Die britischen Konservativen gehen mit zwei Frauen in die Stichwahl um die Nachfolge von Regierungschef David Cameron. In der Unterhausfraktion der Tories erhielten Innenministerin Theresa May und Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom am Donnerstag die meisten Stimmen in der zweiten Abstimmungsrunde um die Spitzenkandidatur.
In der Fraktionsabstimmung erhielt Innenministerin May 199 Stimmen, Energiestaatssekretärin Leadsom 84. Die Siegerin wird nach Margaret Thatcher die zweite Premierministerin des Königreichs. Thatcher hatte von 1979 bis 1990 regiert.
May bedankte sich unmittelbar nach der Abstimmung für die breite Unterstützung. „Dieses Votum zeigt, dass die Konservative Partei zusammenfinden kann – und unter meiner Führung wird sie das tun.“
Die Kandidatinnen
Die Innenministerin gewann die ersten Wahlrunden deutlich. Die 59-jährige Tochter eines Vikars der Anglikanischen Kirche startete ihre Karriere nach einem Oxford-Studium an der Bank of England. 1997 wurde sie ins Parlament gewählt. Fünf Jahre später stieg sie zur ersten Vorsitzenden der Tories auf, nachdem sie sich um die Reform der Partei verdient gemacht hatte. Anerkennung erwarb sie sich auch mit der Leitung des Innenministeriums seit nun sechs Jahren - seit Hundert Jahren ist sie damit die am längsten an einem Stück amtierende Innenministerin in dem als schwierig geltenden Ressort. May warb in der Brexit-Kampagne für einen Verbleib in der EU und versuchte sich nach dem Votum der Bürger als Brückenbauerin zwischen Gegnern und Anhängern eines Austritts zu positionieren. Das Ergebnis des Referendums will sie nicht anfechten: "Brexit bedeutet Brexit", sagte sie unmissverständlich. Es dürfe keine Versuche geben, doch noch in der EU zu bleiben. Auch ein zweites Referendum dürfe es nicht geben.
Die Energie-Staatssekretärin und Brexit-Befürworterin arbeitete nach ihrem Studium der politischen Wissenschaften an der Warwick Universität 25 Jahre lang im Bankensektor. Die 53-Jährige war unter anderem für Barclays und als Fondsmanagerin für Invesco Perpetual tätig. 1995 half sie dem Chef der Bank of England, Eddie George, bei der Abwehr der Folgen des Kollapses der Barings Bank. 2010 wurde sie Abgeordnete und arbeitete zunächst in gehobener Stellung im Finanzministerium. "Ich sehe große Chancen durch den Ausgang des Referendums", twitterte Leadsom. Großbritannien könne viel besser in der Welt dastehen. Sie hat sich für rasche und kurze Brexit-Verhandlungen ausgesprochen.
Der dritte verbliebene Kandidat, Justizminister Michael Gove, schied mit den wenigsten Stimmen aus. May hatte schon die erste Runde des Kandidatenrennens in der konservativen Unterhausfraktion für sich entschieden.
May hatte beim Brexit-Referendum für einen Verbleib in der Union plädiert, sich aber mit ihrer Meinung im Wahlkampf demonstrativ zurückgehalten – jetzt präsentiert sie sich als Versöhnerin, die die tief gespaltene Partei einigen könnte.
Dagegen trat Leadsom für den Austritt ein und betonte, nur ein Brexit-Anhänger könne als Regierungschef die Weichen richtig stellen. Leadsom rief am Donnerstag zu Optimismus nach dem Brexit-Votum auf. Falls die Parteibasis sie zur Nachfolgerin Camerons wählen sollte, wolle sie den gegenwärtigen Pessimismus vertreiben.
Die Nachfolgerin Camerons als Parteichefin und Premierministerin wird nun von den 150.000 Parteimitgliedern in einer Kampfabstimmung zwischen beiden Kandidatinnen ermittelt.
Cameron hatte nach dem Brexit-Votum seinen Rückzug angekündigt. Die Führungsfrage soll bis zum 9. September geklärt werden.