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Euro-Krise Aussitzen geht nicht mehr

Gut fünf Jahre nach Ausbruch der Schuldenkrise spielt Berlin immer noch auf Zeit und hofft auf ein Wunder. Doch allmählich fliegt der Bundesregierung ihre Euro-Krisenpolitik um die Ohren.

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Vor dem EuGH wird das umstrittene OMT-Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen unter die Lupe genommen. Quelle: dpa

Die Eurokrise ist in Deutschland angekommen. Im August sind Auftragseingänge und Industrieproduktion um jeweils vier Prozent eingebrochen. Das sind Werte wie im Krisenjahr 2009, die Angst vor einer Rezession geht um. Der Internationale Währungsfonds (IWF), bekannt für seinen naiven Konjunkturoptimismus, hat seine Konjunkturprognose für das Wachstum der deutschen Wirtschaftsleistung in diesem Jahr unlängst um 0,5 Prozentpunkte auf 1,4 Prozent reduziert. Für 2015 stellt der IWF eine Steigerung des deutschen Bruttoinlandsprodukts um 1,5 Prozent in Aussicht. Der gesamten Eurozone drohe Stagnation. Aktuell geht der IWF noch von einem Plus von 0,8 Prozent in diesem und von einer Steigerung um 1,3 Prozent im kommenden Jahr aus. Auch die viel zu optimistischen deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute mussten ihre Konjunkturprognosen jetzt nach unten revidieren. Vor einem drohenden Konjunktureinbruch in Deutschland hatte wiwo.de bereits Anfang August gewarnt . Rutscht Deutschland in die Rezession, wären sämtliche Wachstumsprognosen für die Eurozone Makulatur.

Die Zielkonflikte für Berlin werden immer deutlicher. Einerseits will die Bundesregierung die Eurozone für die deutsche Exportwirtschaft retten, sich dabei aber nicht über eine vollständige Haftungs- und Transferunion an die europäischen Partner ausliefern. Andererseits werden in Berlin die Stimmen gegen die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) lauter. Am 14. Oktober beginnt in Luxemburg vor dem Gerichtshof der Europäischen Union die mündliche Verhandlung zum Beschluss der EZB über das Kaufprogramm für Staatsanleihen (OMT, Outright Monetary Transactions). Sollte Berlin der EZB künftig stärker in die Parade fahren, droht in den Krisenländern ein scharfer Zinsanstieg. Das könnte letztlich für Griechenland oder Italien den Austritt aus der Währungsunion bedeuten.

Die Reaktionen zum OMT-Programm

Die Entscheidung über die Zukunft der Eurozone dürfte erneut in Athen fallen. Ein neues Aufflackern der Griechenland-Krise wäre ein für jedermann sichtbarer Offenbarungseid einer halbherzigen und fehlgeleiteten Krisenpolitik der Bundesregierung.

Der Haushaltsplan für 2015 sieht für neue Staatsanleihen zwei Laufzeiten (sieben und zehn Jahre) vor. Zudem will das Land mit Geldmarktpapieren an den Markt kommen. Genaue Summen und Termine wurden bisher nicht genannt.

Standard & Poor’s schätzt die Einnahmen aus internationalen Anleiheverkäufen in den nächsten 15 Monaten auf fünf Milliarden Euro, 20 Milliarden Euro könnten in der Heimat platziert werden und zwölf Milliarden Euro von offiziellen Kreditgebern wie dem IWF kommen. Die US-Ratingagentur, die das Rating für Griechenland am 12. September von „B-“ auf „B“ hochgestuft hat, geht auch davon aus, dass die Regierung weiterhin jene Kreditgeber bedienen wird, die sich 2012 dem Schuldenschnitt verweigert haben. Diese halten Anleihen im Volumen von drei Milliarden Euro. Bleibt Griechenland diese Zahlungen allerdings schuldig, droht dem Land das Schicksal von Argentinien.

Fazit: Aussitzen geht nicht mehr. Berlin muss sich entscheiden: Entweder wird mehr europäische Verantwortung übernommen und man gibt dafür einen Teil des eigenen Wohlstands auf  - oder es wird nach einer Alternative zum Euro in seiner jetzigen Struktur gesucht.

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