EU-Afrika-Gipfel Die europäische Seidenstraße ist eine Mogelpackung

Während die chinesische Maschinerie der Seidenstraßenpolitik in Afrika glänzt, hapert es in der EU an einem geeigneten Gegenmittel. Die neuen Beschlüsse ändern daran wenig. Quelle: imago images

Die EU will mit einer eigenen Initiative China in Afrika Paroli bieten. Doch falsche Versprechen und bürokratische Abläufe sind das Gegenteil von gelungener Geopolitik. Ein Kommentar.

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Chinas Vorsprung ist gewaltig: Seit Jahrzehnten rollt das Land Afrika auf. Chinesische Unternehmen bauen Eisenbahnnetze, Häfen und Mobilfunknetze, gleichzeitig sichert sich das Land Zugang zu Rohstoffen. China ist mittlerweile Afrikas größter Handelspartner.

Mit Verspätung versucht die EU der chinesischen Seidenstraßeninitiative eine eigene Strategie entgegenzusetzen. Der EU-Afrika-Gipfel, zu dem an diesem Donnerstag und Freitag 40 Staats- und Regierungschef aus Afrika nach Brüssel reisen, ist Teil der Inszenierung, die in dem Versprechen mündet, in den kommenden sieben Jahren 150 Milliarden Euro auf dem afrikanischen Kontinent zu investieren.

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Der Betrag klingt eindrucksvoll, kann aber nicht verdecken, wie kläglich der europäische Ansatz ausfällt. Hinter vorgehaltener Hand gestehen EU-Diplomaten ein, dass die Summe recht freihändig entstanden ist. Die EU-Kommission rechnet private Investitionen ein, für die fixe Zusagen fehlen. Gleichzeitig wurden bereits verplante EU-Mittel für Afrika neu etikettiert.

Befremdlich ist das EU-Projekt mit dem Namen Global Gateway auch, weil es EU-Bürokratie nach Afrika exportieren will. So sprechen EU-Beamte von Mobilitätskorridoren, die sie in Afrika identifiziert haben. Auf solche Planungskonzepte, denen ein Hauch von Neokolonialismus anhaftet, dürfte niemand in Afrika gewartet haben. Selbst das Angebot von europäischen Berufsschulen bleibt unattraktiv für Afrika, wenn Zukunftstechnologien aus anderen Teilen der Welt kommen.

Europas Fokus auf Afrika ist wichtig, gerade in Zeiten der Pandemie und angesichts der Wachstumsaussichten des Kontinents. Bei der ganz konkreten Umsetzung muss die EU allerdings noch tüchtig üben. Wie immer, wenn es um Geopolitik geht.

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