EU-Türkei-Gipfel Warum Merkels Politik ohne die Türkei scheitern muss

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Nur die Türkei kann Schengen jetzt noch retten

In Berlin gehen viele davon aus, dass Deutschland auch alleine und ohne Partner Kontingente akzeptieren könnte – mit der Hoffnung, dass andere später mitmachen, wenn sie sehen, dass sich das Flüchtlingschaos normalisiert. Innenpolitisch wäre das gleichwohl eine schwere Bürde für die Kanzlerin. Dann müsste sie den Deutschen erklären, dass ihre europäische Lösung gescheitert ist und Deutschland nun alleine handelt.

2. Wie kann die EU Griechenland helfen?

Der wichtigste Verbündete von Angela Merkel heißt derzeit Alexis Tsipras. Der griechische Ministerpräsident unterstützt Merkels Forderung nach einer europäischen Lösung, weil sein Land am stärksten unter den Flüchtlingen leidet, die nicht nach Norden weiterreisen können. Etwa 30.000 von ihnen sind derzeit in Griechenland, im Verlauf des Monats könnten es bis zu 300.000 werden, schätzen Hilfsorganisationen.

Die EU-Kommission bereitet ein Hilfspaket mit einem Volumen von 700 Millionen Euro über drei Jahre vor. Das Geld soll an alle Länder gegeben werden, die in kurzer Zeit überproportional viele Flüchtlinge aufnehmen müssen. Kurzum: Ein Großteil der Gelder wird wohl an Griechenland gehen. Nachhaltig entspannen dürfte sich die Situation dort aber erst, wenn die Flüchtlinge auf andere EU-Staaten verteilt oder in die Türkei zurückgeschickt werden.

3. Wie kann Europa den Schengen-Raum retten?

Erst war Ungarn dicht, mittlerweile auch die Westbalkanroute. Mehrere europäische Staaten haben ihre Grenzen gesichert, um Flüchtlinge an der Ein- beziehungsweise Weiterreise zu hindern. Selbst Österreich, einst neben Deutschland und Schweden aufnahmefreundlich, hat eine Obergrenze definiert und die Grenze geschlossen.

Die EU-Kommission fordert, dass die internen Grenzkontrollen bis Jahresende wieder aufgehoben werden. Das beträfe dann Ungarn und Österreich. Mazedonien gehört, wohlgemerkt, der EU und dem Schengen-Raum gar nicht an. Wenn es also dabei bleibt, dass die EU-Kommission mahnt, die Grenzkontrollen wieder aufzuheben, dürfte wenig passieren. Nur wenn es der EU gelingt, seine Außengrenze zu sichern, lässt sich Schengen retten. Dafür bräuchte man die Türkei - siehe Punkt eins.

Fazit: Ohne die Türkei gibt es keine europäische Lösung. Schengen kann nur wiederbelebt werden, wenn die Außengrenze tatsächlich dicht ist. Und nur wenn die Türkei den Flüchtlingen den Weg über die Ägäis versperrt, normalisiert sich dort wieder die Lage.

Ankara verlangt nun klare Ansagen, damit es den Merkel-Plan umsetzt. Ab wann gilt die Visa-Freiheit für Türken in der EU? Ab wann holen Deutschland und andere EU-Staaten Flüchtlingskontingente aus der Türkei zu sich? Und wer übernimmt wie viele? Angesichts der humanitären Krise in Griechenland und dem innenpolitischen Druck läuft den europäischen Staats- und Regierungschefs die Zeit davon – insbesondere Angela Merkel. Es ist ihr Plan, der nun entweder zum Erfolg gebracht wird oder scheitert. Sollte es bei diesem Gipfel keine Einigung geben, steht ein weiterer Mitte März an. Das wäre dann die letzte Chance für Merkels europäische Lösung.

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