Schlagen Spanien und Italien nun zu?
Nein – jedenfalls nicht in den nächsten Tagen. Italien hat noch Zugang zu den privaten Finanzmärkten, wenn auch zu hohen Preisen. Die Monti-Regierung in Rom hofft, dass die Ankündigung der Europäischen Zentralbank, die gemeinsame Währung zu verteidigen und im Zweifelsfall auch schwachen Euro-Staaten zur Hilfe zu eilen, die Renditen in den nächsten Wochen weiter drückt und sich Italiens Situation so im Alleingang entspannt.
Auch in Spanien gibt es keinen Zeitdruck, sich schnell Hilfen aus dem ESM zu sichern. In der vergangenen Woche hat das Land Bonds über vier Milliarden Euro ausgegeben. Madrid allerdings wagte sich erneut nur an kurze Laufzeiten von zwei, drei und fünf Jahren. Die Renditen lagen zwischen 3,2 und 4,8 Prozent. Spanien hat damit bereits 88 Prozent des diesjährigen Refinanzierungsbedarfs von 86 Milliarden Euro am Anleihemarkt eingesammelt.
Dennoch steckt die spanische Regierung in Schwierigkeiten. Immer mehr Autonomen Kommunen droht die Pleite, die Wirtschaft kommt nicht in Gang, Steuereinnahmen bleiben aus. Für den maroden Bankensektor hat Madrid bereits Hilfe von den Euro-Partnern in Anspruch genommen. Gelöst sind die spanischen Probleme damit nicht. Vieles deutet darauf hin, dass Spanien in den kommenden Wochen unter den ESM flüchtet. Noch versucht das Land, diesen Schritt zu verhindern. Ministerpräsident Mariano Rajoy spielt auf Zeit. Er hofft noch auf eine "sanfte Rettung" durch die EZB. Das heißt, Spanien bekäme keine feste Kreditsumme sondern nur die Zusage, dass die EZB als eine Art Feuerwehr mit Anleihekäufen auf dem Markt eingreifen würde, sobald die Finanzierungskosten zu sehr steigen. Der Vorteil: Anders als bei direkten Hilfskrediten, müsste Spanien kein Reformprogramm mit den Kreditgebern aushandeln. Auf regelmäßige Besuche der "Troika" hat in Spanien niemand Lust.
Eine Entscheidung dürfte erst nach den Regionalwahlen am 21. Oktober im Baskenland und in Galicien fallen. Das ist die Heimat von Ministerpräsident Rajoy, seine konservative Partei, der "Partido Popular", muss um ihre Regierungsmehrheit fürchten. Das gilt er recht, sollte Spanien zuvor unter den Rettungsschirm flüchten. Denn viele Bürger würden das als Versagen der Rajoy-Regierung interpretieren.
Spanien-Hilfspaket kommt im November
Was hält die Bundesregierung von Finanzhilfen für Spanien?
Finanzminister Wolfgang Schäuble hat in den vergangenen Wochen mehrfach erklärt, dass Spanien auf dem richtigen Weg sei. Die Iberer bräuchten derzeit keine weiteren Hilfsmilliarden, so der CDU-Politiker. In Frankreich und innerhalb der EU-Kommission sieht man das anders. Hier wird die zögerliche Haltung der spanischen Regierung zum Teil stark kritisiert. Gleiches gilt für die Schützenhilfe aus Deutschland.
Die Bundesregierung wird in ihrer Spanien-Begeisterung von eigenen Interessen getrieben. Schließlich müsste über einen Hilfsantrag Spaniens auch der Bundestag entscheiden, genauso wie über weitere Milliardenkredite für Griechenland oder Zypern. Sollte die Regierungskoalition bei einer neuerlichen Euro-Abstimmung erneut keine Kanzlermehrheit erreichen, wäre das ein gefundenes Fressen für die auf Wahlkampfmodus laufende Opposition. Schäuble und Merkel spielen daher wie Spaniens Ministerpräsident Rajoy auf Zeit.