Digitale Transformation Ist Trump der Schubs, den Europa braucht?

Die Wahl Donald Trumps könnte die digitale Transformation befördern: Manager, die flexibel denken und handeln, sind klar im Vorteil.

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Donald Trump Quelle: REUTERS

Niemand weiß genau, was der Machtwechsel in den USA für Unternehmen in Deutschland bedeutet. Sicher ist nur, dass nichts mehr sicher ist.

Trumps protektionistischer Wirtschaftskurs könnte zwar einigen amerikanischen Großkonzernen zugutekommen, doch viele Unternehmen fürchten sich dieser Tage um ihre Prosperität. In dieser Situation halten sie sich bei Investitionen zurück - kein guter Nährboden für Fortschritt und Innovation. Daher müssen Manager sich fragen, wie sie den Wandel erfolgreich bewältigen.

Tatsächlich haben die digitale Transformation und die bevorstehenden Veränderungen eines gemeinsam: Sie verstärken Volatilität, Unsicherheit und Komplexität. Manager, die sich in den vergangenen Jahren bereits mit neuen Führungsmethoden auseinandergesetzt haben, sind auch auf die kommenden Veränderungen besser vorbereitet.

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Wer erfolgreich sein will, muss flexibel denken und handeln - und mit dem Wahlsieg Donald Trumps gilt dies noch vielmehr. Denn wo Schwierigkeiten sind, da ist auch Kraft für Veränderung.

Machen wir uns nichts vor: Trump gilt nicht gerade als Führungsfigur was die Digitalisierung betrifft, im Gegenteil. Fast alle großen Internetkonzerne zittern, das Silicon Valley ist nahezu geschlossen demokratisch. Trumps Anti-Globalisierungskurs ist gleichzeitig auch ein Anti-Digitalisierungskurs und für US-amerikanische Digitalfirmen eine echte Bedrohung.

Was heißt das aber für deutsche Firmen? Zunächst natürlich, dass Rahmenbedingungen schwieriger werden und die transatlantische Zusammenarbeit empfindliche Rückschläge erleiden wird, zumindest, wenn Trump seinen angekündigten Kurs umsetzt. Aber vielleicht ist das auch der Schubs, den Europa braucht.

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Seit Jahren sind deutsche und europäische Digitalisierungskonzepte fest in US-amerikanischer Hand. Amerika diktiert die Richtung, das Tempo und auch den Grad, in dem Themen wie europäischer Datenschutz, nationale Kundeninteressen und lokale Gesetzte verfolgt werden.

Bisher gilt Europa eher als Blockierer denn als Gestalter. Man schreit hier und da „Stopp!“ (Uber) oder „So nicht!“ (Facebook), aber eigene Konzepte machen selten von sich reden. Ausnahmen sind Firmen wie Bosch, die die Digitalisierung aus eigenen Mitteln vorantreiben, anstatt der amerikanischen Konkurrenz hinterherzulaufen.

Selbstbewusstsein gefragt

Es ist nun an der Zeit, die lokalen Interessen der Digitalisierung selbstbewusst anzugehen. Politik und Wirtschaft haben jetzt die Chance, eine starke Stimme zu werden, die sich zwar für amerikanische Geschäftsmodelle begeistern kann, aber die europäischen Belange in den Vordergrund stellt.

Ein Beispiel ist die klassische deutsche Finanz- und Versicherungsindustrie. Deutlich unter zehn Prozent des deutschen Versicherungswesens ist digitalisiert, im Bankwesen sieht es etwas besser aus, aber auch hier liegt Deutschland weit hinter den Möglichkeiten.

Ein riesiges Marktpotenzial, das viel Beachtung verdient und völlig losgelöst von den USA angegangen werden kann und muss. Denn hier sind deutsche Interessen, Befindlichkeiten, Gesetze und Prozesse maßgeblich.

Das ist nur ein Beispiel von vielen, in denen sich Deutschland nun emanzipieren sollte. Auch innerhalb internationaler Konzerne besteht nun die Möglichkeit, dass europäische Führungsebenen das Zepter dort in die Hand nehmen, wo bisher devote Willfährigkeit vorherrschte.

Was braucht es für ein digital emanzipiertes Europa? Richtig - emanzipierte Führungskräfte. Solche, die den Mut zur Partizipation mitbringen und Innovation ernsthaft fördern.

Es braucht eine offene Kommunikation und – ganz wichtig – Vertrauen in die Mitarbeiter. Denn Innovation entsteht durch agil arbeitende Mitarbeiter, die selbstorganisiert Qualität liefern, Ideen einbringen und diese auch umsetzen. Dafür brauchen Mitarbeiter Vertrauen und offenen Zugang zu Informationen.

Tatsächlich gilt in vielen Unternehmen immer noch der ungeschriebene (und oft unbewusste) Grundsatz, dass Wissen Macht bedeutet und deshalb nur sehr selektiv geteilt wird. Um uns zu emanzipieren, brauchen wir aber Führungskräfte, die auf Augenhöhe kommunizieren. Das kann nur gelingen, wenn wir aufhören, durch starre Hierarchiestufen und Planungsprozesse unsere Unternehmen zu lähmen. Es zählen Vernetzung, Offenheit, Partizipation und Agilität. 

Ohne Frage werden starke Veränderungen auf uns zukommen. Doch wer vor Veränderung zittert, der zittert zurecht.

Das hat die Digitalisierung uns bereits gelehrt: Wer erfolgreich sein will, muss trotz Unsicherheit handlungsfähig bleiben und sich schnell auf neue Gegebenheiten einstellen. Wer auf die kommenden Veränderungen adäquat reagieren will, muss die Schwierigkeiten annehmen.

So gesehen, könnte die US-Wahl die digitale Transformation und ihre erforderlichen Managementprinzipien in deutschen Unternehmen sogar befördern.

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