Doch, doch, das stimmt schon, was da auf seiner Visitenkarte steht, sagt Joris Hupperets. „Director Emobility GER&NL“ liest er vor, Hupperets ist für seine Firma Vattenfall also für zwei Länder zuständig, die Niederlande und Deutschland. Hier wie dort soll er Ladesäulen für Elektroautos verkaufen. Aber warum gibt es dann in den Niederlanden 6000 Ladesäulen mit der Vattenfall-Marke Nuon und in Deutschland keine einzige? „Wir würden sofort welche aufstellen, wenn es wirtschaftlich darstellbar wäre“, sagt Hupperets.
Und stellt damit urplötzlich eine andere, viel größere Frage in den Raum: Warum klappt das nicht mit der Elektromobilität in Deutschland? Trotz generöser Prämien und einer der stärksten Autoindustrien der Welt?
Hupperets selbst hat sein Büro im Süden Amsterdams, wo sich Banker, Steueroptimierer und Unternehmensberater mittags für ein instabiles Supermarktsandwich die Beine in den Bauch stehen. Aber auch: Wo die Taxis zum nahe gelegenen Flughafen Schiphol allesamt elektrisch betriebene Tesla-Fahrzeuge sind und wo sich in jedem Parkhaus mindestens ein Dutzend Ladesäulen für ebensolche Autos befindet. Und wo diese Säulen so gut besucht sind, dass es inzwischen eine lebhafte Diskussion darüber gibt, ob Standzeiten, in denen eine solche Säule blockiert, das Auto aber nicht geladen wird, nicht extra bezahlt werden sollten. Ein Konkurrent von Hupperets hat diese Regelung just eingeführt. Wirklich, so ein Land gibt es, nur ein paar Autostunden entfernt von den heiligen Hallen des Verbrennungsmotors in Wolfsburg, Stuttgart, Ingolstadt.
Die Diskussion über Elektromobilität in Deutschland hat einen erstaunlichen Punkt erreicht: Kanzlerin Angela Merkel warnte offen, Deutschland dürfe „nicht als Technikmuseum enden“, derweil sie sich weiter ebenso heftig gegen allgemeine Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sträubt wie gegen die dezentrale Variante, eine blaue Plakette zur Kennzeichnung der neuesten Modelle. Sie steht damit für die Position der gesamten konservativen Führung des Landes: rhetorisch ganz weit vorne, jedoch in einigem Widerspruch zum praktischen Handeln. Wir wollen eine Million Elektroautos auf den Straßen. Klappt nicht? Dann gab es wohl noch nicht die passenden Modelle. An der Politik kann es nicht gelegen haben, die hat mit der Kaufprämie schließlich alles getan, was in ihrer Macht steht. Innovation durch abwarten, könnte man das nennen. Eine zumindest mutige Strategie, denn es gibt inzwischen durchaus Länder, die vormachen, wie es gehen kann, Elektromobilität zu fördern, auch ohne dafür Marktwirtschaft und Staatshaushalt zu ruinieren.
Doppelt so viele E-Autos wie in Deutschland
Das beliebteste Beispiel dafür ist Norwegen, nirgendwo sonst ist die Quote von Elektroautos so groß wie hier, 40 Prozent aller im vergangenen Jahr verkauften Neuwagen hatten einen Elektroantrieb. Doch als Vorbild eignet sich das Land kaum, zu sehr gehorcht der Fördermechanismus dem Prinzip Kir Royal („Ich scheiß dich so was von zu mit meinem Geld“). In Zahlen: Beim Kauf eines Elektroautos entfällt die Mehrwertsteuer von sonst 25 Prozent, der Staat leistet es sich zudem, auf eigene Kosten ein Ladenetz im Land zu installieren, das die Bürger nun zum Selbstkostenpreis nutzen können.