Brexit Dieser „Plan B“ verdient nur die Note mangelhaft

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„Unsere Partei droht von Mays Europa-Trauma zerrissen zu werden“

Das Karfreitagsabkommen neu zu verhandeln wäre gefährlich – erst vor wenigen Tagen explodierte im nordirischen Londonderry eine Autobombe – und wahrscheinlich unmöglich: Obwohl die Waffen schweigen, sind die Fronten zwischen Nordirlands Parteien noch immer verhärtet.

Davon abgesehen dürfte sich auch die EU nicht auf bilaterale Abmachungen zwischen Dublin und London verlassen, wenn es um die neue Außengrenze der EU geht. Schließlich hatte May in den letzten Tagen ihre roten Linien noch einmal nachgezogen und bestätigt: mit dem Brexit werde Großbritannien den Binnenmarkt und die Zollunion verlassen.
Nur aus Parteiraison bleibt sie hart und verhindert damit den einzig möglichen Kompromiss, der das Backstop-Dilemma auflösen könnte. Ein zweites Referendum dürfe es nicht geben, weil dies die soziale Kohäsion Großbritanniens gefährden würde und eine Verschiebung des Brexits sei ebenfalls nicht wünschenswert. Eine Fristverlängerung würde gegen den Geist des Referendums verstoßen und eine zweite Volksabstimmung einen ernsten Präzedenzfall im Hinblick auf die Unabhängigkeitsbestrebungen bestimmter britischer Regionen schaffen, sagte sie unter Anspielung auf das schottische Referendum im Jahr 2014.

Das Votum im Unterhaus über den Plan B am 29. Januar werde nicht entscheidend sein, erklärte May am Montag plötzlich. Stattdessen machte sie viele Versprechen im Hinblick auf die nächste Phase der Verhandlungen mit der EU. In ihr will sie sich dann nicht nur vermehrt mit den Oppositionsparteien, sondern auch mit Vertretern der Wirtschaft und der Gewerkschaften beraten. Doch diese Versprechen sind wenig verbindlich.

„Unsere Partei droht von ihrem Europa-Trauma zerrissen zu werden“, warnte der Tory-Hinterbänkler Stephen Crabb, der zum gemäßigten Flügel der Tories zählt. Er sei inzwischen deutlich pessimistischer als noch vor einer Woche, was die Möglichkeit betreffe, dass May doch noch ein Abkommen durchs Parlament bekomme.

Der Erz-Brexitier Jacob Rees Mogg, der einen No-Deal-Brexit propagiert, bei dem ab April im Handel mit der EU die Regeln der Welthandelsorganisation WTO gelten würden, sieht sich inzwischen fast am Ziel. Er halte dieses Szenario nun für sehr wahrscheinlich, sagt er dem Sender LBC auf die Frage, wie er die Chancen eines ungeregelten No-Deal-Brexits einschätze.
Allerdings übersieht er dabei, dass eine Mehrheit im Parlament genau das verhindern will. Die einflussreichen Labour-Hinterbänkler Hilary Benn und Yvette Cooper drohen einen Antrag ins Parlament zu bringen, der eine Verlängerung der Ausstiegsfrist nach Artikel 50 vorsieht, falls bis Ende Februar keine konsensfähige Lösung verabschiedet worden sei. Auch der Tory-Hinterbänkler Dominic Grieve will mit einem eigenen Antrag einen No-Deal-Brexit verhindern.
Bis zum offiziellen Brexit-Termin am 29. März bleiben allerdings nur noch 35 Sitzungstage.

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