Digitale Transformation Ist Trump der Schubs, den Europa braucht?

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Selbstbewusstsein gefragt

Es ist nun an der Zeit, die lokalen Interessen der Digitalisierung selbstbewusst anzugehen. Politik und Wirtschaft haben jetzt die Chance, eine starke Stimme zu werden, die sich zwar für amerikanische Geschäftsmodelle begeistern kann, aber die europäischen Belange in den Vordergrund stellt.

Ein Beispiel ist die klassische deutsche Finanz- und Versicherungsindustrie. Deutlich unter zehn Prozent des deutschen Versicherungswesens ist digitalisiert, im Bankwesen sieht es etwas besser aus, aber auch hier liegt Deutschland weit hinter den Möglichkeiten.

Ein riesiges Marktpotenzial, das viel Beachtung verdient und völlig losgelöst von den USA angegangen werden kann und muss. Denn hier sind deutsche Interessen, Befindlichkeiten, Gesetze und Prozesse maßgeblich.

Das ist nur ein Beispiel von vielen, in denen sich Deutschland nun emanzipieren sollte. Auch innerhalb internationaler Konzerne besteht nun die Möglichkeit, dass europäische Führungsebenen das Zepter dort in die Hand nehmen, wo bisher devote Willfährigkeit vorherrschte.

Was braucht es für ein digital emanzipiertes Europa? Richtig - emanzipierte Führungskräfte. Solche, die den Mut zur Partizipation mitbringen und Innovation ernsthaft fördern.

Es braucht eine offene Kommunikation und – ganz wichtig – Vertrauen in die Mitarbeiter. Denn Innovation entsteht durch agil arbeitende Mitarbeiter, die selbstorganisiert Qualität liefern, Ideen einbringen und diese auch umsetzen. Dafür brauchen Mitarbeiter Vertrauen und offenen Zugang zu Informationen.

Tatsächlich gilt in vielen Unternehmen immer noch der ungeschriebene (und oft unbewusste) Grundsatz, dass Wissen Macht bedeutet und deshalb nur sehr selektiv geteilt wird. Um uns zu emanzipieren, brauchen wir aber Führungskräfte, die auf Augenhöhe kommunizieren. Das kann nur gelingen, wenn wir aufhören, durch starre Hierarchiestufen und Planungsprozesse unsere Unternehmen zu lähmen. Es zählen Vernetzung, Offenheit, Partizipation und Agilität. 

Ohne Frage werden starke Veränderungen auf uns zukommen. Doch wer vor Veränderung zittert, der zittert zurecht.

Das hat die Digitalisierung uns bereits gelehrt: Wer erfolgreich sein will, muss trotz Unsicherheit handlungsfähig bleiben und sich schnell auf neue Gegebenheiten einstellen. Wer auf die kommenden Veränderungen adäquat reagieren will, muss die Schwierigkeiten annehmen.

So gesehen, könnte die US-Wahl die digitale Transformation und ihre erforderlichen Managementprinzipien in deutschen Unternehmen sogar befördern.

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