




Dass sein Wunsch so schnell erfüllt wird, hat Fabrizio Saccomanni wohl kaum erwartet. Anfang vergangener Woche hatte Italiens Finanzminister laut über den starken Euro geklagt und die Europäische Zentralbank (EZB) aufgefordert, die Leitzinsen zu senken. Am Donnerstag lieferte EZB-Chef Mario Draghi dann, was sein Landsmann Saccomanni bestellt hatte. Zur Überraschung der Märkte senkte die EZB ihren wichtigsten Leitzinsen von 0,5 auf 0,25 Prozent.
Auch den Zins für Notkredite verringerte sie um 0,25 Punkte auf nunmehr 0,75 Prozent. Das war noch nicht alles. Mit dem Hinweis, die Null-Linie bei den Zinsen sei ja noch nicht erreicht, und die EZB könne noch weiter gehen, machte Draghi klar, dass die Leitzinsen für lange Zeit niedrig bleiben oder sogar weiter sinken werden. Zudem versicherte er den Banken, dass sie sich bis mindestens Mitte 2015 durch Vollzuteilungsgeschäfte so viel Zentralbankgeld bei der EZB gegen fragwürdige Sicherheiten leihen können, wie es ihnen beliebt. Damit hat die EZB die Kontrolle über die Zentralbankgeldmenge für die nächsten zwei Jahre an die Geschäftsbanken übertragen.
Warum wir die Deflation nicht fürchten sollten
Offiziell begründeten die Währungshüter ihren Schritt mit der Sorge vor einem angeblich gefährlichen Preisniveaurückgang in der Euro-Zone. Im Oktober war die Inflationsrate auf 0,7 Prozent gesunken, damit liegt sie deutlich unter dem Zielwert der EZB von knapp unter zwei Prozent. Doch das Gefasel von einer drohenden Deflation ist ein billiges Ablenkungsmanöver. Für den Rückgang der Teuerungsrate waren vor allem die gesunkenen Energiepreise verantwortlich.
Zwar liegt die Inflation in manchen Krisenländern bei null Prozent, in Griechenland gehen die Preise sogar zurück. Doch dies signalisiert lediglich, dass die Länder dabei sind, ihre preisliche Wettbewerbsfähigkeit durch Lohn- und Preiskonzessionen zurückzugewinnen. Das ist zu begrüßen, nicht zu bedauern.
Sparer-Enteignung
Daher steckt hinter der Zinssenkung der EZB ein gänzlich anderes Motiv. Die Euro-Hüter wollen die Zinsen für Spareinlagen weiter nach unten drücken, um die Anleger in den Kauf von Staatsanleihen der Südländer zu treiben. Diese bieten Käufern im Falle Italiens und Spaniens bei zehnjähriger Laufzeit Renditen von mehr als vier Prozent. Strömen Anleger und Banken (mit dem billig von der EZB geliehenen Geld) in die Anleihemärkte dieser Länder, sinken die Finanzierungskosten der Regierungen in Rom und Madrid.
De facto betreibt die EZB damit eine perfide Politik der Staatsfinanzierung durch die Hintertür. Sie zerstört damit den Spar- und Reformdruck in den Krisenländern, erzeugt neue Preisblasen am Finanzmarkt, enteignet die Sparer in den Kernländern, löst Fehlinvestitionen aus und legt so die Basis für die nächste Krise.
Deutschland hat wahrlich Besseres verdient, als unter dem Zinsdiktat einer neuen Banca d’Italia mit Sitz in Frankfurt schleichend seinen Wohlstand zu verlieren.