
Die Ökonomie ist eine schwierige Wissenschaft. Seriöse Ökonomen kommen schnell zu einer gemeinsamen Meinung bezüglich der Korrektheit von Argumenten für oder gegen eine wirtschaftspolitische Entscheidung. Sie unterscheiden sich aber bei der Gewichtung dieser Argumente, denn dabei kommt es auf subjektive Einschätzungen an, die aufgrund unterschiedlicher Lebenserfahrung und unterschiedlicher fachlicher Expertise stark variieren. Da bei einer wirtschaftspolitischen Entscheidung viele Argumente eine Rolle spielen, sind Meinungsunterschiede bei der Gesamtbeurteilung an der Tagesordnung - obwohl die Ökonomen viele Argumente im Einzelnen teilen.





So ist es auch mit dem OMT-Programm der Europäischen Zentralbank (EZB), also der Ankündigung, Staatspapiere der Krisenländer zu kaufen, wenn diese Staaten in größere Schwierigkeiten geraten. Dieses Programm stellt einen kostenlosen Versicherungsschutz der Staatengemeinschaft zulasten der Steuerzahler dar, die etwaige Abschreibungsverluste auf die von der EZB erworbenen Papiere tragen müssen. Das ist der unter guten Ökonomen unstrittige Sachverhalt.
Zinsen gesunken
Unstrittig ist auch, dass dieses Programm die Märkte beruhigt, die Gefahr eines Euro-Kollapses reduziert, die Zinsen der Krisenländer gesenkt und damit Anreize gesetzt hat, die Verschuldung zu erhöhen. Aber hier hört die Gemeinsamkeit auf. Während die einen die Beruhigung der Kapitalmärkte und die sinkende Gefahr eines Euro-Kollapses für das überragende Ziel halten, finden andere den Fehlanreiz, weitere Schulden aufzubauen, gefährlicher und gewichten auch das Gerechtigkeitsproblem höher, das darin besteht, dass die Steuerzahler die Anleger ungefragt und kostenlos versichern sollen.
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In einer solchen Situation mag es sinnvoll sein, mittels einer Umfrage unter Ökonomen die Dominanz einer Position zu dokumentieren, wie es meine Kollegen Fratzscher, Portes, Weder di Mauro und Wyplosz mit ihrem Aufruf zur Unterstützung der EZB versucht haben. Immer wieder hat es ja ähnliche Aufrufe gegeben. So etwa die beiden von Walter Krämer und Frank Heinemann vor einem Jahr initiierten Ökonomenaufrufe zur Bankenunion, aus der sich ergab, dass 480 deutschsprachige Fachökonomen eine Rekapitalisierung konkursreifer Banken durch Verzichte der Gläubiger statt durch Hilfen der Steuerzahler vorschlagen.