Électricité de France Frankreichs Atomkonzern droht zu scheitern

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Unterscheidung von Produkt und Realisierung

EDF-Chef Lévy aber verkündet: Es gibt keinen Grund, an der Machbarkeit von Hinkley Point zu zweifeln.
„Dass es auf einer Baustelle Schwierigkeiten gibt, bedeutet nicht, dass die Technologie ein Problem hätte.“ Man müsse zwischen dem Produkt und seiner Realisierung unterscheiden. Die Verzögerungen in Flamanville sind seiner Darstellung nach zum Teil dem Umstand geschuldet, „dass wir zehn Jahre lang kein Atomkraftwerk gebaut haben. Wir haben an Sachkenntnis verloren.“ Und die soll bei Hinkley Point nun wieder zur Verfügung stehen?

Die britische Regierung hat für die ersten 35 Betriebsjahre einen Festkostenpreis von 92,50 Pfund pro Megawattstunde Strom zugesagt. Das ist das Doppelte des heutigen Preises. „Wenn sich der Bau um zwei oder drei Jahre verzögert, ist es mit der Rentabilität vorbei“, warnt Eric Bonnel, geschäftsführender Gesellschafter der Strategieberatung Square in Neuilly-sur-Seine bei Paris.

Warum das Festhalten um jeden Preis? „Das britische Projekt ist dazu verdammt, die Glaubwürdigkeit der EPR wieder herzustellen, nachdem dieser Reaktortyp durch die Baustellen von Flamanville und Finnland in Misskredit gebracht wurde“, sagt Patrice Geoffron, Direktor des geopolitischen Zentrums für Energie und Rohstoffe an der Universität Paris-Dauphine. „Die Regierung denkt bereits daran, wie sie diesen Auftrag für ihre PR einsetzen kann: Sie wird sich damit brüsten, die Atomindustrie im Land dauerhaft zu sichern, indem sie Exportmöglichkeiten findet“, sagt Strategieberater Bonnel.

Keine Arbeitsplätze für Frankreich

François Lévêque, Wirtschaftsprofessor an der französischen Elitehochschule für Ingenieure Mines Paris Tech, ergänzt das kurzfristig womöglich wichtigste Argument für Hinkley Point: „Selbst wenn die Kraftwerke in England gebaut werden, schaffen sie in Frankreich Arbeitsplätze.“ Von der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hat der amtierende Staatschef François Hollande abhängig gemacht, ob er im nächsten Jahr erneut kandidiert. Deshalb werden Präsident und Regierung wohl an dem Projekt festhalten, egal, wer nun wie oft warnt und kritisiert.

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