
Schon nach den ersten Tagen der neuen US-Regierung unter Donald Trump zeigen sich Risse im traditionell engen Verhältnis zur Europäischen Union. EU-Ratspräsident Donald Tusk ging ungewöhnlich deutlich auf Distanz und nannte die „beunruhigenden Erklärungen“ aus Washington als Unsicherheitsfaktor in einer Reihe mit China, Russland und dem Terror im Nahen Osten.
„Vor allem der Wechsel in Washington bringt die Europäische Union in eine schwierige Lage, zumal die neue Regierung die amerikanische Außenpolitik der vergangenen 70 Jahre in Frage zu stellen scheint“, schrieb Tusk an die EU-Staats- und Regierungschefs. Am Montag hatte schon die EU-Kommission Kritik an dem von Trump verhängten Einreisestopp für Bürger etlicher muslimischer Länder anklingen lassen.
Tusk schrieb, die Herausforderungen für die EU seien „gefährlicher als je zuvor seit der Unterzeichnung des Vertrags von Rom“ vor 60 Jahren. Neben den außenpolitischen Unwägbarkeiten nannte er als Gefahren den wachsenden nationalen Egoismus und das fehlende Vertrauen der proeuropäischen Eliten. „In einer Welt voller Spannungen und Konfrontationen werden Mut, Entschlossenheit und politische Solidarität der Europäer gebraucht. Ohne sie werden wir nicht überleben.“
Wie viele Deutsche Trumps Vorschläge auch bei uns gerne verwirklicht sähen
Die Deutschen mögen Donald Trump nicht. Nur wenige Prozent hätten für den Republikaner gestimmt, ergaben Umfragen vor der US-Wahl. Doch ist ihnen womöglich nur der Mensch zuwider, nicht sein Programm? Und fürchtet die überwiegende Mehrheit, dass Trump ein gefährlicher Präsident wird? Eine aktuelle Ipsos-Umfrage im Auftrag der WirtschaftsWoche liefert dazu erstaunliche Erkenntnisse.
Auf die Frage, welche Trump-Vorhaben die Deutschen auch hierzulande gerne umgesetzt sähen, antworteten satte 56,3 Prozent, sie wollten die Abschiebung aller illegalen Ausländer.
34 Prozent der Befragten stimmen Trumps Forderung nach mehr Durchgriffsrechten für die Polizei zu.
Immerhin 30,6 Prozent wünschen sich weniger Einkommensteuer.
26,2 Prozent wünschen sich gar eine strikte Einreiseregulierung für Muslime.
Die Ablehnung der Deutschen gegen Freihandelsabkommen wie TTIP oder TPP zeigt sich auch in dieser Umfrage. 19 Prozent sähen auch hierzulande gerne ein Ende/Neuverhandlung der Freihandelsabkommen.
15 Prozent der Befragten sind für den Aufbau engerer Beziehungen zu Putins Russland.
Die Erbschaftsteuer sähen 13 Prozent der Befragten auch in Deutschland gerne abgeschafft.
Immerhin 4 Prozent wünschen sich eine Einführung von (Schutz-)Zöllen für Importe.
Mehrfach drohte der designierte US-Präsident mit dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Nur 2 Prozent der Befragten sind für einen Austritt beziehungsweise Rückzug aus dem Klimavertag.
17 Prozent der Befragten ist nicht nur die Person Donald Trump zuwider. Auch das Programm des Republikaners stößt auf Ablehnung.
Gemessen an der Ablehnung seiner Person, sehen die Bundesbürger Trumps Rolle in der Welt noch vergleichsweise milde. 57,2 Prozent der Deutschen gehen davon aus, Trump werde vom Weißen Haus aus die Welt politisch destabilisieren.
55,9 Prozent erwarten negative Auswirkungen für Deutschland.
Zu den möglichen Folgen für die USA ist die Skepsis viel größer: Nur 12,2 Prozent sagen, Trump werde die internationale Position seines Landes nachhaltig verbessern.
Zum Jahrestag der Römischen Verträge im März müssten die Europäer ein Signal der Einigkeit senden. „Zeigen wir unseren europäischen Stolz“, schrieb Tusk. „Wenn wir so tun, als könnten wir die Worte nicht hören und die Entscheidungen nicht wahrnehmen, die gegen die EU und unsere Zukunft gerichtet sind, dann werden die Bürger Europa nicht mehr als ihre erweiterte Heimat begreifen.“ Und internationale Partner verlören den Respekt. Europa müsse klar für seine Würde einstehen - „die Würde eines vereinten Europas - unabhängig davon, ob wir mit Russland, China, den USA oder der Türkei sprechen.“
Die Wende in der amerikanischen Handelspolitik soll die EU nach den Worten von Tusk zu ihrem Vorteil nutzen und Gespräche mit allen interessierten Partnern vorantreiben. „Wir können uns nicht jenen ergeben, die den transatlantischen Bund schwächen oder ungültig machen wollen, ohne den die globale Ordnung und der Frieden nicht überleben können“, schrieb Tusk. „Wir sollten unsere amerikanischen Freunde an ihr eigenes Motto erinnern: United we stand, divided we fall.“ Der Leitspruch bedeutet in etwa: Nur gemeinsam sind wir stark.
Die Europäische Union begeht am 25. März in Rom ihr 60-jähriges Bestehen als Wirtschaftsgemeinschaft. Am Freitag beraten die Staats- und Regierungschefs auf Malta, wie sie die Gemeinschaft nach dem Ausscheiden Großbritanniens neu aufstellen wollen.