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Durch Athens Reformstopp Neues Milliardenloch in Griechenland

Griechenland braucht noch mehr Hilfsgelder als bislang angenommen, so ein aktueller Bericht. Schuld daran soll der Athens Reformstopp sein. Gleichzeitig sinken weiterhin die Geldeinlagen der Griechen.

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Die Folgen eines „Grexits“
Das Nationalgetränk der Griechen droht für einen normalen Arbeiter zum unbezahlbaren Luxusgut zu werden: Ein Frappé, also eine Nescafé mit Milch, Eiswürfeln und einem Strohhalm kostete kurz vor der Einführung des Euro etwa 100 Drachmen. Das entsprach damals rund 30 Euro-Cent. Als die Griechenland-Krise ausbrach, vor etwa sieben Jahren, kostete ein Frappé bereits zwischen 2,50 und drei Euro. Quelle: dpa
Noch im Laufe des Aprils muss Griechenland zwei Staatsanleihen im Wert von 2,4 Milliarden Euro an seine Gläubiger zurückzahlen. Im Mai werden weitere 2,8 Milliarden Euro fällig, von Juni bis August muss Athen noch einmal mehr als zwölf Milliarden Euro an Schulden zurückzahlen. Woher das Geld kommen soll, ist völlig unklar. Quelle: dpa
Die sozialen Probleme sind groß, die Renten wurden gekürzt, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Die Regierung Tsipras plant deshalb Steuererleichterungen und die Wiedereinstellung von Beamten. Allein diese Maßnahmen werden im laufenden Jahr nach Berechnungen der griechischen Regierung mindestens zwölf Milliarden Euro zusätzlich kosten. Quelle: dpa
Schon seit Wochen ist von einem „Grexit“ die Rede, dem Austritt Griechenlands aus der Währungsunion, vielleicht sogar verbunden mit einem drastischen Schuldenschnitt. Hinter der öffentlichen Spekulation könnte Absicht stecken. Quelle: ap
Würde eine neu eingeführte Drachme gegenüber dem Euro abwerten, könnte sich die griechische Regierung nach und nach leichter entschulden. Ein Austritt der Griechen aus dem Euro böte auch noch andere Vorteile: So würde die griechische Export-Wirtschaft von einer Abwertung der Landeswährung profitieren. Quelle: dpa
Besonders teuer würde ein „Grexit“ für Menschen mit geringem Einkommen und den Mittelstand mit Sparguthaben auf  griechischen Bankkonten, während das Geld reicher Griechen im Ausland unangetastet bliebe. Quelle: dpa
Die Gläubiger werden so oder so auf Reformen beharren. Für Tsipras kommt es deshalb eigentlich nur darauf an, seinen eigenen Wählern gegenüber eine möglichst gute Figur in den Verhandlungen abzugeben. Das gilt allerdings auch für seine europäischen Partner auf der anderen Seite des Verhandlungstisches. Für alle Beteiligten ist es wichtig, dass eine Lösung der griechischen Haushaltsprobleme möglichst wenige Kollateralschaden verursacht. Quelle: dpa

Das pleitebedrohte Griechenland braucht nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ voraussichtlich noch mehr Hilfsgelder als bislang angenommen. Hintergrund sei, dass Athen wegen des Reformstopps in diesem Jahr wohl keinen Primärüberschuss in seinem Haushalt erwirtschaften wird, berichtet das Magazin in seiner neuen Ausgabe. Eigentlich sei geplant gewesen, dass das Plus aus Einnahmen und Ausgaben ohne Zinszahlungen bei drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liege. „Davon dürfte nichts übrig bleiben“, zitiert das Magazin Troika-Kreise.

Experten rechneten nun mit einer zusätzlichen Finanzierungslücke von 10 bis 20 Milliarden Euro. Die Summe müsste im Falle eines weiteren Hilfspakets von den internationalen Geldgebern ausgeglichen werden.

Griechenlands Zahlungsverpflichtungen 2015

Athen hat schon vergangenes Jahr die Vorgaben verfehlt. Die Regierung erzielte 2014 nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur einen Primärüberschuss von 0,3 Prozent des BIP. Vorgesehen waren jedoch 1,5 Prozent.

Der Primärüberschuss ist wichtig, weil er auch anzeigt, wie Griechenland etwa bei der Kontrolle der Kosten für den Staatsapparat vorankommt. Einschließlich der Zinsen, die auf die aufgenommenen Schulden zu zahlen sind, klafft aber weiter ein enormes Loch im Etat.

Geldeinlagen der Griechen sinken weiter

Die Griechen heben angesichts der schweren Finanzkrise immer mehr Geld von ihren Konten ab. Die Einlagen sanken nach Angaben von Geldinstituten auf den niedrigsten Stand seit Ausbruch der schweren Schuldenkrise. Dies berichtete am Samstag die konservative Zeitung „Kathimerini“. Auch andere griechische Medien berichteten, das „Verbluten“ gehe weiter.

Im März hätten die Griechen bislang weitere drei Milliarden Euro von ihren Konten abgehoben, heißt es. Im Dezember 2014 seien es vier Milliarden Euro, im Januar 12,2 und im Februar 7,6 Milliarden Euro gewesen.

Seit Ausbruch der Krise im Dezember 2009 sanken die privaten Geldeinlagen nach Angaben des Blattes um knapp 100 Milliarden Euro. Hintergrund sei die Angst der Menschen vor einer schlagartigen Verschlechterung der Finanzlage wegen der Unstimmigkeiten zwischen Athen und der EU über den Abbau des griechischen Schuldenberges.

Fitch sieht immer schwärzer für Griechenland

Währenddessen hat die US-Ratingagentur Fitch ihre Einschätzung der Kreditwürdigkeit des pleitebedrohten Euro-Landes Griechenland um zwei Stufen auf „CCC“ gesenkt. Schon zuvor waren griechische Anleihen den Experten zufolge nur noch für Spekulanten geeignet („Ramsch“). Nun sollten diese zusätzlich auch noch besonders optimistisch sein, was den weiteren Fortgang der Dinge angeht.

Fitch begründete die Abstufung am Freitagabend mit dem fehlenden Zugang Griechenlands zum Kapitalmarkt, den unsicheren Aussichten auf pünktliche Bezahlung durch staatliche Institutionen und der angespannten Liquiditätslage des heimischen Bankensektors. All dies setze die Finanzlage des Landes unter extremen Druck.

Zu anderen Euro-Ländern äußerte sich Fitch deutlich positiver. So winkt Portugal sogar eine Heraufstufung, denn die Agentur setzte den Ausblick für das zur Zeit bei „BB+“ stehende Rating auf „positiv“. Portugal dürfe im laufenden Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent erwarten. Erst vor gut einer Woche hatte die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) Portugal eine bessere Note für die Kreditwürdigkeit in Aussicht gestellt. Das ehemalige Euro-Krisenland hatte den EU-Rettungsschirm im Mai 2014 verlassen.

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