EU-Kommission Von der Leyen will umstrittene europäische Einlagensicherung aufbauen

Ursula von der Leyen hat den Fraktionen der Sozialdemokraten und Liberalen zugesagt, dass sie die Bankenunion vervollständigen wolle. Quelle: dpa

Vor der Abstimmung im Europäischen Parlament macht die Kandidatin für den Spitzenposten umfangreiche Versprechen. Damit kommt die Risikoteilung im Bankensektor auf den Tisch, gegen die sich Berlin bisher gesperrt hat.

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Egal ob an der Spitze des Bundesfinanzministeriums ein Sozialdemokrat wie Olaf Scholz steht oder zuvor ein Christdemokrat wie Wolfgang Schäuble die deutsche Finanzpolitik verantwortete: Zum Thema gemeinsame Einlagensicherung in der Eurozone kam aus Berlin bisher immer nur ein lautstarkes Nein. Solange in Europas Bankenbilanzen noch hohe Risiken lagern, will die Bundesregierung nichts von einer Vergemeinschaftung dieser Risiken wissen.

Berlins Ablehnung gerät nun unter Druck. Ursula von der Leyen, die am morgigen Dienstag von den Europa-Abgeordneten zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt werden möchte, sagt den Abgeordneten der liberalen und sozialdemokratischen Fraktionen explizit zu, dass sie die Bankenunion vervollständigen will. Damit kommt die ungeliebte Einlagensicherung, in EU-Kreisen bekannt unter ihrem Kürzel Edis, mit Wucht auf die Tagesordnung zurück. Von der Leyen macht die Ankündigung in ihren Briefen an die beiden Fraktionen. Am morgigen Dienstag will sie ein umfassendes Arbeitsprogramm für die kommenden fünf Jahre vorstellen. Noch ist unsicher, ob sie bei der Abstimmung um 18 Uhr eine ausreichende Mehrheit an Stimmen hinter sich vereinen kann.

Von der Leyen kann die Wahl nur gewinnen, wenn sie sich als gute Europäerin präsentiert. Die Europa-Abgeordneten erwarten von ihr, dass sie europäische Interessen vertritt und keine deutschen. Viele Länder in der EU befürworten eine gemeinsame Einlagensicherung. Auch Ökonomen argumentieren, dass das Konzept der Eurozone insgesamt zu mehr Stabilität verhelfen würde. Auf deutsche Befindlichkeiten will von der Leyen in der Frage offenbar keine Rücksicht nehmen.

Jüngste Zahlen der EU-Kommission hatten gezeigt, dass die Zahl der notleidenden Kredite in der Eurozone zwar zurückgeht. Sie ergeben aber immer noch eine Summe von 786 Milliarden Euro. Einzelne Länder wie Griechenland (43,5 Prozent) und Zypern (21,8 Prozent) weisen extrem hohe Anteile an faulen Krediten auf. Aber selbst in Italien liegt der Anteil bei fast zehn Prozent. Für Berlin ist das der Beweis, dass die Probleme weiter angegangen werden müssen, ehe über eine Risikoteilung diskutiert wird.

Insider erwarten allerdings schon seit einer Weile, dass sich Deutschland langfristig mit seiner ablehnenden Haltung nicht durchsetzen wird. „Man kann in der Politik nein sagen, aber nach einer Weile nutzt sich das ab“, sagt ein hoher EU-Beamter. Es sei eine Frage der Zeit, bis Berlin den Widerstand gegen Edis aufgebe.

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