Viele Politiker in Brüssel und Paris, aber auch einige in Berlin haben mit Spott auf die Ankündigung David Camerons reagiert, sein Volk über die EU-Mitgliedschaft abstimmen zu lassen. Aber so einfach wird man das Thema nicht mehr los. Großbritannien ist noch immer das weltweit einflussreichste Land Europas. Camerons Entscheidung wird und muss Europa verändern.
Der britische Premierminister hat seinen Schritt nicht aus freien Stücken getan. Es war die EU selbst, die ihn mit ihrer Entscheidung für die Tobin-Steuer (nun „Finanztransaktionssteuer“ genannt) provozierte. Man kann von dieser Steuer halten, was man will. Sie ist eine läppische Kleinigkeit von unklarem Nutzen – aber ein Nadelstich im Fleisch der Briten. Ihretwegen den EU-Austritt Großbritanniens zu riskieren war eine grobe Fahrlässigkeit.





Jene, die diese Steuer durchgedrückt haben, wohlwissend, dass sie damit Großbritannien reizen, haben das europäische Einigungswerk gefährdet. Nicht von ungefähr hielt Cameron seine Austrittsrede einen Tag nach dem entsprechenden Mehrheitsbeschluss der EU-Länder.
Zwei Anläufe
Es hatte zwei Anläufe gebraucht, bis Großbritannien 1973 endlich Mitglied in der Europäischen Gemeinschaft wurde. Der erste Versuch war 1963 an Frankreichs Veto gescheitert. Deutschland hatte sich seinerzeit für den Beitritt stark gemacht, weil es darin ein Mittel sah, die merkantilistischen Absichten der Franzosen, die der deutschen Industrie nur hätten schaden können, abzublocken.
Außerdem war klar, dass die EU ohne Großbritannien niemals die politische Position in der Welt würde einnehmen können, die man anstrebte. Es hat seitdem zur deutschen Staatsräson gehört, Großbritannien fest in das europäische Einigungswerk einzubinden. Soll das nun nicht mehr gelten?