Elektroautos Wie die Niederlande das E-Mobilitätswunder schaffen

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Ausflug in die Zukunft

Diese Zahlungen alleine erklären aber noch nicht, warum sich die kurze Reise nach Eindhoven, von Deutschland aus betrachtet, wie ein Ausflug in die nähere Zukunft anfühlt. Kein Zweifel, die Stadt des Philips-Konzerns, wo mit den Bus- und Lkw-Herstellern VDL und DAF zudem die Reste der niederländischen Fahrzeugindustrie beheimatet sind, eignet sich besonders gut als Testfeld für die Zukunft.

Nächste Station: Zukunft In Eindhoven fahren viele Busse schon heute elektrisch. Quelle: Laif

Ein großer Teil der Busflotte hier ist elektrisch betrieben, aber das ist nur das sichtbare Zeichen einer Entwicklung, deren Nukleus der Campus der Technischen Universität mitten in der Stadt bildet. Mitten auf dem Gelände wird gerade ein neues Fakultätsgebäude errichtet, die wuselnden Bauarbeiter sind zwar überall zu sehen, aber kaum zu hören. Das liegt an ihren Transportfahrzeugen, circa zwei Meter lange Gefährte auf der Basis von Segway-Rollern. Vorne an die Roller sind Transportcontainer geschraubt, die Arbeiter stehen hinten drauf, um Werkzeuge und kleinere Bauteile über das Gelände zu transportieren. „Das ist nur eines der vielen Start-ups, die sich in den vergangenen Jahren aus unserem Studiengang zur Elektromobilität entwickelt haben“, sagt Marten Steinbuch, Professor für Steuerungstechnik und Chef des High Tech Systems Center an der Universität. Tatsächlich war die Universität die erste des Landes, die einen Studiengang eingerichtet hat, der sich nur um Elektromobilität dreht. Doch auch an den anderen beiden technischen Universitäten des Landes in Delft und Utrecht wird hierzu intensiv geforscht, die eine konzentriert sich auf die Batterietechnologie, die andere auf die Steuerungstechnologie.

„In den Niederlanden ist es gelungen, aus der politischen Initiative zur Förderung der Elektromobilität eine Bewegung zu machen, die heute in Forschung und Wirtschaft fest verankert ist“, sagt Steinbuch. Und so ist heute schon absehbar, dass die Niederlande nicht nur beim Anteil der elektrischen Fahrzeuge an der gesamten Mobilität führend bleiben dürften, sondern auch zu den großen wirtschaftlichen Gewinnern der neuen Mobilität zählen könnten. So stammen nicht nur die elektrischen Busse in Eindhoven vom örtlichen Unternehmen VDL, die Ladestationen für die Großfahrzeuge hat ebenfalls ein Start-up von der Universität entwickelt. Zudem versuchen sich derzeit gleich drei Start-ups in der Stadt an eigenen Fahrzeugen. Eines baut Solarautos, ein weiteres Fahrzeuge aus komplett wiederverwertbaren Materialien. Das Unternehmen Amber entwickelt gewöhnliche Elektroautos, hier liefert die Nutzungsform die Innovation. Die Autos bleiben dauerhaft im Besitz der Firma, Kunden können sich nur für die Nutzung registrieren. Im Stadtgebiet ist der Dienst bereits verfügbar.

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Am wirtschaftlich erfolgreichsten und erstaunlichsten aber ist der Weg, den die Niederlande beim Aufbau der Ladeinfrastruktur beschritten haben. Heute sind die führenden Hersteller von Ladesäulen in holländischer Hand, den Weg dahin hat ein Fördersystem bereitet, das privates Engagement mit öffentlicher Förderung verbindet. Während in Deutschland Ladesäulen meist zentral von Städten oder Stadtwerken aufgebaut wurden, entscheiden in den Niederlanden die Nutzer über die Standorte. So kann sich in Amsterdam jeder Käufer eines Elektroautos, der keinen eigenen Parkplatz mit Stromanschluss hat, bei der Stadt melden, die dann in seiner Umgebung eine Ladesäule errichtet. Diese kann dann von jedem genutzt werden. Auf diese Weise ist das dichteste Netz an Ladesäulen des Kontinents entstanden, das zudem so gut ausgelastet ist wie kein anderes.

Und so muss man sich auch Nuon-Mann Joris Hupperets durchaus als zufriedenen Manager vorstellen – obwohl er in der Hälfte seines Geschäftsbereichs auch auf absehbare Zeit nur Nullen abliefert.

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