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EU-Gipfel Europa klammert sich an das Prinzip Hoffnung

Lügen, Vorwürfe und eine Mittelfinger-Debatte: Das Verhältnis zwischen Griechenland und Europa ist auf dem vorläufigen Tiefpunkt angekommen. Dennoch einigte sich der EU-Gipfel, Athen weiter zu helfen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Francois Hollande und Griechenlands Premier Alexis Tsipras hatten in Brüssel einiges zu besprechen. Quelle: AP

Hat Yanis Varoufakis den Deutschen den Mittelfinger gezeigt? Die Öffentlichkeit diskutiert lebhaft ein angebliches Video, das unter anderem in der ARD-Talkshow Günter Jauch gezeigt wurde, in dem sich der griechische Finanzminister obszön äußert. Varoufakis behauptet vehement, der Ausschnitt sei ein Fake, die Geste habe es so nicht gegeben. Derzeit spricht mehr für als gegen die Unschuld des griechischen Rebell-Politikers. So oder so: Dass Journalisten und Bürger das vermeintlich manipulierte Video für echt gehalten haben, zeigt, wie schlimm es um das Verhältnis zwischen Griechenland und Europa bestellt ist. Auf beiden Seiten hat sich ein Mix aus Misstrauen, Wut und Unverständnis aufgebaut.

Hier die finanzstarken Euro-Ländern, angeführt von Deutschland, die den Griechen die Reformbereitschaft absprechen und sich Sorgen machen, ihr verliehenes Geld nie wiederzusehen. Dort die Griechen, die unter den Folgen der Schuldenkrise leiden, ein Ende der Sparpolitik herbeisehnen und den Europäern vorwerfen, kein Mitgefühl zu haben. So auch am Donnerstagabend beim EU-Gipfel. Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras beschuldigte seine Kollegen, Fortschritte bei dem Weg aus der Krise zu erschweren. Europa würde anerkennen, dass es in seinem Land eine "humanitäre Krise" gebe, so Tsipras. Doch wenn seine Regierung dagegen vorgehe, wie mit einem am Mittwoch verabschiedeten Gesetz gegen die Armut, zückten die Troika-Funktionäre die rote Karte. "Dieser Widerspruch muss aufgehoben werden, denn er verhindert Fortschritte" bei der Umsetzung einer Vereinbarung zwischen Athen und der Eurogruppe.

Die schrägsten Varoufakis-Zitate

„Wir müssen mit den Griechen Klartext reden“, erklärte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Um kurz vor 23 Uhr am Donnerstagabend begannen Juncker, Tsipras, Bundeskanzlerin Angela Merkel & Co. in kleiner Runde mit der Suche nach einem Ausweg - und sie fanden eine Tür. Wie weit diese im Streit zwischen der Eurogruppe und Athen aufgestoßen wird - und ob alle hindurchgehen werden - ist offen. Aber es ist ein Anfang nach schwersten Zerwürfnissen.

Tsipras versicherte den Euro-Verbündeten, dass sein von der Staatspleite bedrohtes Land in den nächsten Tagen eine vollständige Liste mit eigenen Reformvorschlägen vorlegen wird. Erst dann gibt es wieder Geld. Einen genauen Einblick in die tatsächliche griechische Misere haben Merkel und die anderen allerdings immer noch nicht bekommen. „Klar ist auch, dass die Finanzlage nicht einfach ist“, konnte Merkel nur zum wiederholten Mal sagen. Im Februar war das Hilfsprogramm für Athen gegen Reformzusagen um vier Monate verlängert worden. Nach Experteneindruck reicht das Geld der griechischen Staatskasse bis Anfang April.

Griechenlands Zahlungsverpflichtungen 2015

Die atmosphärischen Spannungen wurden ausgeblendet. „Wir haben ein sehr ruhiges Gespräch geführt und das war auch auf die Sache ausgerichtet. (...) Wir haben uns nicht mit den Fragen von Einzeläußerungen befasst", sagte Merkel mit Blick auf die Varoufakis-Debatte. Kurzum: Griechenland erhält einen neuen Vertrauensvorschuss; die Rettung soll weitergehen. Gibt es doch noch ein happy end?

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