Deutsche Börse und LSE EU hat Bedenken gegen Mega-Fusion

Die EU-Kommission sieht die geplante Fusion der Deutschen Börse mit der LSE kritisch und hat eine Prüfung bis Februar eingeleitet. Dabei sollen Derivate-Clearing, deutsche Aktien und Indizes im Fokus stehen.

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Die EU-Kommission sieht die geplante Fusion der Deutschen Börse mit der LSE skeptisch. Quelle: dpa

Die EU-Wettbewerbshüter sehen den geplanten Zusammenschluss von Deutscher Börse und der London Stock Exchange (LSE) kritisch. Die EU-Kommission listete Bedenken gegen die gut 25 Milliarden Euro schwere Fusion in einem halben Dutzend Bereichen auf – von der Abwicklung von Derivaten (Clearing) über den Handel mit deutschen Aktien bis zum Geschäft mit Börsenindizes.

Mit der Fusion entstünde der mit Abstand größte europäische Börsenbetreiber. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Marktteilnehmer auch weiterhin zu wettbewerbsfähigen Konditionen auf Finanzmarkt-Infrastruktur zurückgreifen können“, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.

Die EU-Kommission wird die Verschmelzung nun in einer zweiten Prüfungsphase noch genauer unter die Lupe nehmen. Dafür hat sie bis zum 13. Februar 2017 Zeit. Experten und die Börsenbetreiber selbst hatten mit einer intensiven Phase-II-Prüfung gerechnet. Um die Bedenken von Wettbewerbshütern und Konkurrenten auszuräumen, können die Fusionspartner der EU-Kommission nun Zugeständnisse anbieten. Die LSE preschte am Mittwoch bereits vor. Sie könne sich vorstellen, das französische Abwicklungshaus Clearnet zu verkaufen, das zur LSE-Tochter LCH.Clearnet gehört.

Die Mehrländerbörse Euronext hat bereits Interesse an Clearnet angemeldet. Die Euronext betreibt Börsen in Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon. Die Regierungen der betroffenen Länder haben zuletzt Stimmung gegen die Fusion von Deutscher Börse und LSE gemacht. Ein Verkauf von Clearnet an die Euronext könnte sie aus Sicht von Experten möglicherweise milder stimmen.

Erst Brüssel – dann Wiesbaden

Die EU-Kommission fürchtet, dass die Zusammenlegung der Clearinghäuser von Deutscher Börse und LSE den Wettbewerb etwa bei Anleihen und Derivaten ausschalten würde. Beide zusammen hätten den weltweit größten Sicherheiten-Pool im Clearing. Die Fusion könnte auch andere Börsen beeinträchtigen, die auf LCH.Clearnet angewiesen sind.

Auch an der Rolle der fusionierten Börse im Geschäft mit Zinsderivaten stören sich die Brüsseler Kartellwächter. Die Deutschen Börse sei mit der Eurex weltweiter Marktführer im Handel dieser Produkte, die LSE-Tochter SwapClear sei in deren Abwicklung mit Abstand führend. Zudem kämen mit Frankfurt und London zwei der drei größten Handelsplätze für deutsche Aktien zusammen.

Der letzte Fusionsversuch der Deutschen Börse mit der New York Stock Exchange (Nyse) war 2012 am Veto der EU-Kommission gescheitert. Die Deutsche Börse ist jedoch zuversichtlich, dass sie aus Brüssel diesmal grünes Licht bekommt. Es gebe bei den Geschäften von Deutscher Börse und LSE kaum Überschneidungen, hatte Vorstandschef Carsten Kengeter im Mai gesagt. Zudem seien nach diversen Übernahmen mittlerweile starke Wettbewerber aus den USA und Asien in Europa aktiv. Außerdem wirbt das Unternehmen dafür, dass eine Fusion wichtig für den geplanten Aufbau einer EU-Kapitalmarktunion sei.

Nach der EU muss auch die hessische Börsenaufsicht grünes Licht geben. Nach dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU hat sie – wie die Finanzaufsicht BaFin und viele deutsche Politiker – vor allem Probleme mit einem Sitz des fusionierten Unternehmens in London, wie mehrere mit der Fusion vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten.

Die Deutsche Börse spreche deshalb mit der LSE über eine Verlagerung des Firmensitzes in die EU oder die Schaffung eines doppelten Sitzes für die Holding. Die Aktionäre beider Unternehmen haben sich bereits mit großer Mehrheit für den Zusammenschluss ausgesprochen.

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