Euro-Krise Draghi schanzt Krisenländern billige Kredite zu

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Deflation und Depression geht nicht einher

Wer wettbewerbsfähig ist und wer nicht
Platz 57: BulgarienBulgarien wird zurecht als das Armenhaus Europas bezeichnet. Unter 60 Ländern, die die Schweizer Wirtschaftshochschule IMD (International Institute for Management Development) nach ihren wirtschaftlichen Stärken und Schwächen miteinander verglichen hat, landet Bulgarien auf Platz 57 (Platz 54 im Jahr 2012). Damit ist Bulgarien das wirtschaftlich schwächste Land der Europäischen Union. Noch schlechter stehen nur noch Kroatien (Platz 58), das am 1. Juli der EU beitreten wird, Argentinien (Platz 59) und Venezuela (Platz 60) da. Wirklich gut schneidet Bulgarien nur beim Preisniveau ab, da belegt es im internationalen Vergleich Platz vier. In Disziplinen wie Beschäftigungsrate, Arbeitsmarkt, Bildung, Infrastruktur, gesellschaftliche Rahmenbedingungen, Gesundheit und Investments schafft es das osteuropäische Land nicht einmal unter die Top 30. Quelle: dpa
Platz 55: RumänienIm gleichen Atemzug mit Bulgarien wird stets Rumänien genannt. Das Land liegt im internationalen Vergleich auf Rang 55, im Vorjahr schaffte es Rumänien noch auf Platz 53 von 60 im World Competitiveness-Ranking. Von 21,35 Millionen Einwohnern haben 10,15 Millionen einen Job, die Arbeitslosenquote beträgt 6,8 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Rumäniens liegt bei 169,4 Milliarden Euro - im internationalen Vergleich macht das Platz 48 von 60. Beim BIP pro Kopf schafft es das Land mit 16.062 Euro auf Rang 46. Wirklich glänzen kann auch Rumänien nur beim Preisniveau, da landet es auf Platz neun von 60. Die zweitbeste Wertung bekommt das osteuropäische Land für seine Beschäftigungsquote: Hier liegt es im internationalen Vergleich auf Rang 33. Fragt man Unternehmen, was sie am meisten am Wirtschaftsstandort Rumänien schätzen, nennen 78,7 Prozent die offene und freundliche Art der Menschen. Eine kompetente Regierung lobten dagegen nur 11,5 Prozent und ein wirksames Rechtssystem attestierte dem Land niemand. Dafür lobten immerhin 52,5 Prozent der Befragten die Dynamik der Wirtschaft. Quelle: dpa
Platz 54: GriechenlandAuch Griechenland gehört weiterhin zu den Sorgenkindern Europas, konnte sich aber binnen eines Jahres von Rang 58 auf 54 verbessern. Griechenland muss auch 2013 weiterhin daran arbeiten, seinen aufgeblasenen Verwaltungsapparat zu verkleinern und den Finanzsektor wieder auf die Beine zu bringen. Auch in puncto Korruptionsbekämpfung und Steuersystem hat das Land noch einiges an Arbeit vor sich. Dementsprechend rangiert Griechenland, gerade was die Gesamtsituation der heimischen Wirtschaft angeht, auf Platz 60 von 60 Staaten. Auch beim BIP-Wachstum und der Kreditwürdigkeit gibt es nur Platz 60. Allerdings hat sich in Griechenland seit dem letzten Ranking auch einiges verbessert: So konnte das Land sein Image, die Anpassungsfähigkeit der Regierungspolitik und die Staatfinanzen verbessern sowie die Bürokratie verringern. Unternehmen schätzen an Griechenland besonders die gut ausgebildeten Arbeitskräfte sowie das allgemein hohe Bildungsniveau. Quelle: dpa
Platz 46: PortugalBinnen eines Jahres ging es für Portugal im IMD-Ranking von Platz 41 runter auf 46. Jetzt soll die rezessionsgeplagte Konjunktur mit Steueranreizen aufgepeppelt werden. Bei Firmeninvestitionen von bis zu fünf Millionen Euro seien Steuererleichterungen von 20 Prozent möglich, sagte Finanzminister Vitor Gaspar. Die Investitionen in Portugal sind zwar binnen eines Jahres von 10,20 Milliarden Dollar auf 13,79 Milliarden gestiegen, das Bruttoinlandsprodukt schrumpft dennoch weiter. 2012 betrug der Rückgang noch 1,6 Prozent, 2013 waren es schon -3,2 Prozent. Dafür steht Portugal sowohl bei der technischen als auch der wissenschaftlichen Infrastruktur recht gut da. 71,9 Prozent der ausländischen Unternehmer nennen die portugiesische Infrastruktur den attraktivsten Grund, in das Land zu investieren. Weltspitze ist Portugal bei dem Verhältnis Schüler pro Lehrer und den Einwanderungsgesetzen. Auch bei den Ingenieuren belegt Portugal im Ranking Platz vier. Nur Arbeit gibt es für die Fachkräfte kaum, am wenigsten für junge Menschen (Platz 59 bei Jugendarbeitslosigkeit). Auch die Forschung und Förderung von Wissenschaft und Technik, Fortbildungen, Erwachsenenbildung, Börsengänge und der Export gehören zu Portugals Schwächen. Quelle: dpa
Platz 45: SpanienSpanien ist binnen eines Jahres von Platz 39 auf 45 abgestiegen. Im Jahr 2007 stand das Land noch auf Platz 26 der stärksten Volkswirtschaften. Ein deutsche Hilfsprogramm im Volumen von bis zu einer Milliarde Euro soll die angeschlagene spanische Wirtschaft wieder auf die Beine bringen. Derzeit kämpft Spanien besonders mit seiner hohen Arbeitslosenquote (Platz 60 von 60), den Staatsfinanzen (Platz 59) und seinen Verwaltungsverfahren (Platz 56). Auch bei der Langzeitarbeitslosigkeit, Kapitalkosten, Sprachkenntnissen, dem Bankensektor und der Förderung von jungen Unternehmen steht Spanien mehr als schlecht da. Allerdings ist auch auf der iberischen Halbinsel nicht alles schlecht. So ist beispielsweise der Warenexport Spaniens binnen eines Jahres um 1,7 Prozentpunkte gestiegen. Insgesamt schafft es Spanien in neun Wirtschaftsdisziplinen unter die weltweiten Top Ten: Bei den Zinssätzen belegt Spanien unter 60 Ländern Platz drei, bei der Wechselkursstabilität und den Unternehmenszusammenschlüssen und -übernahmen jeweils Platz sechs, beim Export von Dienstleistungen Platz acht. Sowohl bei den Direktinvestments in die Aktien heimischer Unternehmen als auch der durchschnittlichen Lebenserwartung und grünen Technologien schafft es Spanien auf Platz neun und bei der Bilanzsumme des Bankensektors sowie der Arbeitsproduktivität Platz zehn. Quelle: dapd
Platz 28: FrankreichFrankreich dagegen, das ebenfalls wirtschaftlich zu kämpfen hat, konnte sich um einen Platz verbessern. Von Rang 29 ging es hoch auf 28. Trotzdem muss Frankreich seinen Arbeitsmarkt reformieren, wenn es die Erwerbsquote steigern möchte. Weitere Probleme der Grande Nation sind der stetig zunehmende Brain Drain, also das Abwandern von Fachkräften, das stagnierende Wirtschaftswachstum, die geringe Zahl der Beschäftigten, Arbeitsbedingungen und Wochenarbeitsstunden sowie die Haltung gegenüber der Globalisierung. Zu Frankreichs wirtschaftlichen Stärken gehören dagegen die Vertriebsinfrastruktur (Platz eins von 60), die Energieinfrastruktur und die Gesundheitsausgaben (jeweils Platz zwei) sowie die Direktinvestments in Aktien heimischer Unternehmen, der Export von Dienstleistungen, Investments in ausländische Aktien, die Gesundheitsinfrastruktur und die Zahl der Breitbandnutzer (jeweils Platz vier von 60). Insgesamt schaffte es Frankreich in 40 Kategorien 20 mal unter die Top Ten der Welt. Quelle: dpa
Platz 17: IrlandIrland, dass sonst gerne in einem Atemzug mit Italien und Spanien genannt wird, überholt sogar Frankreich, was die wirtschaftliche stärke angeht. Binnen eines Jahres konnte sich die grüne Insel im IMD World Competitiveness-Ranking um drei Plätze verbessern. Das liegt besonders an den gestiegenen Investments, dem herrschenden Zinssatz, dem Wirtschaftswachstum und der Wechselkursstabilität. Auch bei grünen Technologien hat sich Irland laut der Studie seit 2012 verbessert. Zu den besonderen Stärken des rund 4,6 Millionen Einwohner starken Landes gehören Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Unternehmen sowie deren Haltung gegenüber der Globalisierung, die Telefontarife, Belohnungen und Anreize für Investoren, dementsprechend auch die Anzahl an ausländischen Investoren und die Vergabe öffentlicher Aufträge (jeweils Platz eins von 60.) Schlecht steht es allerdings auch in Irland um die Arbeitslosigkeit, insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit, sowie das BIP pro Kopf bestellt. Quelle: dpa

Ohnehin ist die Dämonisierung der Deflation, wie sie von keynesianischen Ökonomen betrieben wird, ökonomisch nicht zu rechtfertigen. „In einer Marktwirtschaft werden Fehlentwicklungen durch Anpassungen der Preise korrigiert, dazu gehören auch Preissenkungen auf breiter Front, wenn die Preise zuvor zu stark gestiegen sind“, sagt Stefan Kooths, Ökonom am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Eine Deflation sei daher „nicht der Untergang des Abendlandes“.

Das zeigt das Beispiel Japan. Seit Ende der Neunzigerjahre sind die Verbraucherpreise dort im Schnitt um 0,5 Prozent pro Jahr gesunken. Anders als oft behauptet hat es keine deflationäre Abwärtsspirale gegeben. Statt wegen der sinkenden Preise den Kauf von Gütern aufzuschieben und so die Preise weiter unter Druck zu setzen, strömten die Japaner in die Shoppingmalls. Die Sparquote der privaten Haushalte sank von sieben Prozent im Jahr 2000 auf drei Prozent im Jahr 2011.

Zudem erwiesen sich die Sorgen vor einer steilen Kletterpartie der Realzinsen im Gefolge der Deflation als unbegründet. So lagen die Realzinsen in Japan zwischen 2000 und 2012 bei rund 1,6 Prozent – deutlich niedriger als in anderen Industrieländern (Deutschland: zwei Prozent). Die Gewinne der japanischen Unternehmen stiegen in dieser Zeit trotz rückläufiger Preise. Denn die Arbeitsmarktreformen Ende der Neunzigerjahre hatten die Löhne flexibler gemacht. Sie sanken sogar stärker als die Preise, sodass die Unternehmensgewinne in Relation zum Volkseinkommen zulegten.

Wo in Europa die Milliarden versickern
Der Europäische Rechnungshof hat in seinem Jahresbericht für den Haushalt 2011 massive Verschwendungen der EU angeprangert. Fast fünf Milliarden Euro Steuergelder sind demnach in der europäischen Bürokratie einfach versickert. Die Ausgaben für die Landwirtschaft sind der größte Posten im EU-Haushalt. 2011 hat die Staatengemeinschaft fast 44 Milliarden Euro für die Agrarförderung bezahlt. Von dieser umstrittenen Subvention ist aber längst nicht jeder Euro bei den Bauern und den landwirtschaftlichen Betrieben angekommen. Rund 1,3 Milliarden Euro haben sich praktisch in Luft aufgelöst. Doch es geht noch schlimmer. Quelle: dpa
Der Etat für die Außenbeziehungen, Außenhilfe und Erweiterung ist mit rund 6 Milliarden Euro aus EU-Sicht eher klein. Doch auch hier sind rund 68 Millionen Euro verschwendet worden. Quelle: dapd
Die EU-Ressorts Regionalpolitik, Energie und Verkehr haben es mit dem zweitgrößten Budget von knapp 33 Milliarden geschafft, noch mehr Gelder als die Agrar-Kollegen zu verschwenden. Für den Bereich, den unter anderen der deutsche EU-Energiekommissar Günther Oettinger zu verantworten hat, hat der Rechnungshof eine der höchsten Fehlerquoten erfasst – und das Loch auf mehr als zwei Milliarden Euro beziffert. Quelle: dpa
Oettinger und Co werden – zumindest prozentual – nur noch von den Kollegen aus dem EU-Fachbereichen Umwelt, Fischerei und Gesundheit getoppt. Fast acht Prozent des mehr als 13 Milliarden Euro schweren Budgets ging verloren – mehr als eine Milliarde Euro. Und der Rechnungshof hat noch weitere schwarze Schafe auf der Liste. Quelle: dpa
Auch aus den Fördertöpfen für die europäische Forschung landete einiges daneben. Rund 318 Millionen Euro kamen nicht bei den auserkorenen Empfängern an. Quelle: dpa
Einziger Lichtblick im Bericht des Rechnungshofes: Bei den Ausgaben für die eigene Verwaltung ging nur vergleichsweise wenig verloren. Bei dem Budget von fast zehn Milliarden Euro versickerten rund zehn Millionen. Quelle: dpa
Mit einem ähnlich hohen Budget haben sich die Ressorts Beschäftigung und Soziales einen Fehlbetrag von 224 Millionen Euro geleistet – ein Bereich, in dem schon kleine Beträge einen großen Unterschied ausmachen können. Quelle: Reuters

Ein verlorenes Jahrzehnt hat es daher für Japan durch die Deflation nicht gegeben. Im Gegenteil: Von 2000 bis 2007 wuchs Nippons Wirtschaft um rund zehn Prozent – ähnlich kräftig wie die deutsche Wirtschaft. Beim Pro-Kopf-Einkommen ließen die Japaner sogar Frankreich hinter sich.

Dass Deflation – anders als von Nachfrageökonomen gerne behauptet – in der Regel nicht mit schweren Wirtschaftskrisen einhergeht, zeigt eine Studie der Federal Reserve Bank von Minneapolis. Die Ökonomen Andrew Atkeson und Patrick Kehoe haben für 17 Länder über einen Zeitraum von mehr als 180 Jahren untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen Deflation und Depression gibt. Sie fanden 73 Deflationsphasen, von denen jedoch 65 ohne Depression verliefen. Nur für die Weltwirtschaftskrise Anfang der Dreißigerjahre stellten sie einen signifikant negativen Einfluss der Deflation auf das Wirtschaftswachstum fest. „Insgesamt“, so urteilen die Forscher, „gab es viel mehr Deflationen, die mit kräftigem Wachstum statt mit einer schrumpfenden Wirtschaft verbunden waren.“ Und: „Depressionen sind häufiger mit Inflation statt mit Deflation verbunden.“ Dabei fanden die meisten deflationären Wachstumsphasen unter dem Währungsregime des Goldstandards statt.

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