EU-China-Gipfel China soll endlich seine Haltung zu Putin klären

Ukraine-Krieg: China soll seine Haltung zu Putin klären Quelle: imago images

Die EU erwartet von China eine Positionierung zu Russlands Angriff auf die Ukraine. Doch die chinesische Führung will lieber über andere Themen sprechen. Was von dem Gipfel wirklich zu erwarten ist.

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Zum ersten Mal seit bald zwei Jahren schalten sich an diesem Freitag die Führungsspitzen von EU und China zu einem Gipfel zusammen. Die Themenliste ist lang, doch aus europäischer Sicht geht es um eine alles entscheidende Frage: Wie positioniert sich China zur russischen Invasion der Ukraine?

EU-Diplomaten sprechen von einem „defining moment“ in den gemeinsamen Beziehungen. Der Diplomaten-Sprech lässt sich ungefähr so übersetzen: China muss klarstellen, wo es seinen Platz in der neuen Weltordnung sieht, die sich nach dem russischen Angriff abzeichnet.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Charles Michel und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell würden sich bei der Video-Schalte am liebsten auf die Russland-Frage beschränken. Doch die chinesische Seite, am Vormittag zunächst Chinas Premier Li Keqiang und am frühen Nachmittag Präsident Xi Jinping, möchte lieber ganz andere Punkte abarbeiten. China sorgt sich über das jüngst von der EU-Kommission vorgeschlagene europäische Lieferkettengesetz, über den CO2- Grenzsteuerausgleichsmechanismus CBAM und über EU-Regeln zu Subventionen in Drittstaaten. Vor allem möchte Peking das umstrittene Investitionsabkommen CAI wiederbeleben. Dafür müsste es aber die Sanktionen gegen Einzelpersonen und Einrichtungen in der EU aufheben.

Einigen werden sich beide Seiten auf die Forderungen nach einer unverzüglichen Waffenruhe in der Ukraine. Bei der Suche nach einer Formulierung zur Unverletzbarkeit des Territorialgebiets sind die Diplomaten beider Seiten bei den Vorarbeiten zu keinem Ergebnis gekommen. Das zeigt, wie heikel das Thema Ukraine für China ist.

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„Mehr als Neutralität wird bei dem Gipfel nicht zu erreichen sein“

Im besten Fall wird China beim Gipfel der EU eine Zusage machen, Russland im Krieg nicht aktiv zu unterstützen. „Mehr als Neutralität wird bei dem Gipfel nicht zu erreichen sein“, sagt ein EU-Diplomat.

Für China kommt der russische Krieg in der Ukraine zu einem ungeschickten Zeitpunkt. Das Land hat die Pandemie nicht unter Kontrolle. Die Zahl der Corona-Toten könnte über eine Million steigen, weil sich der heimische Impfstoff als wenig effektiv erwiesen hat. Der aktuelle Lockdown in Shanghai belastet die Wirtschaft schon genug und nun addieren sich auch noch Risiken für die Weltkonjunktur. Präsident Xi hatte sich ein stabileres Umfeld für seine Wiederwahl im Herbst vorgestellt. „Weder der Ausbruch noch die Ausweitung oder Verlängerung des Krieges ist in Chinas Interesse“, argumentiert der China-Expert Tim Rühlig von der Deutschen Gesellschaft für Außenpolitik (DGAP).

Gleichzeitig hatte China wenige Wochen vor dem Krieg mit Russland einen Pakt abgeschlossen, in dem beide ihre tiefe Freundschaft beschworen. Xi versprach sich vom Regime Wladimir Putins Stabilität an einer langen Außengrenze im Norden seines Landes. „Eine Niederlage Russlands ist das Horrorszenario, das die Führung des chinesischen Parteistaates vermeiden will“, so Rühlig. China kommt als Mittler zwischen der Ukraine und Russland denn auch nicht Frage. Der EU-Außenbeauftragte Borrell hatte dies zur Überraschung vieler vor Wochen vorgeschlagen.

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Die chinesische Seite möchte derweil das Investitionsabkommen CAI beim EU-China-Gipfel reanimieren: Aus Sicht der EU müsste Peking dazu die Sanktionen aufheben, die unter anderem den grünen Europa-Abgeordneten Reinhard Bütikofer und die auf China spezialisierte Denkfabrik Merics in Berlin treffen. Informell haben die Chinesen signalisiert, die Sanktionen nicht anwenden zu wollen, doch das reicht der europäischen Seite nicht aus. Ein Durchbruch ist deshalb beim Gipfel nicht zu erwarten. Die damalige Angela Merkel hatte das Investitionsabkommen in den letzten Tagen der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 durchgedrückt. Zahlreiche kleinere EU-Mitgliedsstaaten und Europa-Abgeordnete hatten darauf mit Verwunderung reagiert.

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