Die Wahlbeteiligung war groß, das weltweite Interesse gigantisch. Millionen Engländer haben für den Brexit gestimmt.
Einen aktuellen Überblick der Stimmenauszählung finden Sie in unserer Detailkarte:
Nach dem Sieg der EU-Gegner sah sich Premierminister David Cameron gezwungen, seinen Rücktritt anzukündigen. Derweilen herrscht an den Finanzmärkten Ausnahmezustand.
Der Tag im Nachrichtenüberblick:
Die Briten stimmen für einen Ausstieg aus der EU:
- Das Pfund ist stark abgestürzt
- Die Finanzmärkte sind in Aufruhr
- Die Wahlergebnisse sehen Sie auf unserer Detailkarte
- Premierminister Cameron kündigt Rücktritt an
+++22.25+++
Der Brexit hat die Finanzmärkte rund um den Globus erfasst. In den USA sank zudem die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen aufgrund der schlagartig größeren Nachfrage auf 1,56 Prozent nach 1,75 Prozent am Vortag - dies gilt in der Finanzwelt als großer Schritt. In New York fiel der Börsenindex Dow Jones bis zum Handelsschluss um 3,4 Prozent, der Index S&P 500 büßte 3,6 Prozent ein. Die Technologiebörse Nasdaq gab 4,1 Prozent nach. Für Dow Jones und S&P 500 war es der größte Kursverlust seit August 2015, für Nasdaq sogar seit 2011. Der Ölpreis geriet ebenfalls unter Druck, der Referenzpreis gab um 2,47 Dollar oder 4,9 Prozent auf 47,64 Dollar pro Barrel nach.
Der deutsche Leitindex Dax konnte seinen hohen Verluste bis zum Abend auf knapp sieben Prozent reduzieren. In London fiel der Leitindex FTSE 100 kurz nach Handelsbeginn um 8,7 Prozent, erholte sich später aber mit einem Minus von 3,1 Prozent. Frankreichs CAC 40 büßte acht Prozent ein.
+++21.54+++
Der Europäischen Union drohen nach Einschätzung des türkischen Präsidenten Recep Tayypip Erdogan kurzfristig weitere Austritte von Mitgliedsländern, sollte sie an ihrem an ihrem Kurs festhalten.
+++21.50+++
Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, ist empört darüber, dass der britische Premierminister Cameron nach der Abstimmung erst im Oktober zurücktreten will. "Offen gestanden, ich finde das skandalös. Zum wiederholten Male wird ein ganzer Kontinent in Geiselhaft genommen für die parteiinternen Überlegungen der konservativen Partei Großbritanniens", sagte Schulz in den ARD-Tagesthemen.
+++19.49+++
Frankreichs Finanzminister Michel Sapin stellt einen "roten Teppich" für die britischen Banken in Aussicht - eine Anspielung auf einen Satz von Premierminister David Cameron von 2012, der die gleiche Geste für französische Firmen angekündigt hatte. Allerdings hege man keine bösen Absichten gegenüber den Briten, sagt Sapin: "Ich glaube, Großbritannien hat bereits genug politische, wirtschaftliche und finanzielle Probleme."
+++19.57+++
Irland sieht gute Chancen, britische Firmen auf die Nachbarinsel zu locken. Entsprechende Gespräche liefen bereits seit Monaten, sagt der Chef der staatlichen Investitionsagentur IDA, Martin Shannahan, der Nachrichtenagentur Reuters. Dublin konkurriert hier unter anderem mit Frankfurt und Paris. Auf der grünen Insel sind bereits internationale Konzerne wie Apple und Citigroup vertreten.
+++18.44+++
Bundestagspräsident Norbert Lammert hat mit den Parlamentspräsidenten in Frankreich, Italien und Luxemburg telefoniert. Sie hätten die gemeinsame Überzeugung bekräftigt, dass der Prozess der europäischen Einigung auch ohne Großbritannien fortgeführt werden müsse, teilt der Bundestag mit. Man werde die nun anstehenden Austrittsverhandlungen für Großbritannien mit großer Sorgfalt parlamentarisch begleiten und sich in bewährter Weise abstimmen.
+++18.40+++
Der internationale Luftverkehrs-Verband IATA erklärt unter Berufung auf erste Schätzungen, die Zahl der Flugpassagiere aus Großbritannien könnte bis 2020 um drei bis fünf Prozent geringer ausfallen. Grund seien die erwartete konjunkturelle Abschwächung und voraussichtliche Kursverluste des Pfund infolge des Brexit-Votums.
+++18.30+++
Ein US-Handelsvertreter sieht auch nach der Brexit-Entscheidung starke wirtschaftliche und strategische Argumente für das geplante TTIP-Freihandelsabkommen mit der EU.
Das sagen Ökonomen zum Brexit-Entscheid
„Wir müssen einen sanften Übergang in eine neue wirtschaftliche Beziehung sicherstellen. Der IWF unterstützt die Bank von England und die Europäische Zentralbank darin, für die nötige Liquidität des Bankensystems zu sorgen und Schwankungen nach der Abstimmung zu begrenzen.“
„Der Brexit ist für die deutsche Wirtschaft ein Schlag ins Kontor.“
„Die Briten werden die Ersten sein, die unter den wirtschaftlichen Folgen leiden werden.“
„Wir erwarten in den kommenden Monaten einen deutlichen Rückgang des Geschäfts mit den Briten. Neue deutsche Direktinvestitionen auf der Insel sind kaum zu erwarten.“
„Nach einem EU-Austritt sollte niemand Interesse daran haben, mit Zollschranken zwischen Großbritannien und dem Festland den internationalen Warenverkehr zu verteuern.“
„Es wird nicht lange dauern, bis unsere Maschinenexporte nach Großbritannien spürbar zurückgehen werden.“
„Weniger Wirtschaftswachstum in den EU-Staaten und ein schwächeres Exportgeschäft werden die Konsequenzen sein.“
„Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen schnell die dringend erforderlichen Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Fairness im EU-Binnenmarkt in Angriff nehmen.“
"Es kommt jetzt darauf an, ob wir eine saubere oder eine schmutzige Scheidung bekommen. Es geht vor allem darum, ob Großbritannien nach einem Verlassen der EU den Zugang zum EU-Binnenmarkt behält. Wichtig ist, dass die EU jetzt nicht die beleidigte Leberwurst spielt. Sie sollte ein starkes Interesse daran haben, mit den Briten in den kommenden zwei Jahren eine saubere Trennung zu vereinbaren. Das Land ist zweitwichtigster Handelspartner der EU, nach den USA und vor China. Die EU hat ein großes wirtschaftliches Interesse daran, Zölle im Warenhandel zu vermeiden und das Land im Binnenmarkt zu behalten.
Der Brexit stellt auch ein politischen Risiko für die EU dar. Denn das wird den Anti-EU-Parteien in vielen EU-Ländern Rückenwind geben. Die Regierungen werden noch weniger als bisher mehr Europa wagen, so dass die Probleme der Währungsunion weitgehend ungelöst bleiben. Was die EZB mehr denn je zwingt, die Probleme durch eine lockere Geldpolitik zu übertünchen.
Der Brexit schafft Unsicherheit und ist insofern schlecht für die deutsche Wirtschaft. Aber wir erwarten nicht, dass der Euro-Raum in die Rezession zurückfällt. Das gilt auch für Großbritannien und erst recht für den Fall, dass sich allmählich eine saubere Scheidung abzeichnet."
"Jetzt kommt eine große Phase der absoluten Unsicherheit. Denn etwas Vergleichbares hatten wir noch nicht. Unsicherheit ist schlecht für die Wirtschaft." Der Aufschwung in Großbritannien dürfte nun weitgehend zu Ende sein, in der Euro-Zone werde er sich abschwächen. Hersteller von Investitionsgütern wie Maschinen und Autos dürften die Folgen stärker spüren. "Deutschland ist also stärker betroffen als beispielsweise Spanien", sagte Schmieding.
"Die Entscheidung der britischen Wähler für den Brexit ist eine Niederlage der Vernunft", sagte er. "Die Politik muss jetzt alles tun, um den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen. Dazu gehört es, sicherzustellen, dass Großbritannien so weit wie möglich in den Binnenmarkt integriert bleibt." Es sei wichtig, die Verhandlungen darüber möglichst schnell zum Abschluss zu bringen, damit die Phase der Unsicherheit über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen möglichst kurz bleibe.
"Die Finanzmärkte werden einige Tage brauchen, um den Schock zu verarbeiten. Die Politik muss jetzt versuchen, das Beste aus einer Entscheidung zu machen, die die EU schwächt. Das wird lange brauchen. Und so lange wird Unsicherheit das Geschehen prägen, zumal die Fliehkräfte in anderen EU-Ländern stärker zutage treten werden. Das Ergebnis kann auch die Nicht-Mainstream-Parteien in Spanien stärken, wo am Sonntag gewählt wird. Bis gestern hatte Europa ein Problem, jetzt ist erst mal Panik."
"Das Ergebnis des Referendums ist kein gutes Signal für Europa. Aber es ist vor allem kein gutes Signal für Großbritannien. Die politischen Strukturen der EU sind stark. Und anders als bei einem 'Grexit', also dem Ausscheiden eines Landes aus der Währungsunion, für das es keine rechtliche Grundlage gibt, ist die Prozedur für das Ausscheiden eines Landes aus der EU rechtlich klar geregelt. Die Folgen für den europäischen Integrationsprozess werden weniger gravierend sein, als jetzt oft vorschnell beschrieben. Auch wenn es schwierig wird: Die EU kann einen Austritt Großbritanniens verkraften.
Innerhalb Europas sollte der Fokus der nächsten Monate auf der Vertiefung des Euro-Raums liegen. Die Euro-Krise ist immer noch nicht ausgestanden. Die EZB hat die Grenze ihres Mandats erreicht. Nun müssen sich die Euro-Länder so schnell wie möglich auf einen Stabilisierungsplan einigen, der sowohl mehr Risikoteilung (vor allem schwierig für Deutschland) als auch mehr Souveränitätsteilung (vor allem schwierig für Frankreich) umfasst. Allerdings ist für einen solchen Plan kaum Zeit."
"Jetzt wird es turbulent an den Finanzmärkten. Das Pfund ist bereits auf einem 30-Jahres-Tief gegenüber dem Dollar. In absehbarerer Zeit sollten wir aber wieder eine Erholung sehen. Die Finanzmärkte fragen sich jetzt: Wie sieht das neue Verhältnis zwischen EU und Großbritannien aus? Die Briten könnten künftig Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) werden, wie Norwegen. Ich gehe nicht davon aus, dass das Verhältnis EU-Großbritannien damit beendet ist. Die EU wird das Land nicht am langen Arm verhungern lassen.
Mit dem heutigen Tag ändert sich erst einmal gar nichts. Es wird jetzt Verhandlungen mit der EU geben. So lange bleibt GB Vollmitglied der EU, also die nächsten zwei Jahre. Ich gehe nicht davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage dramatisch verändern wird. Die Briten dürften es aber merken: Die dortigen Unternehmen dürften jetzt Investitionen überdenken. Aber ich denke nicht, dass das Land nun in eine Rezession fällt."
+++18.21+++
Die Devisenmärkte haben nach Worten eines JPMorgan-Chase -Spitzenmanagers nach dem ersten Schock durch das Brexit-Votum "ziemlich gut" funktioniert. "Unter diesen Umständen läuft es relativ reibungslos", sagt Daniel Pinto, der den Bereich Firmenkunden und Investmentbanking der US-Großbank leitet.
+++17.42+++
Die Entscheidung der Briten für einen Austritt aus der EU wird das bilaterale Zuwanderungsabkommen zwischen Frankreich und Großbritannien nicht beeinträchtigen. Das teilt ein französischer Regierungssprecher mit
+++17.10+++
Mit dem Hashtag #ScotLond wehren sich Brexit-Gegner im Netz gegen den Austritt aus der EU. Auf Twitter kursierte am Freitag eine Bildkombi, die augenscheinlich eine idyllische schottische Landschaft und die Sykline Londons zeigte - überlagert von den Sternen der europäischen Flagge. „Ich habe schnell ein neues Logo für unser neues Land gestaltet“, schrieb Nutzer Michael Shaw. Schotten und Bewohner der britischen Hauptstadt hatten mehrheitlich gegen den Austritt aus der EU gestimmt. „Nehmt uns mit!“, schrieb eine Nutzerin aus Gibraltar dazu. Das Foto wurde von vielen Nutzern kommentiert und verbreitet.
+++15.53+++
Der britische Fußball werde durch den Brexit keinen Schaden nehmen - das zumindest hofft ein Sprecher der Premier League. Es mache wenig Sinn, über die künftigen Regeln für ausländische Spieler in Großbritannien zu spekulieren. Nach einer BBC-Übersicht erfüllen über 100 Spieler aus anderen EU-Staaten nicht die strengeren Kriterien, die Spieler aus Nicht-EU-Staaten für eine Aufenthaltserlaubnis vorweisen müssen.
+++15.30+++
Die führenden westlichen Industrieländer (G7) wollen bei möglichen Turbulenzen nach dem „Brexit“-Votum notfalls mit Finanzspritzen für eine Stabilisierung der Märkte sorgen. Die Notenbanken der G7-Länder hätten Schritte unternommen, um eine ausreichende Liquidität zu gewährleisten und das Funktionieren der Märkte zu unterstützen, heißt es in einer Erklärung der G7-Finanzminister und -Notenbankchefs, die am Freitag nach einer Telefonkonferenz verbreitet wurde: „Wir sind bereit, die etablierten Liquiditätsinstrumente zu diesem Zweck zu verwenden.“
+++14.50+++
Der russische Präsident Wladimir Putin will nach dem Brexit-Votum falls nötig die Wirtschaftspolitik seines Landes ändern, um die ökonomischen Effekte des britischen EU-Austritts zu minimieren. In der Entscheidung der Briten spiegele sich die Unzufriedenheit mit der Zuwanderung, der europäischen Bürokratie sowie in Sicherheitsfragen und wider.
+++14.35+++
Die G7-Finanzminister und die Gouverneure der Notenbanken beraten über die Folgen des Brexit. Die Zentralbanken der G7-Staaten haben nach Angaben der Gruppe Schritte eingeleitet, um eine angemessene Liquidität zu gewährleisten und das Funktionieren der Märkte zu unterstützen. Die G7 gingen weiter davon aus, dass die britische Wirtschaft und der Finanzsektor widerstandsfähig blieben.
+++14.05+++
Die britischen Gewerkschaften fordern von der Regierung einen nationalen Aktionsplan. Damit sollen negative Folgen der Kurseinbrüche an den Finanzmärkten für die Wirtschaft abgefedert werden, sagt die Generalsekretärin des Trades Union Congress (TUC), Frances O'Grady.
+++13.45+++
Mit der Entscheidung der Briten für den Brexit hat nach Einschätzung des republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump vermutlich der Zerfall der EU begonnen. An den Beziehungen zwischen Großbritannien und den USA werde sich nichts ändern.
+++13.37+++
Wieder aufgeflammte Spekulationen über eine mögliche Abspaltung Kataloniens haben einen Ausverkauf bei Anleihen der spanischen autonomen Region ausgelöst. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Titel zeitweise um einen Prozentpunkt in die Höhe auf 5,502 Prozent. Papiere der Zentralregierung in Madrid warfen Investoren ebenfalls aus ihren Depots. Deren Rendite stieg auf bis zu 1,742 von 1,480 Prozent.
Auslöser dieser Entwicklung war das Brexit-Referendum, bei dem sich die Briten für einen Ausstieg ihres Landes aus der EU entschieden. Börsianer befürchten nun, dass dies - drei Tage vor den Parlamentswahlen in Spanien - den EU-kritischen Parteien in dem südeuropäischen Land Auftrieb geben wird. So ist das Linksbündnis Podemos offen für die Unabhängigkeitspläne der wirtschaftlich starken Region Katalonien. Diese hat vorsorglich in ihrer Regierung den Posten eines Außenministers geschaffen
+++13.36+++
Österreichs Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny hält die Panikatmosphäre an den Finanzmärkten nach dem Brexit-Votum für übertrieben. "Ich sehe schon, dass hier manche ein bisschen Panikstimmung schüren, die aus meiner Sicht überhaupt nicht berechtigt ist", sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) am Freitag in einem Radiointerview mit dem österreichischen Sender ORF. Auf der ökonomischen Seite sehe er "keine Probleme". Nach der anfänglichen Überraschung würden sich zudem die Märkte wieder stabilisieren. Nowotny sagte zudem, die Notenbank stehe bereit, Geldhäusern zu helfen, die in Schwierigkeiten geraten.
Zur Rolle der EZB gegenüber den Briten sagte der Notenbanker: "Die EZB hat keinerlei Anlass, einem Land außerhalb der Euro-Zone entgegen zu kommen - noch weniger einem Land außerhalb der EU." Bei einem früheren Konflikt über die Liquiditätsversorgung von Clearinghäusern habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) zwar noch im Interesse der Binnenmarktstabilität für Großbritannien geurteilt. Das werde aber künftig wegfallen.