




Die Bundesbank sitzt derzeit zwischen allen Stühlen. In Europa ist sie weitgehend isoliert, weil sie das von der Europäischen Zentralbank (EZB) initiierte Ankaufprogramm für Staatsanleihen kategorisch ablehnt. In Deutschland wird sie von Hardlinern wie Markus Kerber gedrängt, die Beteiligung an den Anleihekäufen der EZB zu verweigern. Muss sie das?

Punkt 1: Die Kritiker machen es sich zu einfach
Auf den ersten Blick sieht alles ganz einfach aus. Wer Sekundärmarktkäufe für unrechtmäßig hält, kann sich auf das klare Verbot von Primärmarktankäufen in den EU-Verträgen stützen. Mit diesem Verbot wollten die Vertragsparteien beim Abschluss des Maastrichter Vertrages eine weitreichende monetäre Staatsfinanzierung ausschließen. Die Staaten der Euro-Zone sollten wissen, dass sie ihre Haushaltsprobleme selbst lösen müssen.
Mit einem umfangreichen und auf längere Zeit angelegten Ankauf von Anleihen am Sekundärmarkt würde diese weitreichende Finanzierung von Staaten durch die Hintertür ermöglicht. Wenn man aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union das grundsätzliche Verbot einer monetären Staatsfinanzierung ableitet, dann mag naheliegen, dass Sekundärmarktankäufe grundsätzlich verboten sind.
Wer so argumentiert, macht es sich zu einfach. Denn die ausdrückliche Erwähnung von Primärmarktkäufen im Vertrag legt nahe, dass die Vertragsparteien einen Unterschied zwischen Primär- und Sekundärmarktkäufen sahen. Und ein solcher ökonomischer Unterschied besteht durchaus. Beim Sekundärmarktkauf trägt zunächst ein anderer Marktteilnehmer das Ausfallrisiko, bevor er die Anlage an die Zentralbank weiterverkaufen kann. Damit ist die Preisfindung für Staatsanleihen beim Sekundärmarktkauf näher am Markt als bei Primärmarkttransaktionen.
Dieser feine Unterschied gilt allerdings nur, solange die Preisfindung am Markt nicht durch unlimitierte Käufe und eine Ankündigung des Kaufpreises völlig außer Kraft gesetzt wird. Die Ankündigung eines Kaufpreises hat die EZB aber bislang vermieden.