
Griechenland zieht den umstrittenen Finanzminister Yanis Varoufakis in den Verhandlungen mit den Geldgebern aus der vordersten Reihe ab. Als Koordinator soll künftig Vize-Außenminister Euclid Tsakalotos fungieren, wie Regierungsvertreter am Montag in Athen sagten. Der Ökonom gilt als umgänglicher als Varoufakis, der vom Euro-Finanzministertreffen in Riga mit leeren Händen nach Hause zurückkehrte. Danach war der Ruf nach seinem Rücktritt lauter geworden.
Mit dem Schachzug von Regierungschef Alexis Tsipras wird Varoufakis aus der Schusslinie genommen. Er soll allerdings die Führungsrolle in den Verhandlungen behalten. Tsipras habe Varoufakis bei einem Treffen mit Ministern und Beratern das Vertrauen ausgesprochen, sagte ein Regierungsvertreter.
Griechenlands Zahlungsverpflichtungen 2015
Die griechische Regierung muss in diesem Jahr noch rund 17 Milliarden Euro an Krediten und Zinsen zurückzahlen. Der größte Batzen entfällt dabei mit rund 8,1 Milliarden Euro auf den Internationalen Währungsfonds (IWF). Daneben stehen Zahlungen an die Europäische Zentralbank (EZB), private Gläubiger sowie die Partner aus der Eurozone aus. Ungeachtet der Verlängerung des Hilfsprogramms mit den Euro-Partnern ist bisher unklar, wie Finanzminister Yanis Varoufakis die Mittel aufbringen will. Vor allem im Juli und August stehen Rückzahlungen über mehrere Milliarden Euro an. Es folgt eine Auflistung darüber, was Griechenland in welchem Monat dieses Jahres zahlen muss.
Rundungsdifferenzen möglich, Quelle: Eurobank Athen, eigene Berechnungen (Reuters)
Rund 1,5 Milliarden an den IWF, 75 Millionen Zahlungen an andere - insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro.
450 Millionen an IWF, 275 Millionen an Zinsen - insgesamt rund 0,7 Milliarden Euro.
750 Millionen plus 196 Millionen an IWF, sowie 77 Millionen für bilaterale Kredite - insgesamt rund 1 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden an IWF plus 280 Milliarden an EZB und andere - insgesamt 1,7 Milliarden Euro.
450 Millionen an IWF, 3,5 Milliarden an EZB, 700 Millionen an Zinsen für EZB - insgesamt rund 4,8 Milliarden Euro.
Rund 170 Millionen an IWF, 3,2 Milliarden an EZB und andere Notenbanken, 190 Millionen an Zinsen - insgesamt rund 3,7 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden Euro an IWF.
450 Millionen an IWF, 200 Millionen an andere - insgesamt 0,65 Milliarden Euro.
150 Millionen an IWF, 77 Millionen bilaterale Kredite - rund 0,23 Milliarden Euro
1,1 Milliarden Euro an IWF.
Die Zeit drängt für das klamme Land: In einer Reuters-Umfrage unter Geldmarkthändlern taxieren diese die Wahrscheinlichkeit auf 40 Prozent, dass Griechenland die Euro-Zone verlassen wird. Im Fachjargon der Ökonomen wird dieses Szenario als "Grexit" bezeichnet. EZB-Vizechef Vitor Constancio geht jedoch davon aus, dass es nicht so weit kommen wird. Er äußerte sich in Brüssel zuversichtlich, dass eine Einigung mit Griechenland gelingen werde. Derzeit sind die Verhandlungen jedoch festgefahren.
Die Bundesregierung rechnet kurzfristig nicht mit einem Sondertreffen der Euro-Gruppe. Diese habe am Freitag in Riga keine Fortschritte erzielt, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Jäger. Er wisse daher nicht, worüber die Gruppe nun diskutieren sollte. Das nächste reguläre Treffen sei für den 11. Mai geplant. Momentan liege der Ball im Spielfeld von Griechenland. "Wir warten auf Vorschläge, wir warten seit einigen Wochen. Das ist einigermaßen frustrierend, aber wir sind geduldig", sagte Jäger. Derzeit sei man noch weit von einem umfassenden Gesamtvorschlag entfernt.
Athen will vom vereinbarten Sparkurs abweichen. Ohne Einigung mit den Geldgebern droht dem Land die Pleite. Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos sagte "Spiegel Online": "Wir zahlen unsere Schulden bis zum letzten Euro zurück." Griechenland war 2010 an den Rand einer Pleite geraten und wird seitdem mit Hilfen von 240 Milliarden Euro gestützt.