nahm May keine Rücksicht. Dass die Abgeordneten nun zum dritten Mal gegen Mays Deal gestimmt und ihren Brexit-Kurs somit hoffentlich beerdigt haben, war daher nur konsequent.

Dass es anders hätte gehen können, haben die Abgeordneten diese Woche bewiesen. Anfang der Woche beschlossen sie gegen den Widerstand der Regierung, in Testabstimmungen zu sondieren, für welche Art von Brexit es im Unterhaus eine Mehrheit geben könnte. Bei den Abstimmungen am Mittwoch dann setzte sich zwar zunächst keine der acht vorgeschlagenen Varianten durch. Der Vorschlag, einen Brexit anzustreben, bei dem das Land in einer Zollunion mit der EU verbleibt, unterlag dabei nur ganz knapp. Am Montag sollen die Testabstimmungen in die zweite Runde gehen.

Neuwahlen würden einer neuen Regierung ein Mandat dafür geben, das Land aus der Brexit-Krise zu führen. Doch die neue Regierung dürfte nicht versuchen, wieder über die Köpfe der Abgeordneten (und somit der Menschen, die sie gewählt haben) hinweg zu entscheiden. Sonst würde das Land nur wieder auf die nächste Krise zusteuern.

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