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EU-Gipfel Viel gewonnen, wenig verloren

Mit der Bereitschaft von 26 der 27 EU-Mitgliedern zu einer Schuldenbremse hat die Bundeskanzlerin mehr erreicht, als zu erwarten war.

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Angela Merkel vor EU-Flagge Quelle: dpa

Auf dem EU-Gipfel hat Europa viel gewonnen und ein wenig verloren. Der Gewinn ist ein stärkeres Bekenntnis zu einer solideren Haushaltsführung nach dem Vorbild der deutschen Schuldenbremse. Wer verstößt, soll automatisch mit Sanktionen bestraft werden. „Wir werden eine neue Fiskalunion schaffen“, sagt die deutsche Regierungschefin Angela Merkel (CDU). Zumindest der erste Schritt dorthin ist nun getan. Gelingt der Weg zum Ziel, dann darf sich Merkel mindestens mit dem Supereuropäer Helmut Kohl ebenbürtig fühlen, der als einer der Väter der Währungsunion, aber ohne echte Haushaltsdisziplin, nur halbherzig den Weg beschritten hatte.

Allerdings riskiert Merkel, dass einige EU-Länder nicht folgen und sich ins Abseits stellen. So weigerte sich der britische Premierminister David Cameron, dem Anti-Schulden-Pakt beizutreten. Neun weitere haben ihre Bereitschaft signalisiert - so müssen Schweden und die Tschechische Republik zunächst allerdings noch ihre Parlamente befragen. Damit, so sagen Kritiker, droht sich Europa zu spalten.

Europa der zwei Geschwindigkeiten

Ob dem so wird, kann nur die Zukunft zeigen. Neu ist ein Europa der zwei Geschwindigkeiten allerdings nicht. Großbritannien macht schon jetzt weder beim Euro mit noch beim Schengen-Abkommen, das Freizügigkeit unter den Teilnehmerländern gewährleistet. Einen Sonderweg beschritten die Briten schon in den Siebziger Jahren, als die damalige Premierministerin Margaret Thatcher einen jährlichen Kick Back in Milliardenhöhe („I want my money back“) für ihr Land rausschlug. Zerstört haben diese Extratouren Europa nicht, höchstens belästigt.

Die Zukunft wird aber auch zeigen, ob die nun vereinbarte Vertragsänderung zu mehr Haushaltsdisziplin in der Praxis wirken wird. Verdächtig ist allein schon, dass auch die Griechen mitmachen wollen, die sich als notorische Defizitsünder erwiesen haben. Jedoch dürften die Griechen derzeit alles unterschreiben, was ihnen weitere Hilfen sichert. Entscheidender wird sein, ob sich die anderen Sorgenländer Italien, Spanien und Portugal an die Schuldenbremse halten, Frankreich auch nicht zu vergessen. Dafür dürfte aber auch schon der Druck der Finanzmärkte sorgen.

Die Chancen stehen so nicht schlecht, dass der EU-Gipfel von Brüssel später in den Geschichtsbüchern als entscheidende Wegmarke zu mehr Stabilität und einem zusammenwachsenden (Kern-)Europa beschrieben wird. Und Bundeskanzlerin Merkel als große Europäerin, die nicht nur mit Kohl, sondern auch mit anderen Persönlichkeiten wie Robert Schuman und Jean Monnet in einer Ahnengalerie zu finden wäre.

Und gelingt es nicht? Dann war der EU-Gipfel einer von vielen vergeblichen.

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