
Die konservative UMP hat die Départementswahlen in Frankreich am Sonntag klar gewonnen. Für die regierenden Sozialisten von Präsident François Hollande geriet die Abstimmung angesichts der maroden Wirtschaftslage und der hohen Arbeitslosigkeit zum Debakel. Der rechtsextreme Front National holte ein vergleichsweise starkes Ergebnis, konnte jedoch kein Département erringen.
Teilergebnissen zufolge wird die UMP von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy die Kontrolle in 66 bis 70 der insgesamt 98 Départements übernehmen. Die regierenden Sozialisten von Präsident François Hollande verloren hingegen die Vorherrschaft in der Hälfte der bisher von ihnen gehaltenen Räte. Das Innenministerium teilte später mit, auf die UMP seien nach Auszählung von 66 der 90 Regionen 46 Prozent der Stimmen entfallen, auf die Partei von Hollande 34 Prozent.
Woran Frankreich krankt
In Frankreich sticht die ungünstige Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit hervor. Auch deshalb ist der Weltmarktanteil des Exportsektors des Landes deutlich gesunken; die Leistungsbilanz hat sich seit Beginn der Währungsunion kontinuierlich verschlechtert– von einem Überschuss von 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu einem Defizit von zuletzt etwa 2 Prozent. Im Durchschnitt der zurückliegenden drei Jahre hat Frankreich damit das höchste Leistungsbilanzdefizit aller Kernländer aufgewiesen. Im „Global Competitiveness Report 2012-2013“ belegt Frankreich damit nur Rang 21 von insgesamt 144 Ländern. Im Jahr 2010 wurde es mit Rang 15 noch deutlich besser bewertet.
Quelle: Frühjahrsgutachten der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute; Commerzbank
Die Lohnstückkosten sind seit 1999 um 30 Prozent gestiegen. Die Lage heute: Während eine Arbeitsstunde deutsche Arbeitgeber 30,40 Euro kostet, fallen westlich des Rheins 34,20 Euro an. Typisch für den Niedergang sind die Autobauer. „Hier verdichten sich die Probleme Frankreichs“, sagt Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Das Land produziere 40 Prozent weniger Kraftfahrzeuge als 2005, Deutschland dagegen 15 Prozent mehr.
Die wirtschaftliche Entwicklung lässt kaum eine deutliche Reduzierung der Arbeitslosigkeit und der öffentlichen Verschuldung erwarten. Die Arbeitslosigkeit dürfte auf einem hohen Niveau jenseits von 10 Prozent verharren.
Noch wird die Schuldentragfähigkeit von den Anlegern nicht in Frage gestellt. Die öffentliche Verschuldung Frankreichs hat sich aber seit der Großen Rezession deutlich erhöht. Zwischen 2008 und 2012 stieg die Schuldenstandsquote um rund 25 Prozentpunkte auf über 90 Prozent. Im Jahr 2013 lag die Defizitquote mit 4,3 Prozent weiterhin deutlich über den Maastricht-Kriterien. Und auch für das Jahr 2014 wird eine diesen Wert überschreitende Quote erwartet. Damit steigt die öffentliche Verschuldung weiter.
Die private Verschuldung ist in Frankreich weniger stark gestiegen und liegt auf einem deutlich geringeren Niveau als z. B. in Irland, Spanien und Portugal. Dennoch ist Frankreich das einzige der ausgewählten Länder, in dem die private Verschuldung auch seit 2009 noch merklich zunimmt.
Premierminister Manuel Valls räumte den Sieg der UMP ein. „Es ist nicht abzustreiten“, sagte er am Abend. Er machte die Zersplitterung des linken Lagers, aber auch seinen Aufruf zur Abstimmung gegen den Front National für die eigene Niederlage verantwortlich. Er hatte nach der ersten Runde der Wahl in der vergangenen Woche alle Wähler aufgefordert, in der Stichwahl gegen die FN-Kandidaten zu stimmen, auch wenn ihre Stimme damit an einen Konservativen ginge.
Ex-Präsident Sarkozy erklärte, die Rechte würde nach der Bestätigung durch die Wahl die Wachablöse vorbereiten und den Absturz Frankreichs durch den Sozialismus wieder rückgängig machen. Den Sozialisten warf er „Lügen, Leugnung und Unvermögen“ vor.
Die Sozialisten bekamen mit dem Wahlergebnis den Denkzettel für ihre nach Ansicht vieler Franzosen fehlgeschlagene Wirtschaftspolitik. Ihnen ist es nicht gelungen, die Konjunktur anzukurbeln und mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Die konservative UMP hofft deshalb auch auf nationaler Ebene auf ein Comeback.
Beide Parteien fürchten aber den Aufstieg des FN, der mit seinen ausländerfeindlichen Parolen bei den vergangenen Wahlen punkten konnte. Zunächst stehen nun im Dezember Kommunalwahlen an. Die Wähler bestimmten am Sonntag 4108 Abgeordnete in den Parlamenten der 98 Départements. Auf den Wahlzetteln standen immer je ein Mann und eine Frau, was garantieren soll, dass die Hälfte aller Abgeordneten Frauen sind.