EU-Gipfel Das "Brexit"-Gespenst geistert weiter umher

Beim EU-Gipfel in Brüssel ringen die Staats- und Regierungschefs um ein britisches Reformpaket. Frankreichs Präsident Francois Hollande mahnte: "Es steht die EU auf dem Spiel, nicht nur ein Land."

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EU-Gipfel in Brüssel: David Cameron inmitten anderer EU-Regierungschefs Quelle: AP

Der britische Premierminister David Cameron und die Staats- und Regierungschefs der EU haben in Brüssel ein Fragezeichen hinter das Gelingen der Verhandlungen über ein Reformpaket für Großbritannien gesetzt. Mit "gutem Willen und harter Arbeit" werde eine Einigung möglich sein, sagte Cameron am Donnerstag vor Beginn des EU-Gipfels.

"Es kommt aber darauf an, dass wir es richtig machen." Das sei wichtiger als ein schneller Abschluss. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, bei dem Treffen gehe es um "alles oder nichts". Frankreichs Präsident Francois Hollande warnte vor zu großen Zugeständnissen.

Die 28 Staats- und Regierungschefs der EU nahmen ihre Beratungen am Spätnachmittag auf. Diplomaten rechneten mit Gesprächen bis tief in die Nacht.

Die schwierige Beziehung der Briten zu Europa

Mit den vereinbarten Reformen im Rücken will Cameron bei einem Referendum bei seinen Landsleuten für einen Verbleib Großbritanniens in der EU werben. Zuletzt war das Lager der EU-Befürworter im Vereinigten Königreich laut Umfragen zusammengeschrumpft, so dass die Gefahr eines Ausscheidens ("Brexit") zugenommen hat.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zeigte sich optimistisch, dass es bei dem bis Freitag dauernden Gipfel zu einer Einigung kommt. "Die Sache ist noch nicht gelaufen, aber sie wird am Ende des Tages gelaufen sein", sagte Juncker. Es sei aber noch eine Reihe von Fragen zu klären. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von noch vielen offenen Fragen. Kritisch äußerte sich Hollande, auch wenn er zugleich seinen Willen bekundete, Großbritannien in der EU zu halten. "Aber kein Land hat ein Veto. Es steht die EU auf dem Spiel, nicht nur ein Land." Alle Mitglieder der Gemeinschaft müssten sich an die fundamentalen Prinzipien der EU halten, mahnte Hollande.

Der Sozialist bezog sich auf britische Forderungen, etwa Ausnahmen bei Sozialleistungen für EU-Ausländer und Einfluss auf Entscheidungen der Euro-Zone zu erhalten. Großbritannien gehört dem Währungsraum nicht an. Wenn einem Land Sonderrechte zugestanden würden, dann würden weitere EU-Staaten andere Sonderrechte fordern, sagte Hollande.

Nach einem Reuters vorliegenden Entwurf für die Abschlusserklärung der 28 Staats- und Regierungschefs ist unter anderem noch die Regulierung der Finanzmärkte umstritten. So sei zwar die Bank of England (BoE) zuständig für die Überwachung der Geldinstitute und Märkte im Vereinigten Königreich. Die BoE müsse aber die Anforderungen der "Gruppen-Aufsicht" berücksichtigen. Mit dieser Aufsicht ist die Europäische Zentralbank gemeint, welche die Institute in der Euro-Zone überwacht. Da diese Textpassage in Klammern gehalten ist, besteht über die Formulierung noch keine Einigkeit.

Für die östlichen EU-Länder war in den vergangenen Wochen die Forderung Großbritanniens nach Einschnitten für EU-Ausländer bei Sozialleistungen die härteste Nuss, weil aus Osteuropa besonders viele Arbeitnehmer auf die britischen Inseln gezogen sind. Die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo sagte in Brüssel, sie wolle zwar eine Einigung mit der britischen Regierung, aber nicht um jeden Preis. Unklar ist noch, wie lange die sogenannte Notbremse gelten soll, mit der ein Mitgliedsland EU-Ausländer von Sozialleistungen ausschließen darf. Auch über mögliche Einschränkungen beim Transfer von Kindergeld in andere EU-Staaten gibt es Streit.

Die EU-feindliche Ukip-Partei aus Großbritannien warf Cameron vor, eine Einigung mit den EU-Partnern zu unterschreiben, die rechtlich nicht haltbar sein werde. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) könne alle Entscheidungen kippen, wenn sie nicht mit den aktuell gültigen EU-Verträgen überein stimmten, argumentierte Ukip-Chef Nigel Farage in Brüssel.

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