




Es ist ein unerwartet umfangreiches Programm, das die Europäische Zentralbank (EZB) auf ihrer vergangenen Sitzung eingeleitet hat. Trotzdem befürchten selbst dessen Befürworter, dass der geldpolitische Einstieg in das sogenannte Quantitative Easing (QE) nicht ausreicht, um in der Euro-Zone die Realeinkommen zu erhöhen, die Arbeitslosigkeit zu senken und die staatlichen Schuldenquoten zu verringern. Ich sage: Diese Angst ist durchaus berechtigt.
Sicher: Die expansive Geldpolitik und die geplanten Anleihekäufe der EZB drücken den Wechselkurs. Der schwächere Euro wird in den Ländern der Währungsunion den Export ankurbeln – der etwa zur Hälfte in externe Märkte geht – und damit das Bruttoinlandsprodukt (BIP) erhöhen. Durch die Abwertung erhöhen sich die Importpreise und damit die Inflationsrate insgesamt, was die Euro-Zone, wie von der EZB gewünscht, vor Deflation schützt.
Zinsen gedrückt
Doch reicht all dies nicht aus. Der Erfolg der quantitativen Lockerung in den USA lässt sich nicht auf Europa übertragen, denn hier ist die Ausgangslage völlig anders. Als die US-Notenbank Fed 2008 mit ihrem groß angelegten Ankauf von Vermögenswerten begann, lag der Zinssatz für zehnjährige Schatzanleihen bei fast vier Prozent. Das aggressive Ankaufprogramm und das Fed-Versprechen, die kurzfristigen Zinsen langfristig niedrig zu halten, drückten die langfristigen Zinsen auf 1,5 Prozent. Daraufhin kauften die Anleger mehr Aktien, was die Kurse in die Höhe trieb. Die niedrigen Hypothekenzinsen führten gleichzeitig zu steigenden Häuserpreisen.
Zur Person
Martin Feldstein ist Professor an der Harvard-Universität. Der renommierte US-Ökonom schreibt jeden Monat exklusiv für die WirtschaftsWoche und wiwo.de.
Beides zusammen erhöhte das Nettovermögen der privaten Haushalte allein 2013 um zehn Billionen Dollar. Der Vermögenseffekt feuerte den Konsum an, ermunterte die Unternehmen zu Investitionen und Neueinstellungen – was mehr Einkommen und noch mehr Konsumausgaben bedeutete. Ergebnis: Das reale BIP-Wachstum in den USA kletterte in der zweiten Jahreshälfte 2013 auf vier Prozent. Nach einem wetterbedingten Einbruch im ersten Quartal 2014 wuchs das BIP anschließend weiter mit einer Jahresrate von über vier Prozent.
Der Erfolg von QE in den USA spiegelte die Fähigkeit der Fed wider, die langfristigen Zinsen zu drücken. Im Gegenzug dazu sind die Langfristzinsen in der Euro-Zone aber schon jetzt extrem niedrig. Bei zehnjährigen Staatsanleihen liegen sie in Deutschland und Frankreich bei etwa 50 Basispunkten, in Italien und Spanien bei 150 Basispunkten. Der zentrale Mechanismus, der in den USA die Wirtschaft in Schwung gebracht hat, dürfte daher in der Euro-Zone kaum funktionieren.
Zusätzliche Belastung für Familien (Ehepaar mit 2 Kindern) durch die kalte Progression in dieser Legislaturperiode ab einem zu versteuerndem Jahreseinkommen* von:
2014: 1115 Euro
2015: 1447 Euro
2016: 1787 Euro
2017: 2131 Euro
Gesamt: 6480 Euro
* Basisjahr 2010 (letzte Tarifreform), Annahmen: Tarif 2014; keine Tarifänderungen 2015 bis 2017; unterstellte Inflationsraten 2011 bis 2017: (2,1 %; 2,0 %; 1,5 ; 1,5 %; 1,8 %; 1,8 %; 1,8 %); Solidaritätszuschlag ist berücksichtigt; Quelle: Deutsches Steuerzahlerinstitut des Bundes der Steuerzahler
2014: 1115 Euro
2015: 1447 Euro
2016: 1787 Euro
2017: 2131 Euro
Gesamt: 6480 Euro
2014: 663 Euro
2015: 887 Euro
2016: 1122 Euro
2017: 1366 Euro
Gesamt: 4038 Euro
2014: 298 Euro
2015: 420 Euro
2016: 543 Euro
2017: 671 Euro
Gesamt: 1932 Euro
2014: 151 Euro
2015: 230 Euro
2016: 312 Euro
2017: 400 Euro
Gesamt: 1093 Euro
Was also ist nötig, um die Wirtschaft der Euro-Zone wieder auf Vordermann zu bringen? Zunächst dürfen die Länder nicht im Vertrauen darauf, dass die Anleihekäufe der EZB ihre Probleme lösen, in ihren Reformanstrengungen nachlassen. Doch selbst wenn es Länder nicht schaffen, politische Hürden für die Umsetzung von Strukturreformen auf den Arbeits- und Produktmärkten zu überwinden, können sie eine Politik umsetzen, die die Gesamtnachfrage anregt.
Die hohen Schulden der großen Euro-Länder machen traditionelle keynesianische Strategien – also ein höheres Haushaltsdefizit durch höhere Ausgaben oder sinkende Steuern zur Ankurbelung der Nachfrage zu akzeptieren – zwar unmöglich. Doch können die Regierungen die Struktur der Steuern auf eine Weise ändern, die private Ausgaben anregt, ohne die Steuereinnahmen insgesamt zu verringern oder die Haushaltsdefizite zu erhöhen.
Jeder Euro-Staat hat es in der Hand, durch veränderte Steuervorschriften die Investitionen der Unternehmen, den Bau von Eigenheimen und den Konsum anzuregen, ohne dabei das Haushaltsdefizit zu erhöhen. Beispiel Investitionen: Steuergutschriften oder schnellere Abschreibungsmöglichkeiten senken die Investitionskosten und steigern die Kapitalrendite nach Steuern. Der hieraus resultierende Verlust an Steuereinnahmen ließe sich zum Beispiel durch eine höhere Körperschaftsteuer auffangen.
Käufe vorziehen
In ähnlicher Weise lässt sich die Eigenheimnachfrage erhöhen – indem man den Eigentümern zum Beispiel gestattet, ihre Hypothekenzinsen wie in den USA von der Steuer abzusetzen. Auch vorübergehende Steuergutschriften auf den Eigenheimerwerb dürften den Wohnungsbau ankurbeln, sodass jetzt mehr und später weniger gebaut würde. Eine schrittweise Anhebung der Mehrwertsteuer schließlich wäre ein Anreiz für die Konsumenten, Käufe vorzuziehen, bevor die Preise steigen. Die durch die höhere Mehrwertsteuer verursachte Verringerung der Realeinkommen ließe sich durch eine Kombination aus sinkenden Einkommensteuern, verringerten Sozialabgaben und erhöhten Transfers ausgleichen.
Die Euro-Staaten vermögen weder die Zinsen noch den Wechselkurs direkt zu steuern. Aber sie können ihr eigenes Steuerrecht so modifizieren, dass die heimische Nachfrage angekurbelt wird. Es liegt an den nationalen politischen Führungen, dies zu erkennen und umzusetzen.